1301 - Eirenes Spur
angeben mußte. Er kam Eirene wie eine Maschine vor.
„Du bist auf Som-Ussad aufgegriffen worden", erklärte er. „Wie bist du dort hingekommen?"
„Mit dem Raumschiff eines Weltraumnomaden", behauptete sie. „Sein Name ist..."
Dokroed hob abwehrend die Hände.
„Das ist nicht wahr. Wir wissen, welche Strandguthändler auf Som-Ussad gelandet sind.
Keiner von ihnen hatte dich an Bord. Warum hätte ein Händler dich auch auf Som-Ussad zurücklassen sollen, ohne Geld oder Tauschware für dich zu verlangen?"
Eirene hatte sich in den Stunden ihrer Gefangenschaft eine Geschichte ausgedacht, hinter der sie die Wahrheit verbergen wollte. Auf keinen Fall sollte der Kodexwahrer erfahren, daß sie eine Gängerin des Netzes war. Irgendwie aber mußte sie erklären, wie sie nach Som-Ussad gekommen war.
Dokroed blieb stehen und wandte sich ihr zu.
„Ich habe sehr intensive Nachforschungen betreiben lassen", eröffnete er ihr. „Sie sind alle im Sand verlaufen. Wir wissen nach wie vor nicht, wie du zu den Ussadi gekommen bist."
„Mit einem Weltraumnomaden."
„Das ist eine Lüge."
„Es ist die Wahrheit."
Der Kodexwahrer wandte sich ab und eilte bis zu einer Tür. Dort drehte er sich noch einmal in der für ihn typischen, ruckartigen Weise um.
„Also gut", rief er. „Wie du willst. Ich werde mich nicht länger mit dir befassen. Ich schicke dich durch das Terraner-Tor ins Siom-System. Die Experten des Kriegers Ijarkor werden die Wahrheit schon aus dir herausholen."
Damit schritt er hinaus. Mit einem unheilvollen Dröhnen fiel die Tür hinter ihm zu.
*
Die Tage verstrichen einförmig und ohne jede Abwechslung.
Rhodan konnte nur warten.
Sein pailliarischer Mitgefangener sprach kaum, und wenn er etwas sagte, dann wiederholte er, was er schon vorher einige Male von sich gegeben hatte.
Sein Geist war in den vielen Jahren der Haft erloschen. Von der Intelligenz, die sicherlich irgendwann einmal vorhanden gewesen sein mochte, war kaum noch etwas geblieben.
Rhodan dachte vergeblich darüber nach, wie er ausbrechen konnte. Schon um sich die Zeit zu vertreiben, untersuchte er die Zellenwände immer wieder, doch seine Hoffnung, irgendwo etwas zu finden, was weiterhalf, erfüllte sich nicht. Allmählich wurde ihm klar, daß er dieses Gefängnis nur verlassen würde, wenn der Staatliche Informationsdienst damit einverstanden war.
In den ersten Tagen seiner Haft war Rhodan noch voller Unruhe in der Zelle auf und ab gelaufen. Er hatte das Gefühl gehabt, ständig zum Aufbruch bereit sein zu müssen. Doch das hatte sich gelegt. Der Oktober des Jahres 445 NGZ neigte sich seinem Ende zu, ohne daß sich etwas änderte.
Dann starb der Pailliare.
Er schlief mitten im Gespräch ein, als er zum wiederholten Male berichtete, wie er verhaftet worden war. Während Rhodan glaubte, daß der Pailliare nach Worten suchte, ließ dieser den Kopf nach hinten an die Wand sinken und hörte auf zu atmen.
Der Unsterbliche erschrak. Er ging zu dem Mitgefangenen hin und berührte ihn an der Schulter.
„Komm schon, Alter", sagte er „Wie ging es weiter? Du wolltest mir erzählen..."
Der Kopf des Pailliaren kippte zur Seite, und langsam fiel der Tote auf den Boden.
Rhodan stand auf und wich bis zur Tür zurück. Dort lehnte er sich mit den Schultern gegen die Wand und wartete. Irgend etwas mußte geschehen. Man würde den Toten nicht in der Zelle lassen.
Drei Tage vergingen, ohne daß sich etwas änderte. Die Wachen reagierten auch nicht darauf, daß er das Essen nicht aus der Türschleuse nahm. Sie beachteten ihn nicht, als er gegen die Tür trommelte und nach ihnen rief.
Ein schier unerträglicher Gestank breitete sich in der Zelle aus. Rhodan kauerte sich auf den Boden und schirmte sich mit Selbsthypnose ab, bis die Welt um ihn herum nicht mehr zu existieren schien.
Als sich die Tür öffnete und zwei Roboter den Toten herausholten, merkte er es kaum.
Sie beachteten ihn nicht und verließen die Zelle wieder, ohne sich um die wenigen Habseligkeiten zu kümmern, die der Pailliare zurückgelassen hatte. Rhodan durchsuchte sie nach einiger Zeit, fand jedoch nichts, was er hätte verwerten können.
Er wartete und fragte sich mit wachsender Verzweiflung, wann er diese Gefangenschaft je beenden konnte. Immer wieder sagte er sich, daß es auf Stunden ankam, weil Eirene in höchster Gefahr war. Er dachte nicht an sich, sondern nur an sie, sonst hätte ihn diese Haft kaum berührt, denn für ihn spielte der Faktor Zeit nur eine
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