1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber
für Maxine Wells und mich. Wir hatten den Wald erreicht und stellten fest, dass es hier keinen Weg gab, obwohl Carlotta hier mit ihrem Rad gefahren war.
Ich blieb stehen. Maxine war etwas verwundert. Sie drehte den Kopf und schaute mich über ihren Schal hinweg an.
»Was hast du vor?«
Ich fingerte bereits nach meiner kleinen Lampe. »Ich werde mal das Licht einschalten und mich umschauen.«
»Findest du das gut?«
»Warum sollte ich es nicht?«
»Man könnte uns sehen.«
Meine kalten Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. »Wäre das tragisch? Wir wollen Lilian sehen, und sie wird praktisch auf uns warten.«
»Okay, es ist deine Entscheidung.«
Auf meine kleine Leuchte konnte ich mich verlassen. Sie funktionierte auch in dieser Kälte, nur sah der gelbliche Strahl aus wie eine lange Eisstange.
Ich bewegte ihn in die Runde. Das Licht fand genügend Lücken zwischen den Bäumen.
Keine Tiere schreckten wir auf. Sie hielten sich versteckt oder schliefen. Diese Welt war zu einer völlig anderen geworden. Sie kam mir so fremd vor, und selbst die Stille war unheimlich.
Die Lampe schickte schon ein kräftiges Licht ab, das auch in den leichten Dunst hineinstrahlte, sodass wir ab und zu die hellen Wolken sahen, die so eisig in ihrem Inneren schimmerten und glänzten. Hier gab es nichts, was an Leben erinnerte, und ich fragte mich, wer sich hinter der Gestalt der Lilian verbarg.
Ein Mensch?
Nein, kein normaler, denn wenn sie normal gewesen wäre, hätte sie sich bei dieser Kälte nicht so dünn angezogen bewegen können.
Sie war die Frau mit der Lilie, und sie wollte diese Blume einsetzen, um andere Menschen zu ersticken.
Warum?
Maxine Wells berührte mich am Arm. »Es hat keinen Sinn, John, steck die Lampe weg.«
»Na, ich weiß nicht. Irgendwo muss sie doch sein.«
»Lass uns weitergehen.«
»Moment noch.« Ich hatte während ihrer Worte weiter in den Wald hineingeleuchtet und glaubte auch, so etwas wie einen Weg oder Pfad entdeckt zu haben. Deshalb schickte ich den Strahl dort noch mal hin, um mich zu vergewissern.
Es stimmte. Wenn man genau hinschaute, konnte man den schmalen Weg sehen. Es musste der sein, den auch Carlotta durch den Winterwald genommen hatte.
Ich sagte Maxine Wells Bescheid. Sie nickte und meinte: »Dann lass uns hingehen.«
Wir schlugen uns wieder durch den Wald. Der Boden war steinhart gefroren, aber nicht nur er. Auch die Wurzeln der Bäume, die aus der Erde gekrochen waren, bildeten glatte Fallen. So mussten wir sehr genau Acht geben, um nicht auf einer der Wurzeln auszurutschen.
Unter unseren Füßen knirschte das Laub.
Wir duckten uns unter Zeigen und Ästen hinweg. Ich war zwar dick angezogen, merkte aber, dass die verdammte Kälte sich allmählich auf der Siegerstraße befand und durch den schützenden Stoff der Hose in meine Beine kroch. Ich hätte mich gern schneller bewegt, doch das war nicht möglich. Zu uneben und eisglatt war der Untergrund.
Maxine blieb mir auf den Fersen. Hin und wieder stieß sie einen wütend klingenden Laut aus, und schließlich erreichten wir den Weg, ohne dass wir gefallen wären.
Hier schaltete ich wieder meine Lampe ein. Ich leuchtete nach vorn, auch zurück und erkannte, dass der schmale Pfad sich wie eine Schlange durch den Wald zog. Rechts von uns lag das freie Feld. Eine eisige Fläche, über der der Dunst wie ein Deckel lag.
Von Lilian hatten wir noch immer nichts zu Gesicht bekommen.
Allmählich stellten wir uns die Frage, ob sie sich überhaupt hier in der Umgebung aufhielt. Es konnte auch anders sein, sodass sie dieses enge Feld verlassen hatte und bereits auf dem Weg zu ihrem nächsten Opfer war, um es zu ersticken.
Nein. Das klang zu unwahrscheinlich. Zitternd blieb die Tierärztin neben mir stehen. Zwar wärmte die dicke Thermojacke ihren Körper, aber die Kälte erwischte noch immer die Gesichtshaut, die nicht geschützt war.
»Sieht nicht gut aus, wie?«
Ich hob die Schultern. »Meinem Gefühl nach muss sie sich hier aufhalten.«
»Warum zeigt sie sich dann nicht? Ist sie feige?«
»Keine Ahnung.«
»Oder spürte sie dein Kreuz?«
Mit dieser Frage lag Maxine gar nicht mal so falsch. Mein Kreuz hatte schließlich dafür gesorgt, dass sich gewisse Dinge änderten und eine böse Magie zerstört worden war.
»Wir werden den Wald weiterhin durchsuchen. Ich glaube daran, dass es hier zumindest ein Versteck gibt, in dem sich unsere Freundin verkrochen hat.«
»Das gefällt mir so an dir, John.«
»Was?«
»Dass du
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