1310 - Lost Hollywood
immer trug sie die Lederkleidung. Auch jetzt präsentierte sie ihren gut gefüllten Ausschnitt.
Auch jetzt sah ihr Gesicht im Schein meiner Leuchte so perfekt, so ebenmäßig, so puppenhaft und zugleich abstoßend aus, denn durch das Lächeln hatte sie ihre Vampirzähne frei gelegt.
Ich kannte sie ja nun länger, und musste mir wieder eingestehen, dass dieses Vampirdasein nicht zu Justine Cavallo passte. Sie hätte jeden anderen Job durchziehen können. Sie war ideal für den Bildschirm, wenn sie bestimmte Sendungen moderierte, aber so stellte man sich beileibe keine Blutsaugerin vor. Da gab es keine fahle Haut. Da sah ich kein Blut an ihren Lippen. Keine tief liegenden Augen, deren Blick flackerte, nein, sie schaute mich an wie eine normale Frau. Nur dass ihr Blick sehr kalt war.
Ich gab ihr die Antwort. »Das weißt du doch, was ich gern tun würde, Justine.«
»Klar. Mich vernichten. Es ist zu viel zwischen uns geschehen. Zuerst mich, dann Mallmann. Deine Welt wäre wieder in Ordnung. Bitte, ich sitze jetzt vor dir. Nimm dein verdammtes Kreuz und komm her.«
»Das könnte ich tun.«
»Und warum tust du es nicht?«
Diesmal lächelte ich. »Du weißt doch, Justine, dass es zwischen uns beiden nichts Verbindendes gibt, und trotzdem habe ich manchmal das Gefühl, dass da doch etwas sein könnte. Genau das ist es, was mich davon abhält, dich anzugreifen.«
»Nur das?«
»Was sonst?«
»Du weißt genau, wie stark ich bin. Wir haben nicht nur einmal unsere Kräfte gemessen. Du hast mich nicht geschafft, ich dich aber auch nicht. Doch davon sollten wir jetzt nicht reden.«
»Stimmt. Ich denke da auch an ein anderes Thema.«
Sie war plötzlich neugierig geworden. »Ach ja? An was denkst du denn?«
»An fünf tote Polizisten.« Als ich diesen Satz gesagt hatte, drang wieder all mein Zorn und auch der Hass in mir hoch, den ich dieser Unperson entgegenbrachte. Das war eben der Irrtum. Hinter dieser perfekten Schönheit steckte ein wahnsinniger Egoismus, gepaart mit einer kaum zu beschreibenden Grausamkeit. Es hatte ihr nichts ausgemacht, die Männer zu töten, ohne nur einen Gedanken daran zu verschwenden, ob sie Familie hatten oder nicht. Ihr ging es einzig und allein um den Erfolg, und diese fünf Menschen waren ihr bei den Plänen im Wege gewesen. Da ging sie wirklich über Leichen.
Sie lachte mich aus, weil sie wusste, wie ich dachte. »Stell dich nicht so an, Sinclair. Das Leben ist kein Spaß. Erst recht nicht für die Bullen. Sie hätten dort nicht stehen und mich nicht anhalten sollen. Das war alles. Und es sind sie gewesen, die dich auf meine Spur gebracht haben. Ich hätte es mir denken können, denn leider ist mir einer entkommen, und er wird mich beschrieben haben.«
»Sehr gut sogar.«
»Dabei hätte alles so wunderbar laufen können«, zischte sie mir zu. Wenn sie so reagierte, war sie sauer. »Aber diese Idioten mussten ja meine Pläne stören.«
»Welche Pläne?«
»Wichtige«, fauchte sie. »Sehr wichtige. Ich habe mir diesen Ort nicht ohne Grund ausgesucht. Ich wollte mir hier etwas aufbauen. Zusammen mit meinen Freunden. Ich hätte hier eine Basis gehabt, denn wer hat sich schon für diese verdammte Stadt interessiert?«
»Ich!«
»Klar. Du bist ja ein Schnüffler. Du musst deine Nase überall hineinstecken.«
»Zu Recht, wenn ich an die toten Polizisten denke. Was immer du auch als Grund vorgibst, das kann und werde ich nicht akzeptieren. Und ich nehme nicht davon abstand, dich endgültig und für alle Zeiten zu vernichten.«
Sie sagte nichts. Sie hatte mir zugehört und nickte mir sogar zu.
»Ja, Sinclair, so hast du reden müssen. Aber nur, weil du so verbohrt bist. Wirklich verbohrt. Du solltest deine Denke umstellen.«
»Ach, meinst du wirklich?«
»Genau.«
»Und warum?«
»Ich weiß«, flüsterte sie mir zu, »dass du nichts von einer Zusammenarbeit hältst. Aber das könnte sich ändern, weil ganz andere Zeiten bevorstehen.«
»Welche?«
»Ich weiß es nicht. Aber ich spüre es. Es ist etwas im Busch, wie man bei euch sagt. Mallmann weiß es auch. Er hat ebenfalls seine Fühler ausgestreckt. Er und ich wissen, dass du im Moment nicht wichtig bist. Nicht mal Vincent van Akkeren, der noch immer auf seine Chance lauert und nur für eine gewisse Zeit aus dem Verkehr gezogen wurde. Es gibt Personen, die auf das große Ereignis warten und die auch wissen, dass es nicht mehr lange genug dauern. Deshalb muss man vorbereitet sein. Das will ich, und ich will mich durch nichts und
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