1349 - Lilians tödlicher Blumenzauber
zufällig – warum sich das Schicksal entschieden hatte, in dieser Art und Weise zuzuschlagen, würden wir wohl nie herausfinden. Lilian war in das Geäst hineingeschleudert worden, und es gab Äste, die quer standen und auch gesund waren.
Der Frost hatte sie noch härter gemacht, und so waren zwei Äste in die Brust des Aibon-Wesens tief hineingedrungen. Sie hatten entsprechende Wunden gerissen.
Lilian hing über unseren Köpfen fest.
Aus einer Wunde fiel etwas nach unten und klatschte hart auf dem Boden auf.
Eine ölige grüne Flüssigkeit – Aibon-Blut…
Genau diese Tatsache bewies uns, dass Lilian Wood keine normale Frau war, auch wenn sie so aussah.
Carlotta stand am Rand des Wegs. Sie schüttelte den Kopf. Ihr Gesicht zeigte unverhohlen ihre Gefühle. Darin war abzulesen, dass sie das nicht gewollt hatte.
»Nein, nein, ich wollte nur…«
Ein Knacken unterbrach sie.
Durch das Gewicht der an ihnen hängenden Person hatten die beiden Äste nachgegeben. Sie brachen in Höhe des Stammes ab. Zuerst nur ein wenig, dann gaben sie noch einmal nach, und beim nächsten Knacken verloren sie den Kontakt mit dem Baum.
Zusammen mit den Ästen fiel Lilian Wood zu Boden. Sie rollte auf die Seite, und die Äste blieben in ihrem Körper stecken, sodass es aussah, als wäre sie doppelt gepfählt worden.
Das grüne Blut quoll weiterhin aus ihrer Wunde. Und es war noch etwas zerstört worden, das möglicherweise den Körper der Lilian zusammengehalten hatte.
Zwischen Kinn und Schlüsselbein erschien die nächste Wunde.
Dort riss die Haut in einer Breite von drei zusammengelegten Fingern auf. Kein Kopf fand da noch Halt.
Auch nicht der von Lilian Wood.
Er kippte weg und riss ab. Er rollte noch zur Seite und blieb dann bewegungslos liegen, während aus dem Halsstumpf weiterhin das ölige grüne Blut pumpte. Sie hatte die Natur überlisten wollen, doch die Natur hatte ihr letztendlich die Vernichtung gebracht.
Carlotta konnte die Szene nicht mit ansehen. Sie hatte sich gegen Maxine gedrückt und wurde von ihr umarmt.
Ich ging auf die Tote zu.
Sie besaß schon kein Gesicht mehr. Das war eingefallen, und aus mehreren Rissen sickerte die grüne Flüssigkeit. Ob das Zeug gefrieren konnte, wusste ich nicht. Jedenfalls würde es in den Waldboden einsickern. Irgendwann im Frühjahr, wenn der Boden wieder aufgetaut war.
Für uns gab es hier nichts mehr zu tun. Gemeinsam gingen wir zurück zu Maxines Wagen, denn wir alle waren froh, endlich ins Warme zu gelangen. Ob das Tor zu Aibon jetzt geschlossen war oder nicht, würde ich am morgigen Tag kontrollieren, jetzt freute ich mich erst mal auf einen kräftigen Schluck Rum…
ENDE
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