1347 - Der Schwarze Tod, Assunga und ich
Und es drehte sich beim Vorankommen tatsächlich um die eigene Achse.
Als der größte Teil des Körpers die Höhle verlassen hatte, richtete es sich vorn auf. Es pendelte mit dem Kopf hin und her und suchte dabei neue Nahrung.
Ich zielte genau.
Sally Cato wusste, dass es besser für sie war, wenn sie sich zurückhielt und mich nicht störte. Die Bewegungen meiner Pistole glich ich mit denen des Monsters ab.
Zu lange durfte ich nicht warten. Ich wollte auch nicht mehrere Kugeln vergeuden.
Dann schoss ich!
Der Krach klang in der Stille so laut, dass er fast die Felsen zerrissen hätte. Zumindest umwehte uns ein entsprechendes Echo.
Ich konnte stolz auf meinen Volltreffer sein, denn das geweihte Silbergeschoss hatte die Mitte des platten Gesichts erwischt und das Ding zerfetzt.
Alles flog zur Seite weg. Ich hielt die Hand vor mein Gesicht, um nicht von den Resten getroffen zu werden. Zwei Sekunden später sank sie wieder nach unten.
Vor mir lagen die Reste. Nicht nur der Kopf war zerfetzt worden, auch der Wurmkörper sah nicht mehr so aus wie vorher. Was noch an Resten vorhanden war, hatte sich zusammengezogen und sah aus wie der Teil von einem faulen Fisch.
Ich drehte mich zu Sally Cato um. Die dunkelhäutige Hexe hatte sich etwas zurückgezogen. Sie kniete noch immer am Boden. Als sie mich ebenfalls anschaute, schüttelte sie den Kopf.
»Ich weiß nicht, was es gewesen ist.«
»Da bin ich auch überfragt. Am besten bleiben wir dabei, dass es sich um einen Helfer des Schwarzen Tods handelt. Er fängt damit an, die Welt hier mit Leben zu füllen.«
Sally legte den Kopf zurück und lachte laut auf. »Mit Leben, sagst du? Was ist das für ein Leben?«
»Sein Leben. Oder das, was der Schwarze Tod unter Leben versteht. Wir müssen hier mit anderen Maßstäben rechnen.«
»Das habe ich auch bemerkt.« Ich rutschte vor und an den Resten des Wurms vorbei. Dann leuchtete ich in den Eingang des Tunnels hinein, weil ich sehen wollte, ob sich in der Tiefe versteckt noch andere Gestalten seiner Art aufhielten. Nein, da sah ich nichts, da bewegte sich auch nichts, und es war auch nichts Verdächtiges zu hören.
»Es war der Einzige«, erklärte ich Sally.
Die gab mir keine Antwort, weil sie sich um ihre Freundin Leila kümmerte. Die Hexe, die mich so reingelegt hatte, war zu Boden gekippt. Sally saß neben ihr und schaute sie an.
Sie sprach mit ihrer Freundin, erhielt jedoch keine Antwort. Leila war nicht mehr fähig, zu sprechen, und das ließ schlimme Befürchtungen in mir hochsteigen.
»Was ist mit ihr?«, fragte ich.
»Keine Ahnung.«
»Ist sie tot?«
»Scheiße, ich weiß es nicht.«
Ich leuchtete schnell das Innere der Mulde ab, aber es gab keine fremde Gefahr zu sehen. So konnte ich mich bedenkenlos um Leila Franklin kümmern.
Auch wenn sie lebte, würde ihr für den Rest der Zeit der Arm fehlen.
Andererseits war sie eine Hexe. Möglicherweise besaß sie besondere Kräfte, die ihr Assunga mitgegeben hatte, sodass sie sich wieder regenerierte.
Leila richtete sich auf. Es geschah so plötzlich, dass sogar Sally überrascht wurde. Mit der noch vorhandenen Hand strich sie über ihre Armwunde hinweg. Das Gesicht zeigte dabei ein Grinsen, und die Haut bekam eine andere Färbung.
Ich hielt mich sicherheitshalber zurück, aber das Grün in ihrem Gesicht konnte ich nicht übersehen. Ich wollte ihr schon eine Frage stellen, als sie einen Schrei ausstieß, ihren Arm in die Höhe reckte und sofort danach zusammenbrach.
Steif wie ein Brett blieb sie liegen.
Einige Sekunden verstrichen in atemlosen Schweigen. Sally Cato schaute auf ihre Freundin herab. Ihr Blick war sehr gespannt. Es dauerte nicht lange, bis sie den Kopf schüttelte.
»Ihr kann keiner mehr helfen. Sie ist tot!«, kommentierte sie.
Ich war da noch skeptisch. »Woher weißt du das?«
Sally zeigte mir ein kaltes Grinsen. »Es ist besser, wenn sie nicht mehr lebt. Assunga hat für ihren Tod gesorgt. Sie wäre mit dem einen Arm nur ein Hindernis gewesen und eine Beute.« Gelassen hob Sally die Schultern. »So ist sie unbrauchbar geworden. Ihr Pech. Aber damit müssen wir alle rechnen. Das haben wir vorher gewusst, als wir uns Assunga zuwandten, denn ihr Geist steckt in uns allen. Sie gibt uns immer einen Teil von sich mit.«
Ich nahm die Worte kommentarlos zur Kenntnis, auch wenn ich sie als grausam empfand. Es gab eben Unterschiede zwischen uns normalen Menschen und jenen, die nur aussahen wie Menschen.
Dazu zählte die Schattenhexe
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