1313 - Die Kolonisten von Lao-Sinh
ist es damit jetzt auch vorbei. Ich habe nicht einmal Paratau, keine einzige Träne! Aber selbst wenn das nicht so wäre - was könnte ich alleine gegen diese verdammten Terraner ausrichten?
Sie werden den Kartanin nichts tun, behauptete die STIMME.
So? Da war Dao-Lin-H'ay anderer Meinung.
Sie sind keine Barbaren. Sie werden an Bord kommen und deine Mannschaft verhören, aber das wird auch schon alles sein.
Als ob das nicht schon schlimm genug wäre, dachte Dao-Lin-H'ay. Sie werden erfahren, daß wir die Kolonie LAO-SINH aufbauen. Reicht das nicht?
Es wird ihnen nicht viel sagen, und außerdem wissen sie bereits, wohin die Vier-Stufen-Schiffe fliegen. Wenn das nicht der Fall wäre, hätten sie dir nicht auflauern können.
Dieses Argument hatte etwas für sich.
Trotzdem kann ich die SANAA nicht verlassen, dachte Dao-Lin. Ich bin für dieses Schiff und seine Besatzung verantwortlich, und darum werde ich bleiben. Ich kann es mir nicht leisten, noch einen Fehler zu machen.
Du hast keinen Fehler gemacht. Ganz im Gegenteil - du hast großartige Arbeit geleistet.
Aber warum wurde ich dann zurückgerufen?
Weil du hier in Ardustaar gebraucht wirst.
Wissen das auch die Hohen Frauen? Ich dachte, man will mich bestrafen!
Niemand will dich bestrafen.
Dao-Lin fühlte sich plötzlich schwindelig. Drei Jahre lang hatte sie sich den Kopf zermartert und nach einem Versagen ihrerseits gesucht, das so schwerwiegend war, daß es eine so plötzliche Degradierung rechtfertigte. Drei lange Jahre hatte sie an sich und allem, was sie seit ihrer Abreise aus Ardustaar getan hatte, herumgedeutelt, drei Jahre lang an sich selbst gezweifelt. Wie viele schlaflose Nächte hatte sie damit verbracht, nach dem Grund für diesen ihr unverständlichen Befehl zu suchen.
Und nun sagte die STIMME einfach, daß sie keine Strafe zu erwarten hatte.
Es tut uns leid, sagte die STIMME.
Ja, dachte Dao-Lin, aber nur für sich selbst. Und mir tut es auch leid. Drei Jahre - beim psionischen Feuer von LAO-SINH, hätte man mir das nicht früher sagen können? Eine kleine Andeutung hätte ja schon genügt, und es wäre alles einfacher gewesen.
Es tut uns leid, wirklich, sagte die STIMME noch einmal, und Dao-Lin zuckte zusammen.
Natürlich, damit hatte sie rechnen müssen: Die STIMME kannte auch ihre geheimsten Gedanken, selbst wenn sie sie zurückzuhalten versuchte.
„Verzeih mir!" bat sie, und unwillkürlich sprach sie es laut aus.
Ty-Ka sah verblüfft zu ihr auf.
„Ich meinte die SANAA", erklärte Dao-Lin-H'ay geistesgegenwärtig. „Ich hätte sie besser schützen sollen."
„Wie hättest du das tun wollen?" fragte Ty-Ka verständnislos. „Niemand konnte mit einem solchen Überfall rechnen. Dich trifft keine Schuld!"
Dao-Lin wandte sich hastig ab.
Ich soll also fliehen, dachte sie an die Adresse der STIMME. Aber womit - und wohin?
Hast du das Beiboot vergessen, das ihr an Bord habt?
Sie hatte es tatsächlich vergessen. Das war kein Wunder, denn man hatte es auf dem langen Flug nie gebraucht. Es war auch an und für sich völlig unsinnig, einem Rückkehrerschiff ein Beiboot mitzugeben, denn was sollte man damit im großen Abgrund zwischen den Sterneninseln anfangen?
Wenn das Schiff da draußen einen Schaden erlitt, der so schwer war, daß es nicht weiterfliegen konnte, dann blieb einem ohnehin nichts anderes übrig, als den Rest seines Lebens im Schiff zu verbringen. Mit einem Beiboot konnte man die Entfernung nach Ardustaar oder LAO-SINH ohnehin nicht bewältigen.
Und doch hatte Dao-Lin selbst einst darauf bestanden, daß das erste Rückkehrschiff, das während ihrer Amtszeit startete, ein Beiboot mitführte, und dabei war es dann auch geblieben, obwohl man am Anfang, als LAO-SINH noch keine eigenen Schiffe erzeugte, auf jeden Raumer angewiesen war.
Niemand hatte jemals nach dem Sinn dieser Anordnung gefragt.
Dao-Lin war froh, daß ihr die Unsinnigkeit ihres damaligen Befehls erst jetzt zu Bewußtsein kam. Wäre das früher geschehen, so hätte sie in der Materialverschwendung wohl erneut einen möglichen Anlaß für ihre vermeintliche Degradierung vermutet.
Aber warum hatte sie diese Anordnung gegeben?
„Die Terraner fordern eine Antwort von uns", bemerkte Ty-Ka. „Sie wollen unbedingt an Bord kommen. Wir haben ein paar Waffen, aber ich weiß nicht, ob es reicht, um diese Leute aufzuhalten. Für kurze Zeit wird es gehen."
„Wir kämpfen nicht", entschied Dao-Lin mit einem erneuten Blick auf den Bildschirm.
Ty-Ka fuhr auf, aber
Weitere Kostenlose Bücher