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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Helden geben, damit er Eure Feinde niederschlagen kann.»
    «Ihr habt meine Erlaubnis», hatte der König gesagt. «Gebt sie einem Mann, der guten Gebrauch davon macht!» Seine Stimme war fest, denn der Anblick der Klinge hatte ihm neues Selbstvertrauen eingeflößt. Er hatte ein Zeichen gewollt, einen Hinweis darauf, dass Gott Frankreich einen Sieg gewähren würde, und nun hatte er dieses Zeichen erhalten. Der Sieg war sein. Gott hatte es so bestimmt.
    Doch jetzt, als die Dämmerung über den Horizont kroch, spürte der König seine alten Zweifel wiederkehren. War es klug zu kämpfen? Der englische Prinz hatte demütigende Bedingungen akzeptiert, sollte Frankreich also diese Bedingungen durchsetzen? Aber ein Sieg würde etwas Kostbareres bringen. Der Sieg würde sowohl Ruhm als auch Reichtum bringen. Der König schlug ein Kreuz und sagte sich, dass Gott Frankreich an diesem Tag Erfolg schenken würde. Heute, dachte er, wird Crécy gerächt werden.
    «Was ist, wenn der Kardinal eine Waffenruhe vereinbart, Sire?», unterbrach d’Audrehem seine Gedanken.
    «Was der Kardinal vereinbart, kümmert mich einen Furz», sagte König Jean.
    Denn er hatte seine Wahl getroffen. Die Engländer saßen in der Falle, und er würde sie vernichten.
    Hinter sich die anderen, trat er aus dem Haus in eine wolfsgraue Morgendämmerung. Er legte einen Arm um die Schulter seines jüngsten Sohnes, des vierzehnjährigen Philippe. «Heute, mein Sohn, wirst du an meiner Seite kämpfen», sagte er. Der Junge war ausgerüstet worden wie sein Vater, von Kopf bis Fuß in Stahl. «Und heute, mein Sohn, wirst du erleben, wie Gott und Sankt Denis Frankreich mit Ruhm überschütten.» Der König hob die Arme, sodass ihm der Waffenmeister einen breiten Schwertgürtel um die Mitte schnallen konnte. Ein Knappe hielt eine Streitaxt, deren Schaft mit umlaufenden goldenen Ringen geschmückt war, während ein Stallknecht einen schönen, grauen Hengst heranführte, auf den der König stieg. Er würde wie seine Männer zu Fuß kämpfen, doch nun, in dieser vielversprechenden Morgendämmerung, war es von Bedeutung, dass die Männer ihren König sehen konnten. Er schob das Helmvisier auf, dann zog er sein poliertes Schwert und hielt es hoch über seinen Helm mit dem blauen Federschmuck. «Tragt die Banner voran», befahl er, «und entrollt die Oriflamme.»
    Denn Frankreich zog in den Kampf.
     
    Der Prince of Wales hatte, ebenso wie der französische König, den größten Teil der Nacht damit verbracht, sich seine Rüstung anlegen zu lassen. Die Engländer hielten sich schon seit vierundzwanzig Stunden in der Schlachtordnung bereit, und nun, beim Hellwerden, begannen die Männer zu murren, denn sie waren durstig, hungrig, und sie fühlten sich unbehaglich. Sie wussten, dass eine Schlacht am Vortag unwahrscheinlich gewesen war; es war Sonntag gewesen, und die Kirchenmänner hatten eine Waffenruhe Gottes verkündet, doch die Engländer hatten, für den Fall, dass der heimtückische Gegner die Waffenruhe brach, dennoch in der Kampflinie abgewartet, aber nun war es Montag geworden. Gerüchte machten sich in der Armee breit. Die Franzosen hätten zwölftausend Mann, fünfzehntausend, zwanzigtausend. Der Prinz hätte sie den Franzosen ausgeliefert, oder der Prinz hätte eine Waffenruhe vereinbart, doch trotz aller Gerüchte wurden keine Befehle zur Aufhebung ihrer Ordnung erteilt. Sie warteten alle in der Kampflinie, bis auf diejenigen, die in den Wald gegangen waren, um sich zu erleichtern. Sie beobachteten die Hügelkuppe im Nordwesten, hielten nach dem Feind Ausschau, doch nichts rührte sich dort in der Dämmerung.
    Priester gingen an der Linie entlang. Sie hielten Gottesdienste, teilten Brotkrumen an die Männer aus und spendeten ihnen die Absolution. Aus der Erde waren sie genommen, und zu Erde würden sie wieder werden, und es war ein alter Aberglaube, vor der Schlacht Erde zu essen. Männer betasteten ihre Talismane, sie beteten zu ihren Schutzheiligen und machten die Witze, die Männer vor der Schlacht immer machen. «Lass dein Visier offen, John. Wenn die gottverdammten Franzosen dein Gesicht sehen, laufen sie weg wie die Hasen.» Sie sahen, wie das schwache Licht der Dämmerung heller wurde und die Farben in eine tote Welt zurückkehrten. Sie redeten über vergangene Schlachten. Sie versuchten, ihre Unruhe zu verbergen. Sie gingen oft pissen. Sie bekamen Durchfall. Sie wünschten, sie hätten Bier oder Wein. Ihre Münder waren trocken. Die Franzosen hatten

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