1328 - Die Harmonie des Todes
diesen Zweck werden Leute mit Erfahrung gebraucht. Wir sehen uns später."
Wenn der Abdruck des Einverständnisses erteilt wurde, mußte zumindest einer der Querionen immer anwesend sein. Salaam Siin verstand nicht, weshalb es ohne das vergeistigte Gründervolk der Netzgänger nicht funktionierte - aber die Tatsache bestand nun einmal. Es gab nur mehr ein Dutzend Querionen. Wenn eines hoffentlich fernen Tages das letzte dieser Wesen zu Tode kam, würde es auch das Ende der Netzgängerorganisation bedeuten.
„Ich sehe, wir sind vollzählig", sprach der Querione mit unhörbarer, geistiger Stimme.
„Bestätigt ihr mir, daß das einzige Wesen in unserer Mitte, das noch nicht zu den Gängern des Netzes gehört, tatsächlich Salaam Siin, der Geladene, ist?"
„Wir bestätigen es."
„Nun denn, Salaam Siin: Wir sind hier, um dich zu fragen, ob du die Einladung annimmst."
„Ich nehme an!" sang Salaam Siin.
„So laßt uns beginnen."
Salaam Siin fiel zunächst durch wesenlose Dunkelheit. Dann sah er sich unversehens in die Struktur des Universums hineinversetzt, und er hoffte einen Augenblick lang vergebens, den Anblick tatsächlich zu begreifen. Anschließend zeigte man ihm den Moralischen Kode, der in Form einer Doppelhelix das Universum durchzog und seine Gesetze bestimmte ... Salaam Siin schwindelte. Wollte er diese Informationen überhaupt haben? Aber ja, er wollte sie! Und er bekam weitere Dinge gezeigt. Sein letzter Eindruck war das Kosmonukleotid DORIFER, worin die Psionischen Informationsquanten, Psiqs genannt, einen unbegreiflichen Reigen aufführten.
Irgendwann war alles vorbei. Salaam Siin fand sich, auf seinen fast unbedeutenden Körper reduziert, in der Halle des Anfangs wieder.
„Hast du DORIFER gespürt, Salaam Siin? Hast du gespürt, weshalb kein Wesen dieses Universums es manipulieren darf?"
„Ja", antwortete Salaam Siin wahrheitsgemäß, „das habe ich."
Nun war er ein vollberechtigter Gänger des Netzes. Der Psionische Imprint haftete an ihm wie ein Ausweiszeichen, das ihm innerhalb eines ungefähren Radius von fünfzig Millionen Lichtjahren die Präferenzstränge des Psionischen Netzes öffnete.
Was der Imprint weiterhin mit sich brachte, würden unter anderem die Jahre zeigen.
*
Alaska Saedelaere erwartete ihn vor der Halle des Anfangs.
„Willkommen bei uns, Sänger. Es gibt keine Zeit zu verlieren. Wenn du möchtest, kann ich dir ein paar Tage lang behilflich sein."
Salaam Siin stimmte gern zu. Gemeinsam mit dem doppelt metergroßen Terraner unternahm er seine ersten Transfer über die Präferenzstränge. Im Grunde war es derselbe Effekt, den sich auch die Enerpsischiffe im Reich ESTARTU zunutze machten.
Aber es war auch ganz anders. Die Schiffe konnten nur entlang der Normstränge reisen, und er, der Netzgänger, benutzte ein System von psionisch anderer Struktur. Allerdings waren die Präferenzstränge wesentlich seltener als die Normstränge. Sie alle standen in der KARTE aufgelistet - dem vollständigen Verzeichnis aller Anfangs- und Endpunkte.
Inzwischen trug Salaam Siin seine maßgeschneiderte Netzkombination, die zwar nicht klobig war wie herkömmliche Schutzmonturen, dafür aber wesentlich effizienter wirkte. „Deine Netzkombination ist eine Lebensversicherung, wenn du aus dem Psionischen Netz in den Normalraum fällst", hatte der Terraner erklärt. „Darin kannst du überleben, bis wir dich finden - und wir würden dich finden, verlaß dich darauf."
Nach einer Woche unternahm Salaam Siin seinen ersten Sprung über eine längere Distanz. Als Zielpunkt hatte er Zaatur gewählt, das viele Millionen Lichtjahre entfernt lag.
Er visierte eine der blassen, immateriellen Halbkugeln an, die jeden Eintrittspunkt in das Netz der Präferenzstränge markierten. Kein Normalsterblicher vermochte diese Punkte wahrzunehmen. Plötzlich war sein Orientierungssinn von Farben jeglicher Schattierung erfüllt. Galaxien wurden zu flammenden Spiralen, in rasender Rotation begriffen, und anstelle der Sterne sah er dunkelrote bis hellglimmende Punktleuchtfeuer.
Salaam Sims Augen waren die des Geistes. Auf eine Weise, die er nur fühlen konnte, verhalf ihm der Psionische Imprint zu unendlich erweiterter Wahrnehmung. Aber er schaute nicht allein auf solche Phänomene, wie sie ein normales Wesen auch im vierdimensionalen Raum sah, sondern weiterhin auf die Stränge des Psionischen Netzes.
Er begriff sie als weitverzweigte Verkehrslinien, an deren Knotenpunkten und Verästelungen er
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