1347 - Am Ereignishorizont
Ausdrücken der Heiterkeit und der Belustigung zumute gewesen war.
Selbst die Maske war nicht die größte der Leistungen, die Herkor nan Voor an seinem Patienten vollbracht hatte. Der Ara hatte Tal Kers genetische Substanz ausgetauscht. Im Lauf eines Jahres hatte er aus dem pterischen Klon ein gänzlich neues Wesen gemacht. In Tal Kers Muskeln steckte mehr Kraft, als sie je ein Sotho aufzubringen vermochte. Seine Beweglichkeit war um einen Faktor fünf größer als die des besten Meisterschülers, der je eine Upanishad absolviert hatte. Sein Gehirn war in das organische Äquivalent eines Array-Prozessors verwandelt worden: Es konnte Dutzende von nicht zusammenhängenden Eindrücken auf einmal verarbeiten und auf jeden getrennt reagieren.
Er war eine organische Maschine -nicht nur in bezug auf die Struktur seines Körpers. Er war eine Maschine, weil er nur einen einzigen Daseinszweck kannte: Tyg Ian zu vernichten.
Er hatte Herkor nan Voor fürstMch belohnt, wie es abgemacht war. Und dann hatte er ihn getötet. Denn der Ara hätte seinen neugewonnenen Reichtum verdoppeln können, wenn er zu Tyg Ian gegangen wäre und ihm berichtet hätte, wie er mit Tal Ker verfahren war. Der Alte war habgierig. Er hätte diesen Gang unternommen. Dagegen mußte Tal Ker sich schützen
3.
Julian Tifflor begrüßte den kleinen Mann mit dem großen Kopf mit einer respektvollen Verneigung. „Ich habe auf diese Begegnung gewartet", sagte er freundlich. „Ich habe viel von Sato Ambush gehört."
„Ich hoffgute, du hast nichts Unerfreuliches zu hören bekommen", erwiderte der Pararealist. „Im Gegenteil", lachte Tifflor. „Es gibt solche, die dich einen Magier nennen."
„Die Pararealistik ist eine exakte Wissenschaft", seufzte Sato Ambush. „Leider passen die Resultate, die sie erzielt, so wenig in das herkömmliche Vorstellungsvermögen, daß sie oft als Zauberei betrachtet werden."
Tifflor hatte Getränke und Petits fours bereitstellen lassen. Sato Ambush bediente sich mit der höflichen Bescheidenheit des Gastes, der eigentlich nur zugreift, weil er den Gastgeber nicht enttäuschen möchte. „Bevor ich beginne", sagte er, „möchte ich klar zum Ausdruck bringen, daß die Hypothesen, die ich dir vorzutragen gedenke, keineswegs nur von mir allein entwickelt worden sind. Im Gegenteil: Von mir stammen nur einzelne Randanalysen, in denen ich gewisse Aspekte der Theorie mit pararealistischen Mitteln auf ihre Wahrscheinlichkeit getestet habe. Die Menge der theoretischen Arbeit wurde von Enza Mansoor und Notker Kantus geleistet."
„Unseren synergistischen Genies", nickte Julian Tifflor. „Ich kenne sie und habe hohe Achtung vor ihren Leistungen."
„Sie sind in der Tat Genies", lächelte Sato Ambush, „solange sie zusammenarbeiten. Ich wollte nur, sie kämen im Privatleben annähernd so gut miteinander zurecht."
Julian Tifflor setzte sich bequem zurecht und gab so dem Gast zu verstehen, daß er bereit sei, seinen Vortrag anzuhören. Das Gespräch fand in einem der kleinen, behaglich eingerichteten Räume statt, die zu Tifflors Privatunterkunft gehörten. „Die Verwandlung der Milchstraße in eine Materiesenke", begann der Pararealist, „erfordert eine ungeheure Massenkonzentration im Zentrum unserer Galaxis. Die haben wir ja schon, möchtest du vielleicht sagen. Immerhin umfaßt das Gigant-Black-Hole einhundert Millionen Sonnenmassen. Trotzdem, entgegne ich dir daraufhin, ist die gravitomechanische Lage der Milchstraße stabil. Die Rotation der Sterne erzeugt Fliehkräfte, die den Sog der Gravitation ausgleichen.
Sotho Tyg Ian wird also das Black Hole, was die Masse anbelangt, wenigstens um eine Größenordnung erweitern müssen. Wächst das Schwarze Loch über eine Milliarde Sonnenmassen hinaus, bricht das gravitomechanische Gleichgewicht der Milchstraße irreversibel zusammen. Es kommt zum Kollaps. Ob der Sotho eine, zwei oder drei Milliarden Sonnenmassen im Black Hole konzentriert, hat einen Einfluß nur noch auf die Zeitdauer des Kollapses.
Bis jetzt habe ich dir nur Triviales erzählt. Das Wichtige kommt jetzt. Wie bringt es der Sotho fertig, die Masse des Schwarzen Loches zu verzehn-, verzwanzig- oder zu verdreißigfachen? Hier kommt Enzas und Notkers Hypothese ins Spiel. Dem Sotho stehen ungeheure Energiemengen zur Verfügung - nämlich die, die in der Vergangenheit aus dem Black Hole gewonnen wurden und jetzt im Stygischen Netz sowie in der Faust des Kriegers gespeichert sind. Wenn die Milchstraße
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