131 - Fluch der Dämonen
Mutter die Sprache fand. „Ich mußte zwar zwanzig Kilometer laufen, aber es hat sich gelohnt. Die beiden wollen sich bis zum Sommer bei uns einmieten. Geben wir ihnen Zimmer sieben?"
Die Frau stand immer noch wie erstarrt da, während Nadja einen Schlüssel vom Brett nahm und Coco und Dorian über die schmale Treppe ins Obergeschoß führte. Als sie das obere Ende erreicht hatten, harten sie von unten das Klirren berstenden Glases.
Nadja kicherte, sperrte eine Tür auf.
„Unsere Fürstensuite!" Das Zimmer war mit einfachen Bauernmöbeln eingerichtet, aber das Holzbett sah überaus einladend und gemütlich aus. Nadja wandte sich an Coco. „Wenn er zudringlich wird, dann rufe um Hilfe. Pa oder ich, einer von uns ist dann sofort zur Stelle."
„Und das ist für dich", sagte Dorian. Er hatte die Gnostische Gemme abgenommen, die er stets als Dämonenbanner um den Hals trug, und legte sie in Nadjas offene Hand. „Dieses Amulett wird verhindern, daß du noch eine nächtliche Spritztour durch den Schnee machst."
Nadja sah fragend zu Coco. Diese nickte.
„Nimm es nur. Er hat recht. In diesen Dingen kennt er sich aus."
Das Mädchen lächelte Dorian unsicher zu, wünschte eine gute Nacht und verschwand fast lautlos auf dem Korridor.
„Es gefällt mir nicht, daß wir hier gelandet sind…", setzte Dorian an, als sie allein waren, aber Coco legte ihm den Finger auf den Mund.
„Das geht schon in Ordnung", sagte sie. „Ich schlage vor, daß wir sofort schlafen gehen und morgen zeitig abfahren."
Dorian nahm das wörtlich, denn zehn Minuten später schlief er wie ein Stein. Coco war etwas enttäuscht, denn sie hätte sich noch gern ein wenig mit ihm unterhalten. Andererseits war es aber besser, wenn Dorian schlief.
Coco beugte sich über ihn, bestrich mit den Fingerspitzen seine Stirn und die Schläfen und murmelte eine Reihe beschwörender Worte.
Damit garantierte sie Dorian einen alptraumfreien Schlaf und sorgte gleichzeitig dafür, daß er nicht aufwachte.
Sie selbst blieb wach.
Coco wartete.
Sie wartete auf eine weitere Botschaft von Skarabäus Toth. Bis nach Mitternacht harrte sie geduldig aber vergeblich aus. Warum meldete sich Toth nicht? Er wollte doch etwas von ihr, und sie glaubte dem Schiedsrichter der Schwarzen Familie, daß die Angelegenheit auch für sie von Wichtigkeit war. Warum ließ er sich dann soviel Zeit?
Coco fragte sich, ob Nadja nur zufällig auf den Weg verwiesen hatte, der zur Burgruine führte, oder ob damit eine versteckte Botschaft für sie verbunden war. Etwa die, daß sie sich dorthin begeben wollte.
Coco war nahe daran, zur Burgruine aufzubrechen. Dann widerstand sie jedoch der Versuchung. Und irgendwann schlief sie vor Müdigkeit ein.
Ihr letzter tröstender Gedanke war, daß es nicht mehr weit bis zu Thomas Beckers Jagdhütte und die Burgruine von dort genausoweit wie von hier entfernt war.
Sie konnte sie auch später - morgen oder übermorgen, jederzeit - aufsuchen.
Arisa Bodin war eine „kinderlose Mutter", eine von vielen
Witwen,
die sich als kinderlose Mütter fühlten. Aber bald schon würde sie erfahren, was Mutterglück ist. Und sie würde nicht eine von Tausenden von namenlosen Witwen sein, sondern zu den Auserwählten gehören.
Sie konnte es noch immer nicht fassen, daß ausgerechnet sie und ihre Kultgenossinnen auserwählt worden waren.
Die Frankfurter Baphomet-Kultgemeinde war klein. Früher hatte Arisa immer neidisch die Aktivitäten der Kultgemeinden in den anderen Großstädten verfolgt. Die Witwen aus Paris, London oder Wien waren viel besser organisiert, weit mehr an der Zahl und daher mächtiger.
Es war für Arisa keine Frage, daß Baphomet in einer dieser Städte geboren werden würde. Sie war deswegen immer etwas neidisch gewesen, aber sie hatte nie daran gedacht, in eine andere Stadt zu ziehen.
Und es hatte sich gelohnt.
Nun sollte Baphomet unter ihrer Aufsicht geboren werden.
In ihrer Kultgemeinde.
Baphomets Prophet war ihr erschienen.
Arisa und ihre Freundinnen konnten es immer noch nicht fassen.
Es war bei einer der routinemäßigen und stets frustrierenden Sitzungen gewesen. Sie zelebrierten die Seance lustlos und ohne besondere Hingabe, als plötzlich der Prophet in ihrer Runde erschien. Weder Arisa noch eine der anderen hätten beschwören können, daß er ihnen in Fleisch und Blut gegenübertrat. Sie wußten ja nicht einmal, ob der Baphomet-Prophet fleischlich existierte. Aber sie alle spürten seine Anwesenheit.
Und er sprach zu
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