1335 - Mandragoros Liebeshexe
Rädern auf dem Boden. Nur störte mich seine Haltung.
Ich bückte mich und schaute nach.
Schon beim ersten Hinschauen erlangte ich Gewissheit.
Der Wagen stand, aber man hatte alle vier Reifen durchstochen.
Mit dem kam niemand weg.
Neben mir atmete Gerda Simmons scharf ein. Dann sagte sie stöhnend: »Ich habe es gewusst, verdammt! Oder zumindest geahnt. Wie sagten sie? Der Mörder treibt sich noch in der Nähe herum? Ich denke, da haben Sie ins Schwarze getroffen.«
Langsam richtete ich mich auf. »Sie haben Recht, Mrs. Simmons, jetzt gibt es ein Problem.«
»Zu Fuß gehe ich nicht zurück.«
»Das kann ich mir denken. Haben Sie überhaupt daran gedacht, zurückzufahren?«
Ihr Lächeln kam mir falsch vor. »Natürlich habe ich daran gedacht. Was meinen Sie denn?«
»Sie sind sehr ehrgeizig.«
»Sind Sie das nicht?«
»Schon. Aber was ich hier tue, das ist mein Job. Ich ziehe ihn praktisch jeden Tag durch. Ich lebe mit dieser Gefahr und weiß, wie ich mich ihr stellen muss. Bei Ihnen sieht das leider anders aus. Der Rückweg wäre besser gewesen.«
»Wenn Sie mir jetzt noch vorschlagen, dass ich Ihren Wagen nehmen soll, sage ich nein.«
»Das habe ich nicht gemeint.«
»Also bleiben wir!«
Es passte mir nicht, sie zu bestätigen, aber es blieb mir nichts anderes übrig. Ja, wir würden bleiben oder bleiben müssen. Ich ging inzwischen davon aus, dass der Unbekannte das gewollt hatte.
Sonst hätte er die Reifen nicht durchstochen. Ich musste auch damit rechnen, dass bei meinem Rover das Gleiche geschehen war. Hinlaufen und überprüfen wollte ich es nicht.
Ich dachte auch nicht daran, mich zurückzuziehen und den Weg zu Fuß zurückzugehen. Nein, ich würde bleiben, denn das hatte mein Gegner so gewollt. Eine andere Erklärung gab es für mich nicht.
»Zurück zur Hütte, Mr. Sinclair?«
»Wohin sonst?«
Sie lächelte mich schief an. »Wissen Sie, woran ich denke, Mr. Sinclair? Ich rechne damit, dass wir jetzt Gefangene sind. Dieser gesamte Wald ist für uns zu einer Zelle geworden. Irgendwo steckt der Killer und beobachtet uns. Er wartet auf eine günstige Gelegenheit und schlägt dann blitzschnell zu. Es kann auch eine Killerin sein. Aber ich sage auch, dass Sie mir der Himmel geschickt hat. Wäre ich allein gewesen und hätte die durchstochenen Reifen gesehen, dann…«
»Hätten Sie Hilfe über Ihr Handy holen können.«
Sie konnte zuerst nur lachen. »Was hätte ich denn sagen sollen? Wer hätte mir denn geglaubt? Keiner, Mr. Sinclair. Man hätte mich als eine Spinnerin dargestellt. Oder?«
»Das kann schon sein.«
»Bitte.« Der Riemen des Gewehrs rutschte über ihre Schulter.
Gerda nahm die Waffe in die Hand und stemmte sie mit dem Kolben gegen den Boden. »Dann müssen wir wieder zurück.«
»Sie gehen zurück. Das heißt, ich bringe Sie bis zur Hütte.«
»Ach. Und was machen Sie?«
»Ganz einfach. Ich schaue mich in der Umgebung um.«
Ich war nicht eben in Jubelstimmung, als wir wieder auf die Lichtung traten. Dort hatten sich die Schatten verändert. Trotz des schönen Tages war der Herbst zu spüren, denn eine leichte Feuchtigkeit lag über allem. Man sah sie nicht. Sie war nur zu spüren. Auch das gehörte zu einem Altweibersommer.
Vor der Tür blieben wir stehen. Gerda Simmons seufzte auf.
»Wollen Sie wirklich los?«
»Ja.«
»Und wenn es dunkel wird?«
»Deshalb gehe ich ja jetzt los.«
»Heißt das, dass Sie bei Einbruch der Dunkelheit zurückkehren?«
»Das hatte ich vor.«
Sie nickte mir zu und drehte sich dann herum. Ich wartete noch, bis sie die Tür geöffnet und einen ersten Blick in die Hütte geworfen hatte. Es gab dort keine Veränderung. Es wartete auch niemand auf uns.
Ich winkte ihr zu, schärfte ihr ein, die Augen offen zu halten und machte mich dann auf den Weg in einen Wald, der mir düster, unheimlich und märchenhaft vorkam…
***
Gerda Simmons blieb in der offenen Tür stehen und zog sich erst zurück, als sie John Sinclair nicht mehr sah. Sie hatte den Mann erst vor kurzem kennen gelernt und schon Vertrauen zu ihm gefasst.
Obwohl sie nicht wusste, ob er es tatsächlich schaffte. Wenn sie an ihn dachte, musste sie ihre Meinung über Polizisten revidieren. Sie kannte sie zumeist aus dem Fernsehen, hatte sie erlebt, als die Mitglieder der Mordkommission Fragen gestellt hatten, und war von ihrer Kälte oder Neutralität nicht eben begeistert gewesen.
Aber wer in einem solchen Beruf arbeitete, der musste seine Gefühle zu Hause lassen.
Sie ging
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