132 - Die Seelenfänger
entgegen. Als sie sein Gesicht sah, fuhr ihre Hand erschrocken an den Mund.
„Geh du zu Martin", bat Dorian sie. „Es ist alles gut." Er grinste schief. „Bis auf diese Kleinigkeit hier."
Bei sich dachte er: Entweder wird sich Martin an meine Fratze gewöhnen, oder Coco muß meinen Sohn von mir fernhalten, bis er erwachsen ist.
Sie standen zu zweit auf der Felshöhe und blickten aufs Meer hinaus. Sie starrten schweigend zu dem Geisterschiff, das allmählich seine Konturen verlor und sich in Nichts auf löste. Noch einmal war es im Lichtstrahl des Leuchtturmes zu sehen, dann war es im Nirgendwo verschwunden.
Und dann erlosch auch der Leuchtturm.
Der Spuk war endgültig vorbei. Für alle Zeiten.
„Das Geisterschiff wird kein Ziel erreichen", sagte Olivaro schließlich. „Der Fluch ist endgültig gebannt. Die Janusköpfe können nicht mehr durch das Tor nach Malkuth fahren, und auch Baphomet wird nicht dorthin gelangen, wohin er wollte."
Eine Weile herrschte zwischen ihnen Schweigen.
„Ich glaube, ich muß mich bei dir entschuldigen, Olivaro", sagte Dorian schließlich. „Ich hatte keine Ahnung, was du vorhattest. Ich dachte, du wolltest uns ins Verderben schicken. Es tut mir leid." „Laß es gut sein, Dorian", sagte Olivaro. „Ich habe es verdient, daß ihr schlecht von mir denkt. Vielleicht wäre es besser gewesen, euch in meine Pläne einzuweihen. Aber ich wollte sichergehen, daß nichts schiefgeht."
Olivaro hatte Martin und Baphomet durch das Dämonentor der Burgruine zum Kap Finisterre gebracht, weil er wußte, daß es hier eine letzte Verbindung zur Januswelt Malkuth gab. Sein Plan war es, die Janusköpfe, Baphomet und Trigemus gegeneinander auszuspielen. Das war ihm letztlich auch gelungen.
„Ich hätte mein Vorhaben aber nicht durchgeführt, wenn ich nicht gewußt hätte, daß euer Sohn bei Mutter Arosa gut aufgehoben ist", rechtfertigte sich Olivaro abschließend. „Ich habe stets darüber gewacht, daß ihm nichts passieren kann."
„Vielleicht wäre Martin hier für immer gut aufgehoben", sagte Dorian deprimiert.
Er blickte wehmütig zu dem Gehöft hinüber. Dort gingen die Lichter allmählich eines nach dem anderen aus. Die Kinder fanden, nach all den Aufregungen, allmählich wieder Ruhe. Sie würden bald vergessen haben… hoffentlich auch Martin.
Coco hatte sich mit ihrem Sohn zu der Finca von Mutter Arosa zurückgezogen, um über seinen Schlaf zu wachen.
Sie hatte Dorian versprochen:
„Ich werde Martin hypnotisieren und so dafür sorgen, daß er den Zwischenfall vergißt. Er wird dich danach nicht mehr in schlechter Erinnerung haben."
Soweit, so gut. Aber was war später? Dorian würde sich seinem Sohn nie nähern können, weil sich ihm gegenüber stets sein furchtbares Gesichtsstigma zeigen würde.
Und es gab kein Mittel, die Tätowierung zu entfernen. Sie war durch Janusmagie erneuert worden. Aber die Janusköpfe waren alle mit dem Geisterschiff ins Nirgendwo verschwunden. Auf Nimmerwiedersehen. Hoffentlich! Aber andererseits…
Dorian straffte sich.
„Was soll ich jammern." Er feixte.
„Dank deiner Hilfe, Olivaro, ist es doch noch zu einem Happy-End gekommen."
Olivaro sah ihn an, aber Dorian wich seinem Blick aus.
„Wirklich?" sagte Olivaro. „Coco hat mir anvertraut, daß ihr vorhattet, Martin mit nach Castillo Basajaun zu nehmen. Daraus wird nun wohl nichts."
„Nein, daraus wird nichts", sagte Dorian. „Aber Coco wird schon einen guten Platz für Martin finden. Ein sicheres Versteck, wo ihm Dämonen nichts anhaben können."
Sie standen eine ganze Weile schweigend da. Schließlich wandte sich Dorian zum Gehen.
„Wohin willst du?" fragte Olivaro.
„Mich von Coco verabschieden", antwortete Dorian. „Es ist besser, sie mit unserem Sohn allein zu lassen. Ich will es kurz und schmerzlos machen."
„Warte noch." Olivaro folgte ihm und trat dicht vor ihn hin. „Ich glaube, ich könnte doch etwas für dich tun. Schließlich verstehe auch ich etwas von Janusmagie."
Dorian winkte ab.
„Danke für das Angebot", sagte er. „Aber wenn ich mir falsche Hoffnungen mache, die sich dann nicht erfüllen, wird alles nur noch schlimmer."
Olivaro hielt ihn an den Schultern fest.
„Ich bin ganz sicher, daß ich dir helfen kann, Dorian."
Der Dämonenkiller sah sein Gegenüber prüfend an. Er schätzte seine Chancen ab und fand, daß Olivaro keinerlei Unsicherheit zeigte.
„Vertraue mir", sagte Olivaro.
Dorian sah, wie sich sein Gesicht zur Seite drehte, sein Kopf
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