1320 - Wolfsmond
verdeckte sie auch die Waffe im Gürtel.
»Betty war nicht hier«, log sie so gut wie sie konnte.
»Nein?«
»Ich sagte es schon.«
Wieder schaute Helen die anderen Frauen an. Sie hoben die Schultern, sie lächelten und ihre Mimik bewies, dass sie Glenda kein Wort glaubten.
»Das können wir uns nicht vorstellen«, meinte Kate.
»Es ist aber so.«
»Betty gehört zu uns. Sie lebt für die Sauna. Sie ist immer hier. Vor Mitternacht geht sie nie. Deshalb fällt es uns schwer, dir zu glauben, Glenda.«
»Da ist sie schon, aber sie muss nicht unbedingt hier sein. Wir können nach vorn gehen und nachschauen.« Glenda wollte sich umdrehen, doch ein harter Befehl stoppte sie.
»Nein!«, sagte Helen.
»Warum nicht?«
»Ganz einfach, Glenda. Meine Freundinnen und ich glauben dir einfach nicht. Wir denken, dass du uns hier Theater vorspielst, und das können wir nicht mitmachen. Du willst uns hier von etwas ablenken, das steht für uns fest. Es ist was passiert, nicht nur mit dir, sondern auch mit Betty.«
»Was sollte ihr denn passiert sein?«
»Das wollen wir von dir wissen.«
»Ich habe schon gesagt, dass…«
»Hör auf zu lügen!«, zischte Helen. »Wir sehen dir an, dass du lügst, verflucht.« Sie kniff die Augen zusammen, bevor sie weitersprach. »Du hast zwar lange genug am gleichen Abend sauniert wie wir, aber du hast trotzdem nie richtig zu uns gehört. Du bist nicht in unserem Club. Wir haben unsere Geheimnisse und Pläne mit dir niemals geteilt, Glenda. Da hatten wir schon unsere Gründe. Jetzt aber müssen wir davon ausgehen, dass du etwas gesehen hast, was nicht für deine Augen bestimmt war. Das können wir nicht akzeptieren, bis auf eine Ausnahme von der Regel. Es sei denn, Betty erklärt uns, dass mit dir alles in Ordnung ist und wir dich in unseren Kreis aufnehmen können.«
Glenda schaffte es noch immer, die Ahnungslose zu spielen.
»Von welch einem Kreis sprecht ihr denn?«
»Das wirst du erfahren, wenn wir mit Betty gesprochen haben.«
»Gut, das können wir.«
»Wunderbar. Wo ist sie?«
»Vorn am Eingang. Am Empfang, denke ich. Sie wird dort einiges richten. Wollte sie nicht noch den Boden wischen und auch die Treppe…?«
Die blonde Fay sprach diesmal. »Um diese Zeit putzt sie nicht, Glenda. Das hat sie noch nie getan.« Sie streckte den Arm vor. »Du willst uns hier verarschen, und das lassen wir nicht zu.«
»Ich kann euch nichts anderes sagen.«
»Gut«, sagte Helen, »dann hast du ab jetzt die Konsequenzen zu tragen.«
Oder ihr!, dachte Glenda, die nicht daran dachte, einen Rückzieher zu machen. Sie gab sich gelassen. »Ich glaube nicht, dass ich Konsequenzen tragen muss.«
»Oh doch…«
Aus zwei Mündern wurde Glenda die Antwort gegeben. Sie brauchte nur in die Gesichter der Saunakolleginnen zu schauen, um zu wissen, dass sie mit ihren Antworten keine Chance hatte, auch nur einen Schritt weiterzukommen.
John Sinclair war noch nicht eingetroffen. Deshalb lag alles allein in ihren Händen. Sie musste zusehen, dass sie aus der Lage herauskam.
Das tat sie auch. Es gab einen gewissen Punkt bei ihr, da wurde sie sehr konsequent. Was sie jetzt tat, das musste einfach getan werden, denn sonst kam sie keinen Schritt weiter.
Mit einer sehr schnellen Bewegung zog sie ihre Waffe hervor. Die Frauen sahen zwar das Zucken des Arms und der Hand, aber was dann passierte, traf sie schockartig.
Plötzlich zeigte die Mündung der Luger auf sie, und sie hörten Glendas Stimme: »Keine Bewegung!«
Die Frauen erstarrten. Man musste es einfach so sehen. Um keinen Millimeter bewegten sie sich von der Stelle. Ungläubigkeit stahl sich in ihre Blicke, und Glenda wartete ab, bis sie etwas sagte.
»Ja, ihr habt Recht gehabt. Ich habe etwas gesehen, was ich nicht sehen sollte oder durfte. Betty wusste es. Sie hat versucht, mich auszuschalten. Es ist ihr nicht gelungen. Auch das Einsperren in der Sauna hat nicht viel gebracht. Sorry, aber das Spiel läuft jetzt nach meinen Regeln ab.«
Groß geschockt waren die vier Frauen nicht, die alle wieder ihre sommerliche Kleidung trugen. Es war, als hätten sie durch das Anlegen der Tops, T-Shirts und Hosen die andere Welt hinter sich gelassen. Sie spielten Glenda jetzt die normalen Menschen vor, die sich nur darüber wundern konnten, von einer Waffe bedroht zu werden.
Helen versuchte es wieder. »Was ist denn in dich gefahren?«
»Musst du da noch fragen?«
»Ja, wirklich.«
»Ich will es euch sagen! Betty liegt in der Sauna. Auch wenn sie wie
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