1354 - Strangeness-Schock
jetzt nur meine Befehle aus. Wo finde ich eine Warme, in die ein Mensch paßt?"
„Es gibt mehrere Badewannen im Medo-Center."
„Gut. Fülle eine mit kaltem Wasser. Die Temperatur soll bei etwa zehn oder elf Grad liegen. Dann entkleidest du Dr. Wjaslew Surok bis auf die Unterhose und wirfst ihn in die Wanne. Verstanden?"
„Ich habe verstanden, aber ich darf diesen Befehl nicht ausführen. Er gefährdet das Leben dieses Patienten."
„Du gefährdest dein kümmerliches Dasein, du Blechfigur!" herrschte ich ihn an. „Tu sofort, was ich sage!
Dies ist ein extremer Notstand, und da habe ich als Kommandantin alle Befugnisse."
Ohne weiteren Widerspruch eilte SM22 nach draußen. „Bist du sicher, daß du das Richtige tust?" fragte Posy vorsichtig an. „Natürlich nicht", gab ich zu. „Aber an einem kühlen Bad ist noch niemand gestorben. Und außerdem muß etwas getan werden, sonst ändert sich hier ja wohl nichts. Ich war ja auch nicht krank, und der Doc ist es ebenfalls nicht. Die ganze Besatzung steht unter einem Strangeness-Schock. Dieser wurde durch die Millionen aufgetauchter Sterne ausgelöst. Und ich will ihn durch einen kleinen Gegenschock aufheben.
Dabei nehme ich jedoch an, daß die Hauptwirkung des Strangeness-Schocks längst verklungen ist."
„Nun", meinte Posy, „vielleicht ist es besser, überhaupt etwas zu tun, als nur zu warten."
„Das sagte ich bereits, und darauf kannst du Gift nehmen!"
„Gift würde höchstens meinen Plasmazusätzen schaden, aber nicht mir. Oder was soll diese Bemerkung bedeuten, Kommandantin?"
Ich war es leid, unsinnige Gespräche zu führen. „Vergiß den Satz, Posy!"
„Ich kann nichts vergessen." Auch damit war er nicht zufrieden. Es war zum Haareausraufen, aber wenn ich der Positronik das gesagt hätte, hätte ich sie nur in weitere Verwirrung gestürzt. Also schwieg ich und wartete, bis SM22 erschien und mir mitteilte, daß das Bad vorbereitet sei.
Der Roboter begann nun, Dr. Wjaslew Surok zu entkleiden. Ich kam nicht umhin, für mich festzustellen, daß auch sein Körper fast makellos war.
SM22 schleppte den Bordmediziner in den Nebenraum. Dort hielt er ihn über den Rand der mit Wasser gefüllten Wanne. „Fallen lassen?" fragte er. „Oder vorsichtig hineingleiten lassen?"
Ich prüfte die Wassertemperatur und nickte zufrieden. „Vorsichtig", antwortete ich. „Und laß den Kopf ruhig draußen."
„Natürlich, Kommandantin. Ich bin ja keine Mördermaschine."
Ich beobachtete ihn, wie er behutsam zu Werke ging. Dadurch entging mir zunächst eine Bewegung in einer Ecke des Raumes. Aber Posy warnte mich. „Vorsicht, Nikki! Traumtänzer ist da!"
Ich fuhr herum.
Da tanzte ein vielbeiniges Wesen wirr hin und her. Seine dünnen Arme fuchtelten wild in der Luft herum.
Die Beine hüpften in wilden Sprüngen auf und nieder, vor und zurück. Ein zorniges Fauchen kam aus dem knospenartigen Kopf, der mich an eine verfaulte Runkelrübe erinnerte. „Ich schalte ein Fesselfeld", teilte die alte Bordpositronik mit.
Ich sah das matte Leuchten, das Traumtänzer umschloß, aber das seltsame Wesen reagierte nicht darauf. Sein Gekeife wurde nur noch lauter. Und jetzt verstand ich sogar ein paar Worte.
Traumtränzer sprach Interkosmo. „Der Falsche! Die Flasche! Du Flasche!" So etwa klang das, und es ergab keinen Sinn. Oder wollte mir diese Spukgestalt wirklich etwas mitteilen? „Wer bist du?" rief ich. „Was willst du?"
Ich bekam keine Antwort. Auch sonst konnte ich keine Reaktion des Wesens auf meine Worte feststellen.
Es löste sich plötzlich auf und entstand unmittelbar danach außerhalb des matt schimmernden Fesselfelds und neben der Badewanne. Seine dünnen Arme griffen nach Dr. Wjaslew Surok. SM22 reagierte mit der erwarteten Hilflosigkeit. Er starrte mich nur an.
Ich wartete noch ein paar Sekunden, um zu sehen, was die Spukgestalt wohl beabsichtigte. Gleichzeitig wies ich die Positronik an, ein Hochenergiefeld um Traumtänzer zu legen. Ich schätzte, daß sie dazu ein paar Sekunden benötigen würde.
Als ich erkannte, daß Traumtänzer den Doc aus der Wanne zerren wollte, griff ich ein. Ich feuerte eine schwache Ladung aus dem SERUN ab, die ich mitten in dem Spukwesen explodieren lassen wollte.
Schäden für die Umgebung brauchte ich nicht zu befürchten, denn ich wartete mit der Explosion, bis Posy das Energiefeld aufgebaut hatte. Beides geschah kurz nacheinander. Traumtänzers dünne Arme zuckten zurück. Ein Schrei drang an meine Ohren.
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