1320 - Wolfsmond
hatte.
Verschlossen war die Tür nicht. Ich zog sie langsam auf, während Glenda zurückblieb.
Der erste Blick in den »Eiskeller«. zeigte eine völlige Normalität.
Da gab es den Pool, da standen mehrere Duschen in Nischen, da waren die Ruhebänke zu sehen, die flauschigen Handtücher, die kreuz und quer auf den Bänken lagen.
Keine Spur von einem Werwolf.
Ich drehte mich zu Glenda hin um, die mir langsam folgte und deren Gesicht einen starren, beinahe schon verbissenen Ausdruck zeigte. Neben dem Pool, dessen Wasser bläulich schimmerte und eine glatte Oberfläche aufwies, stand ich und wartete darauf, dass Glenda einen Kommentar abgab.
Ärgerlich schüttelte sie den Kopf. »Ich weiß, was du von mir willst, aber mit diesem Anblick hast du rechnen müssen. Das habe ich dir schon auf dem Weg hierhin gesagt. Die Frauen haben gemerkt, dass jemand gekommen ist. Sie werden den Werwolf in Sicherheit gebracht haben.«
»Durchaus möglich. Aber hätten sie dann nicht an dir vorbei gemusst? Oder existiert hier noch ein zweiter Ausgang?«
»Leider«, gab Glenda zu.
»Und wo?«
Als Antwort ging sie an der rechten Poolseite vorbei. Dort befanden sich die Duschnischen. Neben der von mir aus gesehen ersten gab es eine Tür. Sie war nur nicht auf den ersten Blick so genau zu erkennen gewesen, weil sie sich kaum von der Wand abhob und als Tarnung ebenfalls helle Fliesen besaß.
»Es ist ein Notausgang«, sagte Glenda, als sie die nicht verschlossene Tür aufzog.
Ich ging zu ihr und blickte in einen Flur, der dunkel war. Glenda schaltete das Licht ein. So sahen wir eine weitere Tür an der Rückseite des Gebäudes, die allerdings geschlossen war.
»Durch sie gelangst du in den kleinen Park, John.«
»Und weiter?«
»Nichts weiter. Eine ideale Deckung gibt es dort.«
»Hat es Sinn, das Gelände zu durchsuchen?«
Glenda winkte ab. »Kaum. Dahinter findest du einen Gebüschgürtel, und dann gibt es noch einen schmalen Kanal. Die Themse ist nicht weit weg. Er mündet in den Fluss.«
»Für die Flucht ideal.«
»Okay, dann gehen wir erst mal zurück zu deinen Saunakolleginnen. Sie werden bestimmt etwas zu sagen haben.«
»Nichts, was uns weiterbringen wird, John. Sie werden alles abstreiten, darauf kannst du dich verlassen.«
Ich hob nur die Schultern. Danach schaltete ich das Licht wieder aus und wandte mich zum Gehen.
Glenda hatte sich schon entfernt. Sie hielt sich am Einstieg des Pools auf, in dessen unmittelbarer Nähe auch eine Liege stand. Dort hatte sie sich gebückt und suchte etwas.
»Ha, ha, das ist der Beweis.«
Sie hatte so laut gelacht und gesprochen, dass ich mich leicht erschreckte. »Was ist denn los?«
»Ich zeige dir den Beweis.«
»Welchen?«
»Dass es hier einen Werwolf gegeben hat, John.«
Diesmal hielt ich mich mit einem Kommentar zurück. Ich glaubte allerdings auch nicht, dass Glenda sich irgendwas eingebildet hatte.
Sie wusste schon, was sie tat.
Als ich neben ihr stand, deutete sie auf den Fund. »Hier siehst du es, John?«
Ich beugte mich vor, um das sehen zu können, was Glenda auf die helle Unterlage gelegt hatte.
Es waren Haare!
»Nun?«
»Ja, das sind…«
Glenda ließ mich nicht ausreden. »Es sind keine menschlichen Haare, John. Die gehören einem Wolf. Sogar einem verdammten Werwolf. Davon bin ich überzeugt.«
Ich sagte nichts. Dafür nahm ich einige Haare zwischen die Kuppen von Daumen und Zeigefinger. Hundertprozentig wollte ich nicht behaupten, dass die Haare aus dem Fell eines Werwolfs stammten. Das hätte ich nie und nimmer auf meinen Eid genommen, man hätte sie wirklich wissenschaftlich untersuchen müssen, aber ich wollte auch nicht dagegen sprechen. Diese dunklen feinen Haare konnten durchaus von einem Tier stammen und somit von einem Wolf oder Werwolf.
Glenda versuchte weiterhin, mich zu überzeugen. »Keine der Frauen besitzt diese Haarfarbe. Das wirst du gleich sehen, wenn du sie dir anschaust. Die müssen einfach von der Bestie sein.«
»Eine Reinemachefrau kann sie nicht vergessen haben?«
»Ha, ha, auch wenn du noch immer spektisch bist, ich weiß es besser.« Sie deutete zu Boden. »Erstens ist Betty eine perfekte Putzfrau, und zweitens lagen die Haare an einer so exponierten Stelle, dass man sie gar nicht übersehen konnte. So ist das, John, und nicht anders, auch wenn du mir nicht glauben willst.«
»Das habe ich nicht gesagt.«
Glenda winkte mit beiden Händen ab. »Egal, reden wir von etwas anderem.«
»Nein, wir werden jetzt
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