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1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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gern im letzten Augenblick hoch. Schütz deinen Kopf.»
    Langier nickte. «He, Jungfrau», rief er, «noch kannst du abhauen! Ich werde dich nicht verfolgen!»
    Roland legte die Lanze an. Sein Pferd machte winzige, tänzelnde Schritte. Eine schmale Karrenfurche verlief schräg vor ihm über den Boden, und er hatte sie bemerkt; er hatte gesehen, wo die Räder Furchen in die Erde gegraben hatten. Keine tiefen Furchen, aber ausreichend, um ein Pferd etwas aus dem Tritt zu bringen. Er würde links davon reiten.
    Er fühlte keine Aufregung. Eher fühlte er sich, als würde er sich selbst beobachten, als hätte er sich aus seinem eigenen Körper gelöst. In den nächsten Minuten würde einzig und allein Geschicklichkeit zählen, kaltblütige Geschicklichkeit. Er hatte Langier in den Turnierkämpfen nie gegenübergestanden, aber er hatte ihn kämpfen sehen und wusste, dass sich der Mann aus Paris gern tief im Sattel vorbeugte, wenn er zustieß. Dadurch wurde er zu einem kleinen Ziel. Langier würde sich vorbeugen und seinen schweren Schild benutzen, um die Lanze des Gegners abzuwehren, dann würde er schnell wie eine Schlange umdrehen und seine kurze, wuchtige Keule benutzen, um von hinten anzugreifen. Dieses Vorgehen hatte ihn schon oft zum Erfolg geführt. Die Keule steckte in einer tiefen Ledertasche an der rechten Seite seines Sattels hinter seinem Knie. Es dauerte nur einen Wimpernschlag lang, sie herauszuziehen. Sie herauszuziehen und zurückzuschwingen, und alles, was Roland mitbekommen würde, wäre ein unvermitteltes, weißes Aufblitzen in seinem Kopf, wenn die Keule seinen Helm traf.
    «Feigling!», rief Langier, um Roland aufzustacheln.
    Doch Roland sagte noch immer nichts. Stattdessen streckte er seinen linken Arm aus. Er ließ seinen Schild fallen. Er würde ohne ihn kämpfen.
    Diese Geste machte Langier rasend vor Wut. Ohne ein weiteres Wort rammte er die Sporen zurück, sodass sich sein Schlachtross mit einem Satz in Bewegung setzte. Roland tat das Gleiche. Die beiden Reiter kamen einander immer näher. Die Entfernung zwischen ihnen war nicht groß genug, um Galopp zu erreichen, aber die Pferde versuchten so schnell wie möglich zu werden. Beide Tiere kannten ihre Aufgabe genau, beide wussten, wohin ihre Reiter wollten. Roland lenkte sein Pferd mit den Knien und hielt sich knapp links von der Karrenfurche, und er hob seine Lanzenspitze, sodass sie Langiers Augen bedrohte. Inzwischen waren sie dicht voreinander, hörten nur noch das Trommeln der Hufe, Langier ließ sein Pferd nach rechts ausschwenken, und es kam etwas aus dem Tritt, als ein Huf auf eine unebene Stelle traf, Langier beugte sich vor, deckte seinen Körper mit dem Schild und zielte mit der Lanze auf den unteren Bereich von Rolands Brustpanzer, dann flog die Lanze aufwärts, und das Pferd strauchelte, und Langier versuchte verzweifelt, es mit dem Druck seines Knies nach rechts zu lenken, aber das Pferd war schon auf den Vorderläufen zusammengebrochen und rutschte übers Gras, das mit schaumigem Blut beschmiert wurde, und Langier sah, dass die Lanze seines Gegners nicht auf seinen Kopf gezielt, sondern sich in die Brust seines Pferdes gebohrt hatte.
    «Das hier ist kein Turnier.» Zum ersten Mal hatte Roland etwas gesagt. Er hatte sein Pferd umdrehen lassen, seine Lanze aufgegeben und sein Schwert gezogen, das er Durandal nannte, nun ritt er zurück zu der Stelle, an der Langier versuchte, sich unter seinem gestürzten, verendenden Pferd herauszuwinden. Langier wollte an die Keule kommen, aber das Pferd war auf die Waffe gefallen, und dann traf Durandal Langiers Helm. Sein Kopf ruckte heftig auf eine Seite, dann auf die andere, als das Schwert seinen Helm im Rückschwung erneut traf.
    «Nimm den Helm ab!», sagte Roland.
    «Geh und piss ins Arschloch deiner Mutter, Jungfrau.»
    Das Schwert schwang wieder herum, sodass Langier halb betäubt war, dann schob Roland die Schwertspitze zwischen den oberen Rand des geschlossenen Helmvisiers und den Visierrahmen des Helms. Die Schwertspitze traf auf Langiers Nasenrücken und wurde dort festgehalten. «Wenn du am Leben bleiben willst», sagte Roland ruhig, «dann nimm den Helm ab.» Er zog das Schwert zurück.
    Langier nestelte an den Schnallen des Helms. Die anderen Turnierreiter sahen zu, doch keiner machte den Versuch, ihm zu Hilfe zu kommen. Sie waren den Kampf Mann gegen Mann gewohnt, nicht zwei gegen einen, denn das wäre unritterlich, und deshalb sahen sie einfach nur zu, als Langier schließlich

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