1318 - Terror am Totenbett
zu lassen, damit das Verschwinden nicht zu viel Aufsehen erregte.
Noch blieb alles ruhig. Er hoffte auch, dass es so bleiben würde.
Wenn nur nicht die innere Unruhe gewesen wäre, die er so eigentlich gar nicht kannte. Er zitterte, und es fiel ihm schwer, auf seinem Platz sitzen zu bleiben. Die innere Unruhe ließ sich auch durch Meditation nicht vertreiben. Sie war wie elektrische Stromstöße, die ihn immer wieder alarmierten.
Mehr als einmal schaute er zu der Klingel über der Tür hin. Sie war wirklich primitiv. So etwas bastelten Jugendliche im Physikunterricht, aber sie war sehr wirksam. Gegen die Halbkugel aus Metall würde ein Klöppel schlagen und die entsprechenden Töne verursachen.
Er wandte den Blick wieder ab. Dafür schaute er auf das leere Glas und den halb vollen Aschenbecher aus grünem Marmor. Der Butler überlegte, ob er sich noch einen neuen Glimmstängel anzünden sollte, was er vorerst zur Seite schob, denn ihm fiel ein, dass sein Mund ziemlich trocken war. Er brauchte einen Schluck, stand auf und holte eine Flasche Weißwein aus dem Kühlschrank. Paul war ein Freund dieses Getränks.
Er setzte sich wieder hin, entkorkte die halb volle Flasche, nahm das Glas in die linke Hand und wollte es füllen, als er plötzlich zusammenzuckte.
Die Klingel bimmelte. Da schlug der Klöppel hektisch gegen das Metall, und die blechernen Töne ließen ihn sein Vorhaben vergessen. Er stellte Glas und Flasche auf den Tisch und stand auf.
Dabei schaute er die Klingel mit einem fast ungläubigen Blick an.
Er konnte sich nicht vorstellen, dass sich jemand im Haus aufhielt.
Das war bisher noch nie passiert, und ausgerechnet heute schlug die Klingel an.
Also doch!
Er traute der Technik. Jemand war gekommen. Jemand hatte es geschafft, sich einzuschleichen, und der Butler ging davon aus, dass es wahrscheinlich durch ein Kellerfenster geschehen war.
Und wer traute sich das?
Ein normaler Einbrecher nicht. Der kam zumeist in der Nacht, doch die war noch nicht gekommen. Es konnte möglicherweise jemand aus der Verwandtschaft des Lords sein, ein misstrauisch gewordener Verwandter. Oder ein Polizist?
Egal, wer dieser Mann auch war – an eine Frau glaubte er nicht –, er hatte hier nichts zu suchen, und es war die Aufgabe des Butlers, ihm dies klar zu machen.
Bestimmt nicht mit Samthandschuhen, denn der Eindringling war zu einer unrechten Zeit erschienen.
Es gab nicht nur die Klingel. Er hatte auch andere Sicherheitsmaßnahmen eingebaut, denn der Keller mitsamt den alten Leichen war sein Revier.
Wobei er nicht eben ein Freund der Toten war und nicht begriff, weshalb der Lord sie in die Grube werfen ließ. Für ihn ergab das keinen Sinn. Sie wären besser zusammen mit den Fahrzeugen im Sumpf gelandet, doch das wollte der Lord nicht.
Er bestimmte, und Peter hatte sich zu fügen. Das war schon immer so gewesen.
Das Klingeln hatte aufgehört.
Der erste Akt war beendet.
Zeit für den zweiten Akt.
Und da spielte Paul persönlich mit…
***
Ich war im Haus. Ich war im Keller, und damit in einer Umgebung, die keinem gefallen konnte.
Meine Lampe hatte ich sicherheitshalber ausgeschaltet und stand nun in der Duneklheit, die nicht unbedingt dicht war, sondern auch einen Grauschimmer enthielt. Ich konnte etwas erkennen, wenn es auch nicht besonders viel war, doch hier im Keller standen keine Gegenstände herum, an denen ich mich hätte stoßen können.
Es war eigentlich ein großer und auch leerer Raum. Allerdings mit einem Geruch angefüllt, der mir auf den Magen geschlagen war. Ich wollte unbedingt herausfinden, um welch einen Geruch oder Gestank es sich hier handelte.
So ganz fremd war er mir nicht. Nicht, dass ich mich öfter in irgendwelchen Kellern aufhielt, aber diesen feuchten und auch leicht modrigen Geruch kannte ich aus verschiedenen alten Kellern, in denen man irgendwelche Dinge verrotten ließ.
Den Draht hatte ich überstiegen. Irgendwo im Haus war jetzt etwas passiert. Ich setzte es mit einem Alarm in Zusammenhang. Nur hatte ich keine Sirene gehört. Es war mir wirklich nichts dabei aufgefallen. Da waren auch keine Dosen klappernd umgefallen, kein Klingeln hatte meine Ohren erreicht, es blieb hier unten einfach still, und genau diese Stille gefiel mir nicht.
Sie machte mich vorsichtig. Als ich den ersten Schritt ging, setzte ich meinen Fuß behutsam auf. Nur keine unnötigen Geräusche verursachen, denn ich wollte den Moment der Überraschung auf meiner Seite haben.
Im Schein der Lampe
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