132 - Die Seelenfänger
eine Drehung von 180 Grad machte, bis die Rückseite Dorian zugewandt war. Das Haar teilte sich und bildete einen Kranz um das knöcherne Janusgesicht.
„Ich schaffe es", sagte Olivaro zuversichtlich. „Du wirst kaum etwas davon merken, Dorian."
Der Dämonenkiller wollte etwas erwidern, aber er war auf einmal wie gelähmt. Er sah, wie sich um das Knochengesicht eine leuchtende Aura bildete. Der Schein wurde heller und heller, so grell, daß Dorian schließlich geblendet die Augen schließen mußte.
Als er sie wieder öffnete, sah er für einen Moment einen vernarbten Fleischklumpen vor sich. Dann legten sich schützend die Haare darüber. Der Kopf drehte sich wiederum herum, und dann lächelte ihn Olivaros bekanntes Scheingesicht an.
„Erledigt", sagte Olivaro mit schwachem Lächeln. „Du kannst von nun an deinem Sohn gegenübertreten, ohne fürchten zu müssen, daß er sich vor deinem Anblick entsetzt."
Dorian wußte nicht sofort, was er sagen sollte.
„Aber… du hast dein zweites Gesicht für mich geopfert", stotterte er.
„Betrachte es als Freundschaftsdienst." Olivaro feixte. „Du kannst es auch als kleine Wiedergutmachung für die ausgestandene Ungewißheit sehen, in die ich euch durch mein eigenmächtiges Handeln gestürzt habe."
„Ich weiß nicht, wie ich dir danken soll", sagte Dorian fassungslos.
Olivaro streckte ihm plötzlich zum Abschied die Hand hin.
„Geh zu deiner Familie, Dorian."
Dorian ergriff die Hand und drückte sie fest.
„Und du, Olivaro?"
„Ich ziehe mich erst einmal zurück. Vielleicht melde ich mich irgendwann einmal, wenn ich deine Hilfe brauche."
Die beiden Männer trennten sich.
Dorian wollte so rasch wie möglich mit Coco und Martin nach Andorra, in die Geborgenheit des Castillo Basajaun.
Er fragte sich, was aus Olivaro werden würde. Er war der letzte seiner Art auf der Erde. Er war das einsamste Wesen dieses Planeten. Aber andererseits… Olivaro hatte schon einmal in ähnlicher Lage die Jahrhunderte überdauert. Und wenn er Freunde brauchte, wußte er, wo sie zu finden waren.
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