1338 - Der Killer Suko
geistigen Auge der jungen Leute die schreckliche Gestalt des Schwarzen Tods.
Also hatte sich Saladin auf seine Seite gestellt und war unter Umständen mit dessen Kraftfutter genährt und noch stärker gemacht worden. Durch den Besitz des Kreuzes hielt ich eine Gegenkraft in der Hand. Auch wenn mein Kreuz direkt nichts gegen den Schwarzen Tod ausgerichtet hatte, so musste ich jetzt voll und ganz darauf setzen, denn damals, als ich den Schwarzen Tod vernichtet hatte, war mir die Formel zur Aktivierung des Kreuzes noch nicht bekannt gewesen.
Nun lagen die Dinge anders. Ich hatte dazugelernt und hielt mein Kreuz in der Hand.
Suko kniete noch immer auf dem Boden. Er schüttelte den Kopf.
Sein Körper schwang leicht hin und her, aber er kippte nicht. Er war noch dabei, sich zu sammeln.
Justine Cavallo hatte sich aus meiner unmittelbaren Umgebung zurückgezogen. Verständlich, denn eine wie sie konnte dem Kreuz nichts abgewinnen. An der offenen Tür sah ich die Gesichter zweier Männer und einer Frau. Es musste sich inzwischen herumgesprochen haben, dass in dieser Klinik etwas falsch lief. Zum Glück verhielten sich die Menschen vernünftig und betraten das Krankenzimmer nicht.
Für mich zählte nur Suko.
Er kniete, ich stand. Und ich schaute aus der Höhe zu ihm herab.
Ich wollte auch, dass er mich anschaute und nicht an mir vorbeiblickte. Deshalb sprach ich mit leiser Stimme seinen Namen aus.
»Suko!«
Er hörte mich. Seine Kopfhaltung veränderte sich. Er blickte hoch und sah in mein Gesicht.
Aber er sah auch das Kreuz, und ich wartete auf eine Reaktion.
Bei ihm trat sie nicht ein. Mein Freund und Kollege zuckte nicht mal zusammen, er stierte das Kreuz an, suchte auch meinen Blick, sodass ich ihm wieder in die Augen schaute.
Sie hatten sich leider nicht verändert. Noch immer enthielten sie den anderen Ausdruck, darin steckte noch ein Teil des verfluchten Saladin.
Wie bekam ich ihn weg?
Das waren nicht mehr die Augen, die ich kannte. Ich entdeckte Mordlust darin. Vielleicht galt sie jetzt mir. Bei ihm musste man mit allem rechnen.
Noch mal versuchte ich es durch eine Ansprache. »Bitte, Suko, du musst mir sagen, was mit dir los ist. Du musst reden. Du musst das andere abstreifen.«
Es war vergebens. Suko blieb ein Gefangener. Nichts an seinem Mordblick veränderte sich. Suko war und blieb in seinen Grenzen, die ihm Saladin gesteckt hatte.
Zudem erholte er sich immer mehr. Er pumpte bereits durch seinen offenen Mund die Luft in die Lungen. In der Kehle wurde ein Knurren geboren, das mir entgegenschallte.
Wie ich ihn einschätzte, stand er kurz vor einem Angriff. Er kannte mich nicht mehr. Vom Freund war ich zu einem Feind geworden.
Es blieb die letzte Chance.
Ich sprach nicht Suko an, sondern konfrontierte ihn mit der Formel. »Terra pestem teneto – salus hie maneto!«
Jetzt kam es darauf an!
***
In den nächsten beiden Sekunden geschah bei mir nichts. Ich hörte nur den wütenden Schrei der Justine Cavallo, dann huschte sie wie ein Schatten an mir vorbei, räumte die Leute an der Tür zur Seite und verschwand.
Ich aber stand auf dem Fleck. Ich hoffte, dass mein Kreuz reagierte. Es musste doch das Licht ausstrahlen. Seine riesige Energie, seine Helligkeit, die alles Dunkel überwand, auch die Schatten auf der Seele meines Freundes.
Es passierte nicht. Es gab kein Licht, das Suko einhüllte. Das Kreuz blieb in meiner Hand, und ich hatte das Gefühl, in den Boden einzusinken.
Genau das geschah nicht. Ich ging jetzt ein volles Risiko ein. Bevor Suko zur Gegenwehr ansetzen konnte, drückte ich ihm das Kreuz ins Gesicht hinein.
Beide Balken lagen plötzlich vor seinen Augen. Der senkrechte Teil berührte die Nase bis zum Mund, aus dem mir ein tiefes Stöhnen entgegendrang. Zugleich fing mein Freund an zu taumeln.
Er bewegte sich unkontrolliert nach hinten vom Kreuz weg.
Ich ließ ihn in Ruhe, aber ich wusste zugleich, dass etwas passiert war. Mein Kreuz hatte doch reagiert. Anders als ich gedacht hatte.
Möglicherweise durch eine neue Kraft, die ich bisher noch nicht kannte und die tief in meinem Talisman geschlummert hatte.
Kurz bevor Suko die Wand erreichte, stolperte er über seine eigenen Füße. Er kippte zurück, doch er fiel nicht zu Boden, weil er der Wand bereits zu nahe war, die ihn abfing.
Schließlich rutschte er an ihr herab. Ich fing ihn nicht ab. Nur mit den Blicken hielt ich ihn unter Kontrolle. Vor allen Dingen die Augen, in denen sich etwas tat.
Der Ausdruck, den ich so
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