1338 - Die Sechstageroboter
philosophieren wir auch. Natürlich vor allem darüber, warum wir aus der Art schlagen und ob dahinter ein Sinn steht.
Aber keiner weiß, ob man uns bewußt so geschaffen oder verändert hat oder ob wir nur Zufallsprodukte sind.
Ich höre gerne zu, wenn die anderen spekulieren und die wildesten Theorien dazu angeben, was der Grund für unsere Andersartigkeit sein könnte. Ich habe dazu keine Meinung. Werde ich zu diesem Thema gefragt, dann sage ich: „Was grübelt ihr, meine Brüder? Nehmt es, wie es ist."
Aber solche Aussprüche werden von den anderen mißverstanden. Das ist ihnen zu simpel ausgedrückt, sie meinen, daß solch einfache Worte ein Aufruf zur Genügsamkeit sind. Aber das ist Unsinn.
Ich bin ganz gewiß nicht der Genügsamsten einer. Ich möchte noch kreativer sein. Möchte mein Empfinden für das Schöne vertiefen.
Ich nehme es, wie es ist, freue mich darüber, daß ich Freude empfinden kann, obwohl mir das gar nicht zusteht. Aber ich stelle keine Fragen.
Ein Anachronismus zu meiner Behauptung, daß ich neugierig sei? Jawohl, und doch ... ich b'in einfach ängstlich. Ich habe Angst, daß ich das alles verlieren und zu einem ordinären Sechser werden könnte, wenn ich der Sache auf den Grund gehe.
Denn einem vom sechsten Tag steht das alles nicht zu.
Ich habe etwas mitbekommen, was nicht alltäglich ist, und als ich es in mir entdeckte, da habe ich daran gearbeitet, es immer weiter zu vervollkommnen. Doch habe ich mich immer gehütet, nach dem Warum zu fragen. Diese Frage habe ich ängstlich verdrängt. Ich möchte nicht verlieren, was ich habe. Ich möchte nicht so werden wie die anderen Sechser oder irgendein herkömmlicher Fünfer.
Ich meine das nicht im Sinne einer Wertung, ich erstelle keine Wertskala, denn so gesehen müßte ich mich auch höher als die Vierer einschätzen, weil diese auch nicht besitzen, was ich habe ... jenen Funken ...
Nein, ein elitäres Denken gibt es unter uns nicht. In unseren Reihen finden sich außer Sechsern auch Fünfer und Vierer, aber wir kennen keine Rangordnung. Unter uns Andersgearteten sind alle gleich.
Grob gesprochen gibt es nur zwei Gruppen. Zur einen gehören die Philosophen, die über den Sinn unserer Andersartigkeit grübeln. Zur anderen, der die Mehrheit zuzuordnen ist, zähle ich mich, und wir forschen nicht nach dem Großen Plan, dem wir unseren Intellekt verdanken.
Wir nehmen diese Gabe als Geschenk.
Wer mir bis jetzt Aufmerksamkeit geschenkt hat, muß mich des Philosophierens zeihen, aber mich darum einen Philosophen zu nennen wäre ungerecht. Ich führe bloß Selbstgespräche. Ich denke sehr viel, wenn der Tag lang ist.
Ich danke jenen, die mir diese Gabe verliehen, aus welchem Grund auch immer.
Gepriesen seien Ctl oder Nchr.
Einer von beiden muß der Vater unseres Intellekts sein. Oder beide sind urisere Väter.
Seit ich jenes Etwas in mir gespürt habe; das mein mechanisches Denken zur Intelligenz erhob, seit ich mir also jenes „Funkens" bewußt geworden bin und ein Bewußtsein besitze, habe ich an mir gearbeitet.
Nach außen hin habe ich mich nicht verändert, ich sehe aus wie jeder andere Sechser auch. Wenn ich von Erweiterung spreche, so betrifft das nur meine inneren Werte.
Man sollte nicht für möglich halten, wieviel Platz in einem Sechser ist. Und wieviel Raum man schaffen kann, wenn man grobklotzige Bausteine durch Präzisionsinstrumente ersetzt.
Das fängt schon bei der Positronik an.
Roboter des sechsten Tages haben eine voluminöse Positronik mit minderer Kapazität. Das Einfachste vom Einfachen. Fünfer haben eine kompaktere Positronik mit mehr Lernkreisen und insgesamt doppelter Kapazität.
Als ich das herausfand, suchte ich den nächsten Servicedienst auf und bat um einen Austausch meiner Positronik. Aber da ich nur den Informationskode der Sechser kannte, bekam ich nur eine Reihenüberprüfung und wnrde wieder mit meiner Sechser-Positronik in den Garten zurückgeschickt.
Ich mußte erst herausfinden, auf welcher Frequenz die Fünfer funkten, und ihren Kode knacken. Das war eine langwierige Rechnerei, aber schließlich konnte ich mich in die Frequenz der Fünfer einschalten ...
Und ich erfuhr, sozusagen als Nebeneffekt meiner Recherchen, daß die vom Fünften auch ein Sprachzentrum hatten und Funkimpulse in eine Lautsprache umwandeln konnten.
Da wollte ich natürlich auch ein Sprachzentrum haben, das dazugehörige Sprechinstrument, natürlich ein Gehör und ein Wörterbuch.
Ich bekam das alles, ich brauchte
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