1355 - Der Kaiser kehrt zurück
hervorspähte und sich vergewissern wollte, daß er tot war. Argyris schaltete den äußeren Schutzschirm ab und blieb liegen. Aufmerksam verfolgte er, wie die Gestalt verschwand und sich in Richtung der nächsten Schleuse wandte. Der Vario erhob sich, desaktivierte auch das innere Schirmsystem und rannte los, so schnell er konnte. Er erreichte die Schleuse vor dem Attentäter und drückte sich in den Schatten einer Kiste.
Inzwischen war es in Kuppel drei lebendig geworden. Aus allen Winkeln eilten die Bewohner zum Unglücksort, und einige mochten nicht gerade lautere Absichten haben. Es war erschreckend, wie schnell sich die Psyche der Menschen veränderte. Sie merkten es nicht einmal, wie sie sich in einer Art Epidemie oder kollektiver Hysterie zu unberechenbaren Tieren entwickelten.
Argyris trat dem Attentäter in den Weg. Er kannte ihn nicht, er wußte nur, daß es einer der Exobiologen war, die die Karawane nach Estartu begleiteten. Er trug einen Schutzanzug und wollte die Kuppel verlassen. „So leicht kommst du mir nicht davon", grollte er.
Der Mann zuckte zusammen. Er wich rückwärts aus und wollte fliehen, aber der Kaiser war schneller. Er setzte ihm nach, und seine Pranken packten ihn und rissen ihn herum. „Warum hast du das getan?" schrie er ihn an. „Warum?"
„Dir haben wir das alles zu verdanken", schrie der Terraner außer sich. „Du bist eine seelenlose Maschine. Du hast nichts getan, um uns zu befreien und von dieser Teufelswelt wegzubringen. Du warst lange da draußen in der Einöde. Wer weiß, vielleicht hast du dich mit dem Teufel verbündet!"
„Komm mit!" Argyris zog den Widerstrebenden zur Schleuse und verließ mit ihm die Kuppel. Er brachte ihn hinüber zur Kuppel zwei. Sie stiegen in das erste Stockwerk empor und gelangten zu einem kleinen Trakt, in dem die medizinische Station untergebracht war. Die beiden Roboter am Eingang rückten auseinander, als der Vario ihnen das Kodesignal sandte. Er stieß den Mann vorwärts und in eines der Zimmer hinein, die sich an den kurzen Korridor anschlossen. Ein Blue saß auf einem Stuhl und sprang auf, als er die beiden sah. „Es ist soweit", zirpte Phanügy. „Es ist ein Baby, das geboren wird."
Auf einem Bildschirm war der Kreißsaal zu sehen. Ein weiterer Blue und zwei Medoroboter bemühten sich um eine Blues-Frau. Ihr gewölbter Bauch ließ keinen Zweifel aufkommen, daß sie schwanger war. „Und du bist der Vater", sagte Argyris tadelnd zu Phanügy. „Konntest du nicht besser aufpassen?
Gerade du als Blue?"
Er lachte und winkte ab, als der Geologe zu einer Erwiderung ansetzte. Er riß den Attentäter zu sich heran. „Was glaubst du, wer menschlicher ist? Jene Umstürzler, die die bezaubernde Halyfi töten wollten, weil ihr Bauch angeblich bewies, daß sie für die gestohlenen Essensrationen verantwortlich war? Oder du, der du mir nach dem Leben trachtest? Habe ich nicht das Mögliche getan? Niemand wäre in der Lage gewesen, mehr zu tun." Er deutete auf den Geologen. „Nicht einmal er konnte mit seinen überragenden Kenntnissen etwas tun. Und er hat die Rationen auch nicht gestohlen. Und da drüben, da kommt ein Kind zur Welt. Ist es nicht ein Wink des Schicksals, ein Symbol? Ist ein Kind nicht das, woran wir uns alle aufrichten können? Ihr vor allem, nicht ich, den ihr als seelenlosen Roboter anseht? Antworte mir!"
Der Mann, der ihm nach dem Leben getrachtet hatte, schlug endlich den Helm seines Schutzanzugs zurück. Wirre, verklebte Haare fielen ihm in das Gesicht. Er warf sich an Argyris vorbei zur Tür und stürzte hinaus aus der Station. Der Kaiser nickte dem Blue kurz zu, dann folgte er dem Exobiologen langsam.
Es war wie ein Schleier, der sich um den Geist von Derek Furney gelegt hatte. Er war nicht mehr Herr über seine Sinne gewesen, das hatte er inzwischen erkannt. Unendlicher Ekel vor sich selbst hatte ihn überkommen. Er war einfach hinausgestürzt und hatte sogar vergessen, den Helm zu schließen. Die Schleusenautomatik hatte ihn darauf aufmerksam gemacht und ihn erst hinausgelassen, nachdem er das Versäumnis nachgeholt hatte.
Der Exobiologe stürzte das Tal entlang bis zu seinem westlichen Ende. Er begegnete anderen Hanse-Spezialisten, aber er beachtete sie nicht. Er stellte seinen Helmfunk ab und rannte nur weg. Bereits nach hundert Metern spürte er die bleierne Schwere in seinen Gliedern. Er machte langsamer, und nach einem halben Kilometer begann er zu wanken. Er achtete kaum auf seine Umgebung, und als er
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