1320 - Wolfsmond
tot aussieht, sie hat Glück gehabt, dass sie es nicht ist. Sie wollte mich unbedingt aus dem Weg räumen, weil der Plan zuvor nicht geklappt hat. Aber das läuft nicht mehr. Ich habe Zeit gehabt, einen Freund zu alarmieren. Er ist beim Yard.«
»Da bist du ja auch«, sagte Helen.
»Sehr gut, meine Liebe. Dann sollte dir auch bekannt sein, dass ich schießen kann.«
»Und was willst du jetzt tun?«, meldete sich Maggy.
»Zwischen uns befindet sich die Saunatür. Ihr werdet jetzt der Reihe nach und mit erhobenen Händen hineingehen und der guten Betty Gesellschaft leisten. Bevor du gehst, leg das Handy zu Boden, Helen. Und du kannst auch den Anfang machen.«
Helen hatte jedes Wort verstanden. Obwohl sie so harmlos tat und mit den Schultern zuckte, war Glenda auf der Hut. Sie hoffte, dass die Waffe als Drohung ausreichte und dass die Frauen nicht vergessen hatten, wer da alarmiert worden war.
Helen machte tatsächlich den Anfang. Zuerst streckte sie ihren linken Arm dem Boden entgegen und legte dort das Handy mit einer fast behutsamen Geste ab. Beim Aufrichten schaute sie Glenda in die Augen. Dieser Blick ließ Glenda frösteln. Er verhieß alles, aber im Prinzip eigentlich nur Rachegedanken.
»Danke, Helen. Und jetzt rein in die Sauna.«
»Ganz wie du willst.«
Glenda verfolgte jede Bewegung der Frau mit dem Lauf der Waffe. Helen dachte nicht daran, sich falsch zu bewegen oder Widerstand zu leisten. Sie bewegte sich fast wie auf Samtpfoten weiter, würdigte Glenda aber keines Blickes.
Als Zweite folgte Kate. Starr ging sie los. Auch sie schaute Glenda nicht an. Sie verschwand ebenso in der Sauna wie Helen. Die beiden restlichen Frauen folgten, aber Maggy, die Jüngste, flüsterte Glenda noch zu.
»Es wird dir Leid tun!«
»Geh rein!«
Maggy leistete keinen Widerstand. Sie verschwand in der Sauna, und sofort zog Glenda Perkins die Tür zu. Als sie diese letzte Tat begangen hatte, da überkam sie das große Zittern. Die Beine waren plötzlich weich geworden. Sie musste zur Seite gehen und sich an der Wand stützen. Es war wirklich hart für sie gewesen, das durchzuziehen. Jedenfalls waren vier Gegnerinnen ausgeschaltet. Es gab nur noch einen.
Glenda schrak abermals zusammen, als sie an ihn dachte. Durch das Fenster hatte sie einen Wolf gesehen, und zwar einen Werwolf.
Davon war sie überzeugt gewesen. Es gab ihn, auch wenn die Frauen es nicht zugeben wollten, doch ihr Verhalten deutete darauf hin. Aufgegeben hatten sie noch nicht.
Glenda überlegte, ob sie noch mal zu dieser Tür hinlaufen sollte, um einen Blick in den Eiskeller zu werfen, wie er so locker genannt wurde. Nein, das wollte sie verschieben. Sicherheit ging vor, und sie wusste ja, dass John Sinclair unterwegs war. Sie hatte sich entschlossen, an oder vor der Tür auf ihn zu warten.
Der Weg in den Vorraum war nicht weit. Früher hatte sich hier das Foyer der Villa befunden. Das war jetzt umgebaut worden. Es gab ein modernes Anmeldepult, an den hellen Wänden hingen Saunabilder, auf denen glückliche Menschen zu sehen waren. In den Regalen lagen Handtücher, es gab Bademäntel, Saunalatschen, zwei kleine Sitzgruppen und einen Empfangstresen, hinter dem niemand mehr stand. Nur ein einsamer Computer wartete darauf, bedient zu werden.
Die Tür des Hauses war nicht abgeschlossen, obwohl der Schlüssel innen steckte. Glenda öffnete sie. Ein Keil klemmte sie fest. Jetzt gelang es Glenda zum ersten Mal nach längerer Zeit wieder Luft zu holen. Sie freute sich darüber, die frische Luft einatmen zu können und musste zunächst einen leichten Schwindel überwinden. Auf der obersten Treppenstufe blieb sie stehen und schaute nach vorn.
Die Dunkelheit hatte sich noch nicht ganz herangestohlen. Glenda erlebte noch die Phase der Dämmerung, ohne jedoch eine klare Sicht zu bekommen. Zu stark hatten sich die Schatten bereits vorgearbeitet.
Die umgebaute Villa lag in einem kleinen Park. Alter Baumbestand sorgte auch bei großer Hitze für relative Kühle.
Auf die wartete Glenda vergebens, denn es war noch recht schwül.
Von der Straße her führte zum Haus hin ein Weg. Parkplätze gab es genug, und Glenda sah auch die geparkten Autos ihrer Saunakolleginnen. Ein normales Bild, doch in das hinein schob sich die Erinnerung an den Werwolf.
Es war einer gewesen. Ein noch nicht fertiger Wolf. Ein Mensch mit Wolfskopf, der möglicherweise noch dabei war, eine Bestie zu werden. Wenn das passierte, konnte niemand für etwas garantieren; Dann waren Menschenleben
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