1318 - Terror am Totenbett
wollte er nicht gestört werden. Später, wenn alles vorbei war, würde er gern die Schmutzarbeit übernehmen, das war kein Problem für ihn. Paul war seinem Herrn so treu ergeben wie ein Hund.
Die Küche hatte eine hohe Decke. Sie war grau gestrichen. Unter diesem glatten Himmel verteilten sich die Möbelstücke, die alles andere als modern waren. Der mächtige Ofen in der Mitte stammte noch aus den Anfängen des letzten Jahrhunderts. Bei den Schränken verhielt es sich ähnlich. Da war nichts von modernen Einbaumöbeln zu sehen. Allerdings bildete der Kühlschrank ebenso eine Ausnahme wie die Mikrowelle. Etwas Modernes musste einfach sein, denn groß gekocht wurde nicht immer. Nur einmal in der Woche. Da zeigte Paul dann seine Kunst, die er sich im Laufe der langen Dienstjahre angeeignet hatte.
Ansonsten wärmte er das Essen auf, und der alte Lord war damit sehr zufrieden.
Paul lächelte, als er an ihn dachte und dabei gegen die Fensterscheibe schaute, deren Hälfte von einer hängenden Gardine verdeckt wurde. Lord Peter spielte seine Rolle wirklich fantastisch.
Er hatte das geschafft, was er wollte. Den Weg in eine Existenz, die er mit einem Leben fast ohne Ende bezeichnete. Er war kein Mensch mehr, aber auch kein Zombie. Er schwankte zwischen beiden Positionen, aber diese Existenz hatte auch seinen Preis gehabt.
Er musste zahlen.
Und er zahlte.
Es war so leicht, die verfluchte Verwandtschaft in das einsame Haus zu locken. Er hatte bestimmten Leuten Nachrichten zukommen lassen, und das unter dem Siegel der strengsten Verschwiegenheit. Die Leute hatten sich tatsächlich daran gehalten, denn sie wussten, dass es um Geld ging, um viel Geld, da wurden eben alle zu Hyänen. Da hielten auch die geschwätzigsten Personen den Mund.
So war alles glatt gelaufen. Der Lord trug seine Schuld, die er einem höheren Wesen gegenüber hatte, ab, und der Sensenmann, der in seinem Alter viele Menschen umkreiste, würde noch warten müssen. Ob er jemals richtig zuschlagen konnte, war eine zweite Frage. So recht glaubte Paul nicht daran. Dem Lord war es gelungen, selbst sein Ende hinauszuzögern und sogar dem Tod ein Schnippchen zu schlagen.
Genau das elektrisierte den Butler immer wieder. Er hatte nie direkt gefragt, das traute er sich nicht, doch er hoffte stark, bestimmte Dinge auch für sich in Anspruch nehmen zu können. Gewissermaßen als Lohn für seine Treue.
Wenn alles vorbei war und der Lord mit seiner verhassten Verwandtschaft abgerechnet hatte, dann würde er die Frage stellen und hoffte auf eine positive Antwort.
Im Moment konnte er nur warten, was ihm nichts weiter ausmachte. Er gehörte zu den Menschen, die sich mit dem Schicksal sehr positiv abgefunden hatten, aber er vergaß auch die Probleme nicht. Erst vor kurzem war Amos Anderson vernichtet worden.
Jetzt hatte sich der Lord dessen Schwester vorgenommen. Der Butler fragte sich, ob die Zeitabstände nicht zu kurz waren. Die Polizei war schließlich nicht auf den Kopf gefallen, und herumgeschnüffelt hatten sie hier schon oft. Paul überlegte, ob er nicht schon jetzt das Auto der Frau in den Sumpf fahren sollte. Dann wäre jedoch das übliche Ritual unterbrochen worden, und das wollte er auch nicht.
Also wie immer mal abwarten.
Ab und zu duckte er sich und warf einen Blick unter dem Band der Gardine hinweg durch das Fenster. Einer wie er traute dem Frieden nicht. Auch wenn er hier wie ein Einsiedler lebte, er wusste schon, was in der Welt ablief. Wenn die Polizei einmal Lunte gerochen hatte, dann blieb sie auch an dem Fall hängen.
In diesem Fall tat sich nichts. Es blieb ruhig. Es gab keinen Menschen, der um das Haus herumschlich. Zumindest hatte er keinen gesehen. Und wenn trotzdem jemand einbrach, dann würde er über die heimlich angebrachte Alarmanlage stolpern, die Paul selbst gebastelt hatte, denn die dünnen Drähte nahe der Fenster waren so gut wie nicht zu sehen. Oder erst dann, wenn es zu spät war.
Die Berührung des Drahts würde einen Klingelton auslösen, und zwar in den Räumen, in denen sich der Butler zumeist aufhielt, und dazu gehörte auch die Küche.
Es berührte ihn nicht besonders, dass er allein in der Küche saß und die Zeit verstreichen ließ. Er würde schon eine entsprechende Nachricht bekommen, wenn der Lord es geschafft hatte, sich wieder zu stärken. Dann war es seine Aufgabe, die Spuren zu beseitigen. Wenn die Frau verschwunden war, würde er mit dem Lord über die Zukunft sprechen und ihm raten, sich etwas mehr Zeit
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