1335 - Mandragoros Liebeshexe
unnatürliche Röte ein. Mit den Handflächen wischte sie fahrig über ihre Hose hinweg. »Wie kann so etwas geschehen, frage ich Sie? Wer tut so etwas?«
»Ich habe keine Ahnung. Noch nicht. Aber ich bin gekommen, um das herauszufinden.«
»Sie wollen den Täter hier stellen?«
»Wenn es möglich ist, schon.«
»Dann rechnen Sie ebenfalls damit, dass er hier an den Ort seines Verbrechens zurückkehrt?«
»Das habe ich damit nicht sagen wollen, Mrs. Simmons. Ich gehe sogar davon aus, dass er sich noch hier in der Umgebung aufhält. Schauen Sie sich um. Der Wald ist ziemlich dicht und eignet sich hervorragend als Versteck.«
Sie wischte durch ihre Augen. Dann setzte sie sich in einen Sessel. Es war zu sehen, dass sie Mühe hatte, die Tränen zurückzuhalten. »Es ist ja nicht der erste Mord, der hier passierte«, flüsterte sie, »auch Pat Miller wurde in dieser Hütte umgebracht. Auf die fast gleiche Art und Weise. Nur waren es bei ihm zwei dieser Wunden. Einmal wurde seine Kehle zerstört, zum anderen ist die Waffe in seinen Leib gedrungen, und niemand weiß, womit er getötet wurde. Ihre Kollegen haben alles untersucht, und wenn Sie mich nach Ergebnissen fragen, dann kann ich nur mit den Schultern zucken. Außerdem hat man mir bestimmt nicht alles gesagt. Ich habe mir meinen eigenen Reim auf die Dinge gemacht.«
»Und wie lautet der?«, fragte ich. »Können Sie sich ein Motiv vorstellen?«
Gerda Simmons wusste nicht, ob sie verneinen oder nicken sollte.
Mit leiser Stimme sagte sie: »Man hat sich seine Theorien gemacht, und die drehen sich bei mir und bestimmt nicht allein bei mir, um Tierschützer. Eine militante Gruppe davon könnte es sich zum Ziel gesetzt haben, die Jäger zu töten. Das wäre schon mal ein Motiv. Ich habe Ihre Kollegen darauf hingewiesen, aber man hat mir nichts gesagt und nur mit den Schultern gezuckt.«
»Sie können sich also einen militanten Tierschützer als Täter vorstellen?«
»Ja.«
»Haben Sie schon mal an eine Täterin gedacht?«
Gerda Simmons schwieg. Sie schaute mich an, aber sie öffnete in den folgenden Sekunden nicht den Mund.
»Warum fragen Sie das?«, flüsterte sie schließlich.
»Bitte, ich bin Polizist und…«
»Schon gut, Mr. Sinclair. Sie brauchen nicht weiterzureden. Sie haben den Kern getroffen. Ich weiß, dass es beschämend für mich ist, aber leider muss ich es zugeben. Ich kann nichts daran ändern. Diese Hütte könnte als geheimer Treffpunkt genutzt worden sein. Gewissermaßen als Liebesnest im Wald.«
»Da widerspreche ich nicht.«
Gerda Simmons schaute mich an. »Ich muss es leider zugeben. Ich habe daran gedacht. Ich habe es geahnt. Ich weiß es noch immer nicht. Ich weiß nur, dass mich mein Mann kurz vor seinem Tod angerufen hat. Hier aus der Hütte. Er wollte noch etwas aufräumen. Wenn ich jetzt darüber nachdenke, kann ich mir sehr gut vorstellen, dass er nicht allein gewesen ist, sondern in weiblicher Begleitung.«
Sie hob die Schultern. »Auch mein Mann ist keine rühmliche Ausnahme.«
»Dann könnten Sie von einer Mörderin ausgehen.«
»Kann ich.«
»Und haben Sie einen Verdacht?«
»Nein, Mr. Sinclair, den habe ich nicht. Hätte ich ihn, wäre ich froh. So aber muss ich passen.«
Gerda Simmons war innerlich aufgewühlt. Trotzdem hatte ihre Erklärung ziemlich emotionslos geklungen. Sie wollte sich eben keine Blöße geben, aber sie schämte sich schon.
»Ich stelle Ihnen jetzt ein paar Fragen, über die Sie vielleicht lächeln werden. Kann es sein, dass Ihnen auf der Fahrt hierher jemand begegnet ist, den Sie nicht kennen? Darin schließe ich Mann und Frau ein.«
Sie brauchte nicht lange zu überlegen. »Überhaupt nicht. Ich bin allein gekommen. Die Saison beginnt erst, und die Sommerpartys sind auch vorbei. Haben Sie denn etwas gesehen?«
Ich drückte mich vor einer genauen Antwort. »Ja, es ist möglich, dass ich etwas gesehen habe.«
»Was?«
»Eine Frau!«
Mrs. Simmons antwortete nicht. Sie war zu einem Denkmal geworden, so steif blieb sie sitzen.
»Wo ist das denn gewesen?«, flüsterte sie. »Ich habe meinen Wagen auch vor der Lichtung in einer guten Deckung abgestellt und bin den Rest zu Fuß gekommen. Aber aufgefallen ist mir nichts. Nicht einmal Tiere habe ich zu Gesicht bekommen. Von einer Frau erst gar nicht zu reden. Und Sie haben die Person hier in der Nähe entdeckt?«
»Nicht direkt an der Hütte. Aber dort, wo der Wald dichter wird. Da erschien sie wie ein Geist aus dem Unterholz. Und sie ist
Weitere Kostenlose Bücher