1310 - Lost Hollywood
noch etwas sagen können. Mich hat niemand danach gefragt. Ich habe es auch verdrängt, und jetzt ist es mir wieder eingefallen. Er hat«, Tim senkte die Stimme, »von der Hölle gesprochen, aber auch von etwas anderem, das ich nicht begriffen habe. Kann sein, dass man es ihm gesagt hat.«
»Was war es denn?«, fragte Suko.
»Nur zwei Worte. Lost Hollywood.«
Nein, wir lachten nicht. Wir widersprachen auch nicht. Die Aussage hatte sich völlig absurd angehört. Allerdings lehrte uns die Erfahrung, dass die letzten Worte eines sterbenden Menschen immer dem galten, mit dem er sich beschäftigt hatte.
Also mit Lost Hollywood!
»Ich kann damit nichts anfangen«, flüsterte Tim Rowland. »Ich hatte auch gedacht, mich verhört zu haben, aber dem ist nicht so. Ich habe mich nicht verhört. Der Begriff Lost Hollywood ist gefallen. Ich machte mir auch meine Gedanken.« Er sprach jetzt wie ein Automat. »Wahrscheinlich hat er gedacht, hier einen Film zu erleben. Er hat die Wahrheit nicht erkannt. Deshalb Hollywood.«
Ich wollte dem Kollegen nicht alle Illusionen rauben und nickte ihm zu. »Das könnte so gewesen sein, auch wenn ich persönlich Probleme habe, es zu unterstützen. Ich meine, dass etwas anderes dahinter steckt.«
»Ja, das ist auch wahr. Nur weiß ich es nicht. Ich… äh … bin überfordert.«
»Was ganz natürlich ist, aber wir werden es herausbekommen, da brauchen Sie keine Sorge zu haben.«
»Und was mache ich jetzt? Ich weiß ja nicht, wie es weitergeht. Man hat mich hier richtig eingesperrt. Vor der Tür stehen Wachen. Keiner darf einfach so zu mir.«
»Ich nehme an, dass Sie bald entlassen werden«, machte Suko ihm Mut. »Und Sie werden auch zu einer Kur geschickt werden. Das alles muss man sehen und abwarten.«
»Kur?« Er hob die Schultern. »Ich habe nicht mal Zeitungen.« Er wechselte das Thema. »Man schließt mich von allem ab. Warum?«
»Weil Sie gesund werden sollen, Tim«, sagte ich. »Nur deshalb kümmert man sich so intensiv um Sie.«
Er schaute uns sehr genau an. Wir erkannten an seinem Blick, dass er uns nicht glaubte. Er war einfach zu skeptisch, und er schüttelte auch sehr langsam den Kopf.
Wir wollten nicht mehr länger bleiben. Wahrscheinlich brachten wir ihn ins Grübeln, und das tat seiner Genesung nicht gut. Er protestierte nicht, als wir uns erhoben.
Noch einmal reichten wir ihm die Hand und machten ihm auch Mut.
»Ich weiß nicht«, flüsterte er, »für mich wird es nie mehr so sein wie früher. Mein Leben hat einen tiefen Riss bekommen, das weiß ich genau. Da können Sie sagen, was Sie wollen. Und ich weiß auch nicht, ob ich jemals wieder als Polizist arbeite.«
»Das wird die Zeit ergeben«, sagte Suko.
Die Kollegen saßen noch immer vor der Tür. Wir erklärten ihnen, dass es Tim ganz gut ging, was sie aufatmen ließ. Trotzdem kamen sie noch mal auf das Thema zu sprechen. Sie empfanden es als schlimm, was mit ihren fünf Kollegen passiert war. Wir schärften ihnen noch mal ein, Tim Rowland nichts davon zu sagen und waren froh, das Krankenhaus verlassen zu können. Als wir über die Außentreppe gingen, kam Suko zum Kern des Problems.
»Lost Hollywood.«
»Und?«
»Sag mir, was bedeutet das, John?«
»Ich habe nicht die geringste Ahnung.«
»Dann frage ich mich, wer uns helfen kann.«
»Das Internet.«
»Ab ins Büro.«
***
Dort empfing uns nicht nur Glenda Perkins, sondern ein ziemlich nervöser Superintendent Sir James Powell. Der Mord an den fünf Polizisten hatte auch ihn getroffen. Überhaupt war die Londoner Polizei in Aufregung. Das würde sich so schnell nicht legen, sondern erst dann, wenn der Fall aufgeklärt war.
»Sind Sie weitergekommen?«
»Ja und nein«, sagte ich.
»Bitte. Etwas genauer.«
Wir erklärten es ihm. Im Hintergrund stand Glenda Perkins und hörte zu. Der Frühling war verschwunden. Der Winter hatte noch mal zugeschlagen. Dementsprechend gekleidet sah Glenda aus. Sie trug einen dicken schwarzen Cordrock und dazu einen dunkelroten Pullover mit Rollkragen, der am Hals leicht abstand.
Sir James schüttelte den Kopf. »Lost Hollywood?«, wiederholte er. »Das ist doch… tut mir Leid, damit kann ich beim besten Willen nichts anfangen.«
»Wir leider auch nicht«, gab Suko zu.
»Es ist die einzige Spur«, gab ich zu bedenken.
Hinter den Gläsern der Brille unseres Chefs blitzte es in den Augen auf. »Dann sorgen Sie dafür, dass sie sich erhärtet.« Er ballte die rechte Hand zur Faust. »Hier geht es um fünf tote
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