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1328 - Die Harmonie des Todes

Titel: 1328 - Die Harmonie des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Präferenzstrang des Psionischen Netzes ein. Er langte ohne objektiven Zeitverlust in der HARMONIE an. Das Schiff hatte durch den Aufenthalt in der Sonnenkorona keinerlei Schaden genommen, und die Syntronik meldete, daß kein Enerpsiraumer der Ewigen Krieger auch nur in seine Nähe gekommen war.
    Salaam Siin begab sich an den oberen Rand der fünfzehn mal vierzig Meter durchmessenden Scheibe, wo die Außenwand in den Schüsseltrichter überging.
    Automatisch baute sich ein kuppelförmiges Energiefeld auf. Atembare Luft erfüllte Sekunden später den Innenraum, und Salaam Siin prüfte mit ein paar psionisch ungerichteten Akkorden die akustischen Verhältnisse. Alles war in Ordnung - die Konstrukteure auf Sabhal hatten gute Arbeit geleistet. Hier wollte er in Zukunft so oft wie möglich arbeiten. Zwar traute er den Sängern seiner Schule einige Verschwiegenheit zu - aber sein Aufgabenfeld würde auch die verbotenen Gesänge einschließen. Dies konnte er niemandem zumuten als sich selbst.
    Salaam Siin ließ sich von einem Traktorstrahl erfassen, der in den hochfrequentem psionischen Bereich nicht hineinwirkte. Er schwebte fast bis in die Mitte des Energiedoms.
    Ringsum war nichts als rote Glut, die in wenigen Metern Entfernung einen wabernden Kreis bildete und vom Schutzfeld draußen gehalten wurde.
    Wenige Zentimeter über seinem eiförmigen, signalroten Schädel entstand ein flimmernder Kreis, ein sogenannter Psi-Rezeptor. Er würde die Impulse seines Hirns aufnehmen und mit den Anlagen verbinden, die auf ebenfalls psionischer Basis einen ophalischen Chor simulieren konnten.
    Probeweise lockte er aus seinem Membrankranz ein paar Töne hervor. Er setzte einen genau bemessenen suggestiven Impuls hinzu und spürte gleichzeitig, wie die Projektoren der HARMONIE daraus einen vielstimmigen Gesang formten. Salaam Siin gab triumphierend weitere Töne hinzu. Ja, es gelang ...! Er würde für die Nambicu ara wada neue Chromatiken entwickeln und so dafür sorgen, daß in spätestens einem halben Mardakaan-Jahr seine Singschule bei den Spielen des Lebens „den Ton angab".
    Er war besser als Kaleng Proo. Schließlich hatte er während seiner Zeit als Troubadour hart an sich arbeiten müssen. Keine Schule konnte besser bilden als die Schule des täglichen Lebens, und ebendies war es, was er seinem Gegner von der Belku namtal voraus hatte.
    Fast instinktiv änderte er beim Gedanken an Kaleng Proo die Tonart; aus fröhlichem Dur wurde ein schwerfälliges, dräuendes Moll. Salaam Siin fluchte innerlich. Meistersänger mußten imstande sein, ihre Stimmung nach Belieben zu kontrollieren - oder zumindest nichts davon nach außen dringen zu lassen. Hatte ihn die Gründung seiner eigenen Singschule emotional tatsächlich derart aufgewühlt? Es mußte wohl so sein.
    Erschrocken stellte er fest, daß der Mollgesang seiner Kontrolle entglitt und zum Nambaq siwa wurde ... zum Gesang des Todes. Der künstliche Chor der HARMONIE nahm ihn mit und ließ nicht mehr los. Mit einemmal entfalteten sich die verderblichen Klänge zu voller Stärke, das Schutzfeld wurde zum Resonanzboden für psionische Schwingungen. Salaam Siin hatte alle Mühe, nicht selbst von der Wirkung erfaßt zu werden. Er hielt sich durch die eigenen Suggestivkräfte immer ein wenig ummantelt, was gerade ausreichte, dem Tod zu entgehen. Glücklicherweise geschah dies hier, weitab von jeglichem Publikum.
    Salaam Siin war sicher, daß jeder andere Zuhörer als er geistig und körperlich dem Gesang des Todes verfallen wäre. Er sah wie in einer Vision seinen Kontrahenten Kaleng Proo ... Der andere nahm unter den schrillsten Klängen des Nambaq siwa kristalline, schließlich durchsichtige Konsistenz an und zerbröckelte am Ende zu Staub.
    Angewidert rieb Salaam Siin die Fühlerbüschel seiner Tentakelarme gegeneinander. Er fühlte sich gleichzeitig fasziniert und abgestoßen. Aber er fühlte noch mehr: Nun, da er der mehrstimmigen Version des Todesgesangs eine Weile standgehalten hatte, bekam er sie immer besser unter Kontrolle. Zuletzt traute er sich zu, ihn auch mit der Nambicu ara wada notfalls einsetzen zu können. Aber er hoffte, daß es niemals soweit kam.
    Seine Philosophie war nicht die der Ewigen Krieger; er glaubte an Frieden und Liebe, nicht an Kampf und Tod. Aus diesem Grund hatte er den Namen Nambicu ara wada - „wir singen für die Ehre" - ausgesucht, Ehre bedeutete ja nicht allein kleinliche Verletzbarkeit, sondern vielmehr die Standhaftigkeit, seinen Überzeugungen

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