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sagte der König, «und ich bin nicht geneigt, sie anzunehmen.»
«Ihr selbst habt sie vorgeschlagen, Sire», sagte Talleyrand respektvoll.
«Und die Engländer haben sie viel zu leicht akzeptiert. Daraus lässt sich schließen, dass sie Angst haben. Und dass sie Grund zur Angst haben.»
«Mit allem Respekt, Sire», schaltete sich Marschall Arnoul d’Audrehem ein. Er war fünfzig Jahre alt, kriegserfahren und auf der Hut vor den Bogenschützen in der gegnerischen Armee. «Jeder Tag, den sie länger auf diesem Hügel bleiben, Sire, schwächt sie. Jeder Tag steigert ihre Furcht.»
«Sie sind verängstigt und geschwächt», sagte Jean de Clermont, der zweite Marschall der französischen Armee. «Sie sind Schafe, die zur Schlachtbank geführt werden können.» Er lächelte seinen Marschallbruder spöttisch an. «Ihr habt Angst vor ihnen.»
«Wenn wir kämpfen», sagte d’Audrehem, «werdet Ihr den Arsch meines Pferdes vor Euch haben.»
«Genug!», zischte König Jean. Der König sah stirnrunzelnd einen Diener an, der mit einem Stapel Wappenröcke über dem Arm zu ihm kam. «Wie viele?»
«Siebzehn, Sire.»
«Gib sie an Männer aus dem Orden des Sterns aus.» Er drehte sich zum Fenster um und blickte zu dem schwachen Helligkeitsschimmer, der sich im Osten zeigte. Der König trug einen Wappenrock aus blauem Stoff, der mit goldenen Fleurs-de-Lys geschmückt war, und die siebzehn Wappenröcke, die der Diener über dem Arm trug, sahen ebenso aus. Falls es zur Schlacht käme, sollte der Gegner verwirrt werden und nicht erkennen, wer der König war, und die Männer aus dem Orden des Sterns gehörten zu den besten Kämpfern Frankreichs. Es war König Jeans eigener Ritterorden, eine Antwort auf den Hosenbandorden Englands, und heute würden die Ritter des Sterns ihren Monarchen beschützen. «Wenn die Engländer dumm genug sind, noch ein paar Tage länger auf dem Hügel zu akzeptieren, dann sei es», erklärte er Talleyrand.
«Also kann ich die Waffenruhe verlängern?», fragte der Kardinal.
«Stellt fest, was sie dazu sagen», erwiderte der König und winkte Talleyrand fort. «Wenn sie um Zeit bitten», erklärte er den übrigen Männern im Raum, «heißt es, dass sie gehörige Angst haben.»
«Ängstliche Männer sind leicht zu besiegen», stellte Marschall Clermont fest.
«Oh, wir werden sie besiegen», sagte König Jean und spürte einen Anflug von Unruhe aufgrund der Entscheidung, die er getroffen hatte.
«Wir kämpfen also, Sire?», fragte der Lord of Douglas. Er war verwirrt. Wollte der König wirklich kämpfen, oder wollte er die Waffenruhe verlängern? Sämtliche Männer im Raum waren die halbe Nacht wach gewesen, während ihnen Waffenmeister Lederwesten, Kettenhemden und Plattenrüstungen anlegten, und nun liebäugelte der König wieder mit der Vorstellung von einer Waffenruhe?
Der König runzelte die Stirn über diese Frage. Er schwieg. Er verlagerte sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen und kratzte sich an der Nase, doch dann nickte er zögernd. «Wir kämpfen», sagte er.
«Dank sei Gott», murmelte Clermont.
Der Lord of Douglas ging auf ein Knie. «Dann, mit Eurer Erlaubnis, Sire, möchte ich mit Marschall d’Audrehem reiten.»
«Ihr?» Der König klang überrascht. «Ihr seid derjenige, der mir erklärt hat, wir sollen zu Fuß kämpfen!»
«Ich werde in der Tat zu Fuß kämpfen, Sire, und mir ein Vergnügen daraus machen, Eure Feinde zu blutigem Brei zu schlagen, aber davor möchte ich mit dem Marschall reiten.»
«Dann sei es», gab ihm der König statt. Fünfhundert Ritter hatten Pferde, die aufwendig mit Kettenrüstungen, Plattenpanzern und Leder gewappnet waren. Diese großen Schlachtrösser würden die Bogenschützen auf den englischen Flanken angreifen, und wenn die Reiter die Bogenschützen auseinandergetrieben und mit Kampfäxten, Schwertern und Lanzen niedergemacht hatten, würde der Rest der Armee zu Fuß vorrücken. «Wenn die Bogenschützen tot sind, werdet Ihr Euch Prinz Charles anschließen», befahl der König, an Douglas gewandt.
«Das ehrt mich, Sire, ich danke Euch.»
Der Dauphin Charles, gerade achtzehn Jahre alt, würde den ersten Vorstoß der französischen Waffenknechte befehligen. Ihre Aufgabe war es, hügelaufwärts vorzurücken, in die Kampflinie der Engländer und Gascogner einzubrechen und sie niederzumachen. Der Bruder des Königs, der Duc d’Orléans, befahl die zweite Angriffseinheit, während der König selbst zusammen mit seinem jüngsten Sohn die
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