1335 - Mandragoros Liebeshexe
tatsächlich nackt gewesen. Langes blondes Haar. Vom Alter her vielleicht um die 30, aber so genau kann ich das nicht sagen.«
»Was haben Sie dann getan?«
»Ich wollte sie verfolgen. Das gelang mir auch. Nur habe ich sie nicht stellen können. Genau das ist mein Problem.«
»Dann war die Täterin doch eine Frau!«
Ich hob meine rechte Hand. »Das ist nicht gesagt. Ich habe zunächst nur einen Verdacht.«
»Ich denke anders darüber.«
»Das bleibt Ihnen unbenommen. Fakt ist, dass wir es mit einem sehr brutalen Mörder zu tun haben, und dass dieser Täter möglicherweise nicht mit unseren normalen Maßstäben gemessen werden kann.«
Mit meiner letzten Bemerkung bekam sie Probleme. »Wie meinen Sie das, Mr. Sinclair?«
»Nun ja, ich kann nicht ins Detail gehen, Mrs. Simmons. Aber glauben Sie mir, dass es manchmal Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die man schlecht erklären kann. Zumindest nicht mit der Logik, die wir gewohnt sind. Dazu passt auch die Mordmethode.«
»Das ist für mich zu hoch«, gab sie zu.
»Macht nichts. Jedenfalls denke ich daran, und ich bin gekommen, um den Fall zu klären.«
»Wie denn?«
»Ich denke, dass ich die Nacht über hier in der Hütte bleiben werde. Und mein Gefühl sagt mir, dass ich die richtige Fährte gefunden habe. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
Gerda Simmons sah mich an und schüttelte den Kopf. »Sie sind ein seltsamer Polizist.«
»Kann man so sagen.«
Sie ballte die rechte Hand zur Faust. »Aber ich will auch wissen, wer meinen Mann getötet hat. Egal, ob er sich hier nun mit einer Frau vergnügt hat oder nicht. Seine Freunde aus dem Jagdclub kann ich nicht fragen. Sie halten alle zusammen, deshalb bin ich gezwungen, auf eigene Faust zu recherchieren.«
»Ich denke, dass Sie das nicht sind, Mrs. Simmons.«
»Was heißt das?«
»Ganz einfach. Es ist nicht gut für Sie, wenn Sie die nächsten Stunden hier in der Hütte verbringen. Deshalb möchte ich Sie bitten, dass Sie die Hütte hier verlassen.«
Gerda Simmons schnappte nach Luft. »Sie wollen mich abschieben, Mr. Sinclair?«
»Wenn Sie es so nennen wollen, dann ja.«
»Ich bleibe.« Sie sprang auf. »Hören Sie. Ich kann schießen. Ich kann mich wehren. Ich kann mich verteidigen und…«
»Das glaube ich Ihnen alles. Nur sollten Sie sich daran erinnern, dass wir es mit einem nicht eben normalen Killer zu tun haben. Darauf deutet die Mordmethode hin. Ich bin mir nicht sicher, ob ich für Ihr Leben garantieren kann. Wer schon zwei Morde hinter sich hat, der scheut auch nicht vor einem dritten zurück.«
Sie senkte den Kopf. Ich sah ihr an, dass sie über meine Worte nachdachte, und ging davon aus, dass sie nicht gehen würde. Aber ich irrte mich.
»Gut, dann werde ich fahren.«
»Sehr schön.«
Gerda Simmons stand auf. Ich wunderte mich darüber, dass sie mir so wenig Widerstand entgegengesetzt hatte. So ganz traute ich dem Frieden nicht. Die Frau war hergekommen, um einen Killer zu stellen, und jetzt verschwand sie so mir nichts dir nichts?
Das war erstaunlich für mich. Sie traf keinerlei Anstalten, zu widersprechen, hängte sich ihr Gewehr um und ging zur Tür.
»Ich werde Sie bis zu Ihrem Wagen begleiten«, sagte ich.
»Ja, tun Sie das.«
Wir traten hinaus in die Stille des Waldes. Die Zeit war nicht stehen geblieben. Die Sonne hatte sich in westliche Richtung hin abgesetzt. Sie brannte nicht mehr vom Himmel, und auch auf der Lichtung war es düster geworden.
Wir gingen nicht in die Richtung, aus der ich gekommen war, sondern in die entgegengesetzte. Ich hatte bei meiner Ankunft nicht gesehen, dass es dort einen Weg gab und wurde nun eines Besseren belehrt, als Gerda Simmons nach vorn deutete.
»Dort müssen wir hin.«
Am Rand der Lichtung wuchs das Unterholz recht hoch. Nur ein Kenner kannte die Lücke, die fast zugewachsen war. Da bogen sich die Zweige unter der Last ihrer Blätter.
Wir drängten uns durch die Lücke. Der Pfad nahm an Breite zu und bekam dann an der linken Seite so etwas wie eine Ausbuchtung, in die Gerda Simmons ihren Wagen hineingefahren hatte.
Sie hatte bisher geschwiegen. Auch ich hielt mich daran. Ich hätte jedoch gern gewusst, was in ihrem Kopf vorging, aber das sagte sie mir nicht.
An der Kühlerhaube des kleinen Geländewagens blieben wir stehen. Auf dem dunklen Lack klebten Blätter. Äste schwebten wie Arme über dem Dach. Ich wollte Mrs. Simmons ansprechen, als mir etwas auffiel. Nicht bei ihr, sondern an ihrem Fahrzeug.
Es stand mit allen vier
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