1314 - Im Bann der schönen Nymphe
ihm schon aus. Die obere Etage hatte als Lager gedient. Überall auf dem schmutzigen Boden verteilten sich Matratzen. Stinkende Decken lagen ebenfalls herum, und manche Schlafsäcke schimmerten feucht.
Nichts Lebendiges war zu entdecken. Nicht mal Mäuse oder Ratten liefen herum.
Ein Rundblick hatte ihm ausgereicht, um zu wissen, dass er sich in dieser Etage nicht länger aufzuhalten brauchte. Er schaute noch mal in die Höhe und ließ den Lichtkegel über das Gebälk wandern.
Dicke Spinnweben entdeckte er. Auch kaputte Stellen im Dach, durch die das Licht schimmerte. Das war alles an magerer Ausbeute.
Suko wandte sich wieder der Treppe zu. Er ging in bestimmten Situationen gern auf Nummer Sicher. Das tat er hier ebenfalls. Er war zwar die Stufen schon einmal hochgegangen, doch er ließ das Licht trotzdem hinabwandern.
Zu sehen war nichts Neues, nur zu hören. Hastige Schritte und dann der Fluch einer Frauenstimme. Es blieb nicht nur bei den Flüchen. Suko hörte auch die wütenden Schreie, die erst leise waren und dann immer lauter wurden.
Von nun an war die Etage für ihn uninteressant geworden. Er jagte die Treppe hinab. Dabei wurde ihm bewusst, dass sein Freund John unter Umständen Probleme bekommen hatte. Die letzten Stufen berührte er schon nicht mehr. Mit einem Sprung flog er darüber hinweg.
Im unteren Teil des Hauses sah es nicht anders aus als oben. Unrat, Durcheinander, Dreck. Zur Tür hin hatte er freie Bahn. Da war niemand aufgetaucht. Er dachte auch daran, dass John einen anderen Teil des Hauses hatte untersuchen wollen. Einen, der unten lag, den Keller.
Der Inspektor stand noch an der Treppe, als er die Gestalt sah, die sich aus einer dunklen Ecke löste. Es war auch der Weg, der zum Keller führte.
Für einen Moment weiteten sich Sukos Augen. Trotz des schlechten Lichts hatte er anhand der Bewegungen erkannt, dass es kein Mann war, der quer durch den unteren Bereich huschte. So lief nur eine Frau.
Sie rannte auf die Tür zu. Suko hatte sie noch nicht gesehen. Er nutzte seine Chance und schnitt ihr den Weg ab. Da er näher an sie herangekommen war, sah er in Höhe des Mundes etwas blitzen.
Auch nur deshalb, weil die Flüchtende den Kopf drehte und Suko anschaute.
Sie stoppte nicht sichtbar. Sie erschreckte sich nur, und so zögerte sie für einen winzigen Moment mit dem Weiterlaufen. Für Suko war es ideal. Die Person schrie leise auf, als Suko sie packte und herumschleuderte.
Sie fiel zu Boden, überrollte sich dort und sprang gelenkig wieder auf die Beine.
Der Weg zur Tür war durch Suko versperrt worden. Er sah sie jetzt von vorn und erkannte endlich, was das Blitzen in ihrem Gesicht bedeutete. Es waren Zähne, lange Zähne. Sie waren angetreten, um einem Verdacht nachzugehen, weil jemand angeblich Vampire gesehen hatte. Was er nun zu sehen bekam, hatte nur indirekt etwas mit diesen Blutsaugern zu tun. Es gab die Zähne, es waren jedoch keine echten Vampirhauer. Diese junge Frau, fast noch ein Teenager, hatte sich ein künstliches Vampirgebiss in den Mund geschoben. Das aus Metall bestand und silbrig glänzte.
Vampire atmen auch nicht. Diese Person keuchte. Sie stand unter starkem Stress.
Suko blieb gelassen. »Und jetzt?«, fragte er.
Die Antwort klang wütend. »Lass mich vorbei!«
»Nein!«
»Ich werde dich…«
»Gib auf, Mädchen!«, sagte er ruhig.
Sie war wütend. Sie war erregt. Ihr Blick sprach Bände. Aufgeben würde sie nicht. Sie stand unter wahnsinnigem Druck. Suko hörte sie fauchen wie ein echter Vampir.
Sie sprang ihn an!
Die fauchende Katze auf zwei Beinen wollte ihm an die Kehle!
Der sehnige Körper erwischte ihn. Suko ließ sich nicht zu Boden reißen. Wieder war er schneller. Er wich geschickt aus. Der Stoß mit der Handkante gegen ihre Schulter schleuderte sie abermals zu Boden. Diesmal fiel sie nicht so glatt. Der Schock hatte sie für einen Moment gelähmt. Sie schrie auch leise auf, wollte dann wieder hoch, doch das schaffte sie nicht mehr.
Suko hielt sie bereits fest. Der Ruck zerrte sie hoch. Sie hörte noch leises Klingeln, dann waren ihre Hände plötzlich durch zwei Ringe gefesselt.
»Aus der Spaß!«
Die junge Frau wollte es nicht glauben. Sie fing an zu treten. Ihr geschriener Protest war mehr ein Keuchen. Wut blitzte in ihren Augen. Sie hielt den Mund offen, wollte sich drehen und Suko trotz der gefesselten Hände anfallen.
Er machte kurzen Prozess und schleuderte sie gegen die Wand.
Zuvor stolperte sie noch über eine Matratze, dann
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