1341 - Der Spion von Kumai
berichtete Bull. Die „Seele" der LOVELY &BLUE würde jedes Wort auswerten und per abhörsicheren Psifunk an die EXPLORER weitergeben. Diesmal störte kein Schienenfahrzeug seinen Weg. Alle Vorsicht erwies sich als überflüssig.
Ein Blick auf die Karten zeigte, welche Abzweigung zur anderen Werftkuppel führte.
Bull wollte dort zunächst abwarten und am Ende einen Vorstoß zur Zentralpositronik von Kumai unternehmen.
Hoffentlich hatte er Erfolg. Wenn nicht, blieb das Rätsel der Kartanin weiterhin ungelöst
6.
Dri-Mei-H'ay hatte das Desaster mit dem Mutterschiff der Fremden gerade verdaut, als die nächste Hiobsbotschaft eintraf. Über ihr Armbandfunkgerät erhielt sie Nachricht von einem Aufstand der Kranken. „Nimm einen Paratautropfen!" befahl sie der Frau, die ihr am nächsten stand. Sie war als starke Teleporterin bekannt. „Bringe mich in die Zentrale, rasch!"
Den Entzerrungsschmerz verdrängte Dri-Mei-H'ay im Bruchteil einer Sekunde. Unverzüglich übernahm sie die Koordination aller Bemühungen. Fängerkommandos mußten zusammengestellt und in den Einsatz geschickt werden. Aus den Notreserven wurde Paratau herbeigeschafft. „Was ist geschehen?" fragte sie die Leiterin der Esper-Polizei. „Wie konnten die Kranken an Paratau gelangen?"
„Wir wissen es noch nicht", gab die andere erstaunlich nüchtern zurück. „Aber du kannst dich darauf verlassen, daß wir es herausbekommen, Protektorin."
Dri-Mei-H'ay gab sich damit zufrieden. Im Augenblick hatten schadenbegrenzende Maßnahmen Vorrang.
Eine Stunde später war alles ausgestanden. Alle Kranken bis auf eine hatten gestellt und betäubt werden können. Nur die Identität der fehlenden Person bereitete Dri-Mei-H'ay Kopfschmerzen. Es handelte sich um die einzige Überlebende vom Schiff der Fremden. Weshalb ausgerechnet sie? Die Protektorin wußte es nicht. Sie hatten ja nicht einmal herausbringen können, über welches parapsychische Talent die ehemalige Paratauwächterin verfügte. Vielleicht war sie Teleporterin gewesen. In ihrem Zustand der geistigen Verwirrung hätte sie leicht in die Wildnis hinausspringen und ersticken können.
Trotzdem setzte die Protektorin einen Trupp mit Infrarotspürern auf die Vermißte an. „Wie dem auch sei", murmelte Dri-Mei-H'ay. Sie würde später alles erf ahren. Jetzt mußte sie Mei-Lao-T'uos, Ali-Sin-G'ahd und vor allem Mia-San-K'yon Rede und Antwort stehen -eine Aufgabe, auf die sie nicht eben erpicht war.
Auf dem Gang zum nächsten Konferenzzimmer begegnete ihr Ging-Li-G'ahd. „Dich habe ich gesucht, Protektorin. Bitte, auf ein paar Sekunden."
„Nicht jetzt, Ging-Li", gab sie zurück. „Ich bin in Eile."
„Es ist wichtig."
Dri-Mei-H'ay überlegte. Die andere war zwar ihre ärgste Rivalin, aber sie würde niemals grundlos auf einer Unterredung bestehen. „Nun gut", gestand sie zu, „sprich!"
„Es geht um mein besonderes Talent. Ich habe im untersten Bereich meiner Wahrnehmungsfähigkeit etwas aufgespürt ... Was es ist, kann ich nicht sagen. Vielleicht eine Botschaft, ein Funksignal, vielleicht auch eine Täuschung. Aber es kommt aus den sieben Kuppeln."
„Wir Lao-Sinh sind außerstande, Funksignale dieser Frequenz zu erzeugen ... Du mußt dich irren, Ging-Li-G'ahd."
„Ich kann das nicht ausschließen, Protektorin." Ging-Li-G'ahd schaute zum erstenmal, seit Dri-Mei-H'ay sie kannte, ein wenig unglücklich drein. „Trotzdem muß ich dich bitten, mir weiterhin Paratau in ausreichender Menge zu bewilligen. Vielleicht handelt es sich bei dem Phänomen um eine Bedrohung Kumais. Alles ist potentiell gefährdet, solange ich nicht den Ursprung gefunden habe."
„Wann wird es soweit sein?"
„Ich weiß nicht. Im ungünstigsten Fall läßt sich gar nichts machen."
Dri-Mei-H'ay überlegte ein paar Sekunden. „Du sollst die Tropfen haben", entschied sie dann. „Halte mich auf dem laufenden, Ging-Li-G'ahd."
Nachdenklich schaute die Protektorin der anderen nach. Ihre Hauptsorge allerdings lag derzeit bei der nächsten halben Stunde. Mia-San-K'yon und die beiden andereru Protektorinnen warteten schon.
Auf dem Weg zur zweiten Werftkuppel blieb er unbehelligt. Diesmal kam kein Schienenfahrzeug unverhofft vorbei. Wie es ihm schon zur Gewohnheit geworden war, hielt er sich auch diesmal nahe bei den dunklen Nischen.
Hatte er die Kartanin tatsächlich abgeschüttelt? Es schien fast so. Dennoch hegte er Zweifel - in seinem langen Leben hatte er öfter Überraschungen hinnehmen müssen, als ihm lieb
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