Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
1356

1356

Titel: 1356 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
jubelten, nicht weil sie schon gesiegt hatten, sondern um sich anzufeuern und dem Gegner Furcht einzujagen. «Montjoie Sankt Denis!», riefen sie. «Montjoie Sankt Denis und König Jean!»
    Auf den französischen Flanken zogen Armbrustschützen mit. Jeder von ihnen hatte einen Begleiter, der eine große Pavese trug, einen mannshohen Schild, hinter dem die Armbrust in Sicherheit vor den tödlichen englischen Pfeilen gespannt werden konnte. Diese Pfeile flogen noch nicht. Die führenden Männer des französischen Angriffs sahen die dichte Hecke und die breiten Lücken darin, und durch die Lücken sahen sie die Engländer unter ihren Bannern. Die Visiere der Franzosen waren hochgeklappt und würden es bleiben, bis die ersten Pfeile kamen. Die Männer in den ersten Reihen trugen Plattenrüstungen, und die meisten von ihnen hatten auf einen Schild verzichtet; nur die Männer, die sich keine kostspieligen Plattenharnische leisten konnten, trugen einen Schild aus Weidenholz. Einige rückten mit gekürzten Lanzen vor, mit denen sie Engländer zu Fall bringen wollten, sodass sie von einem ihrer Gefährten mit einer Axt oder einer Keule oder einem Morgenstern getötet werden konnten. Nur wenige Männer hatten sich mit Schwertern bewaffnet. Ein Schwert konnte einen Plattenpanzer weder durchstoßen noch aufschneiden. Ein Mann im Harnisch musste mit bleibeschwerten Waffen niedergeworfen und mit Hieben zerschmettert und zu Brei geschlagen werden.
    Der Dauphin stieß keine Rufe aus. Er bestand darauf, in der ersten Reihe zu marschieren, obwohl er kein starker Mann wie sein Vater war. Prinz Charles war mager, feingliedrig, und langnasig, und seine Haut war so blass, dass sie an gebleichtes Pergament erinnerte, seine Beine waren so kurz und seine Arme so lang, dass ihn manche Höflinge hinter seinem Rücken
le Singe
nannten, aber dieser Affe war ein schlauer junger Affe, ein vorausschauender Affe, und er wusste, dass er die Führung übernehmen musste. Er musste dabei gesehen werden, wie er seine Männer anführte. Er trug eine Rüstung, die in Mailand für ihn angefertigt worden und mit Sand und Essig gescheuert worden war, bis sie die Sonnenstrahlen in blitzenden Lichtspeeren zurückwarf. Seinen Brustpanzer bedeckte ein blauer Wappenrock, in den mit Goldfäden die französischen
Fleurs-de-Lys
eingestickt waren, und in der Rechten führte er ein Schwert. Sein Vater hatte darauf bestanden, dass er den Schwertkampf erlernte, aber er hatte die Waffe nie gemeistert. Sechs Jahre jüngere Knappen konnten ihn beim Scheingefecht schlagen, und deshalb waren die Ritter an seiner Seite erfahrene Kämpfer mit schweren Schilden, die sein Leben schützen würden.
    «Wir hätten sie aushungern sollen», sagte der Dauphin, als sie sich der Hecke näherten.
    «Sire?», rief einer seiner Männer, der den Dauphin über die Trommeln, Trompeten und die Kriegsrufe hinweg nicht verstehen konnte.
    «Sie haben eine starke Stellung!»
    «Umso mehr Ruhm, wenn wir sie schlagen, Sire.»
    Diese Bemerkung hielt der Dauphin für töricht, aber er hielt seine Zunge im Zaum, und in demselben Augenblick erhaschte er ein weißes Aufflackern, und der Mann, der die törichte Bemerkung gemacht hatte, griff nach dem Visier des Prinzen und klappte es so heftig herunter, dass der Prinz einen Moment taub und leicht benommen war. «Pfeile, Sire!», rief der Mann.
    Die Pfeile wurden von den Enden der Hecke aus abgeschossen und gingen schräg auf die vorrückenden Einheiten nieder. Noch mehr Pfeile kamen von kleinen Gruppen Bogenschützen, die zur Bewachung der Lücken in der Hecke abgestellt waren. Der Dauphin hörte die Geschosse auf Schilde oder mit hellem Klang auf Rüstungen treffen. Er konnte nun kaum noch etwas sehen. Die Sichtschlitze des Visiers waren eng, und seine Welt war dunkel geworden, nur durchschnitten von den Sichtschlitzen, durch die ihn das Sonnenlicht blendete, und er spürte mehr, als er es sah, dass die Männer um ihn schneller vorrückten. Sie schlossen die Reihe vor ihm, und er war zu schwach, um sich zwischen sie zu drängen.
    «Montjoie Sankt Denis!», riefen die Waffenknechte, und sie riefen es immer wieder, sodass es wie ein einziges lautes Brüllen klang, ein unendliches Gebrüll, während die Krieger Frankreichs in die Lücke der Hecke vorstießen. Die Bogenschützen hatten sich zurückgezogen. Dem Dauphin fiel auf, dass die Engländer still waren, aber in demselben Augenblick schrien sie ihren Kriegsruf. «Sankt George!»
    Da war es: das erste

Weitere Kostenlose Bücher