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1313 - Der falsche Engel

1313 - Der falsche Engel

Titel: 1313 - Der falsche Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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gehabt? Was taten Sie zusammen?«
    »Wir hatten den gleichen Beruf.«
    »Schon gut. Und welchen?«
    »Tänzerinnen.«
    »Am Theater?«
    Lorna nickte. »Genau. Nicht klassisch. Wir machten in einem Musical mit. Tanzende Zwillinge. Wir traten immer gemeinsam auf. Man hat extra Szenen für uns geschrieben. Es war toll. Wir haben viel Beifall und gute Kritiken bekommen.«
    »Das ist immerhin etwas«, lobte ich sie. »Wie ist es sonst zwischen Ihnen beiden gewesen? Sind Sie auch privat einen gemeinsamen Weg gegangen? Nach der Arbeit?«
    »Nur manchmal«, murmelte sie. »Früher öfter, später nicht mehr. Da hat sich Harriet getrennt. Sie hat den Kontakt zu der Gruppe bekommen…«
    »Und damit auch zu Lucio!«, stellte ich fest.
    »So muss man das sehen.«
    Ich kam wieder auf diese geheimnisvolle Person zu sprechen. »Ist er denn ein Engel? Oder wurde er von Harriet als Engel gesehen? Ich frage mal ganz dumm. Hat er Flügel gehabt oder…«
    »Nein, das nicht. Sie kam an ihn heran, als sie an einer Sitzung teilgenommen hat. An einer Seance. Er hat sie geleitet. Er war der Meister und der Bote.«
    »So etwas wie ein Guru?«
    »Ja«, gab sie nach einigem Nachdenken zu. »Das kann man wohl sagen. Er ist ein Guru. Die Menschen kommen gern zu ihm. Sie erwarten ihn mit offenen Armen. Sie lieben ihn. Für sie ist er etwas ganz Besonderes. Einer, der herabgestiegen ist.«
    »Also wie ein Himmelsbote.«
    »So kann man es glauben.«
    Ich fragte weiter. »Und haben Sie diesen Lucio schon mal gesehen? Hat Ihre Schwester Sie zu einer Sitzung mitgenommen?«
    »Das wollte sie. Nur ich wollte es nicht. Das war mir alles zu unheimlich. Aber Harriet war der Meinung, dass ich als Schwester mich nicht dagegen wehren könnte. Ich wäre mitgefangen. Ich bin ja die Zwillingsschwester. Zu gleich sind wir. Und jetzt ist Harriet tot, aber mich gibt es noch, verstehen Sie, John? Es gibt sie, aber es gibt Harriet nicht mehr. Lucio hat sie wohl gemocht. Und weil ich so aussehe wie Harriet, wird er mich auch mögen. So denke ich, und so muss ich das alles auch sehen. Er ist mir auf der Spur. Er lauert. Das Lauern im Dunkeln. Ich habe es gespürt. Ich habe die Gefahr gemerkt. Er ist in meiner Nähe oder war in meiner Nähe. Ich konnte ihn nicht halten. Jetzt habe ich große Angst davor, dass mir das Gleiche passiert wie meiner Schwester. Wer nicht für ihn ist, der ist gegen ihn. Ich fühlte mich so schutzlos, und da habe ich mich an einen Artikel in der Zeitung erinnert, in dem etwas über Sie geschrieben wurde, John. Deshalb habe ich mich an Sie gewandt. Die Polizei hätte mich nur ausgelacht.«
    »Das war eine gute Idee.«
    Lorna lächelte hölzern vor sich hin. Dann sprach sie weiter und hielt den Kopf dabei gesenkt. »Manchmal«, so flüsterte sie, »hatte ich das Gefühl, dass er sich in meiner Nähe aufhält. Ja, da ist er nah bei mir gewesen. Ich spürte ihn. Wieder dieses Lauern im Dunkeln…«
    »War es denn Nacht, wenn Sie diese Gefühle überkamen?«
    »Nein, nicht unbedingt. Er war ein Schatten, John, ein Schatten.«
    Sie riss die Augen weit auf und nickte mir zu. »Er kam als Schatten, obwohl kein Grund bestand, einen Schatten zu produzieren. Schatten kann nur entstehen, wo auch Licht ist. Doch es gab kein Licht. Nur den Schatten, der sich bewegen konnte wie er wollte. Er blieb auch nicht nur bei einer Gestalt. Er wechselte sie. Er war oben, er war am Boden. Ich sah ihn links, ich entdeckte ihn auch an meiner rechten Seite. Furchtbar, kann ich Ihnen sagen. Er war das Dunkel, und ich hörte sein Flüstern.«
    »Ach, er sprach mit Ihnen?«
    »Ja.«
    »Normal?«
    Lorna zuckte mit den Schultern. Dann strich sie über ihre rechte Wange. »Ich glaube nicht, dass man es als normal bezeichnen kann. Ich habe die Stimme gehört, aber seine Worte nicht verstanden. So müssen Sie das sehen, John. Nur wenn er meinen Namen aussprach, verstand ich ihn. Jetzt glaube ich, dass ich Harriets Nachfolge antreten soll. Das will ich nicht. Ich will auch nicht so sterben wie sie. Ich habe Angst vor ihm, und ich hoffe, dass Sie mir Schutz geben können.«
    Ich lächelte Lorna aufmunternd zu. »Den Schutz haben Sie bisher ja auch erhalten.«
    »Dafür bin ich Ihnen dankbar.« Sie schaute den Leichnam ihrer Schwester an. »So enden wie sie möchte ich nicht. Ich will noch leben, obwohl Harriet tot ist.«
    »Das kann ich verstehen. Kommen wir noch mal auf Harriet zu sprechen. Wenn ich Sie richtig verstanden habe, könnte ich davon ausgehen, dass sie in Lucio

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