1359 - Das Versprechen des Schwarzen Tods
würden wir nebenan keine frische Luft bekommen wie nahe der Tür, aber es ließ sich dort schon noch aushalten, denn der Rauch hatte sich bis auf einen Rest verzogen.
Aber unsichtbar klebte er noch als Geruch an den Wänden. Wir atmeten beide nur so wenig wie möglich.
Einst hatte hier eine stolze Statue gestanden. Nun war davon nichts mehr zu sehen. Der aschige Rest breitete sich wie ein flusenleichter Teppich vor unseren Füßen aus, und auch der kleinste Tritt wirbelte Aschereste in die Höhe.
Suko hatte sich eine lange Kerze besorgt. Ich hatte ihn schon nach dem Grund fragen wollen, doch das war nicht mehr nötig. Mit dem unteren Ende der langen Kerze stocherte er in den Ascheresten herum, die allerdings noch warm waren und den Kerzenwachs am unteren Ende zum Schmelzen brachten.
»Was hast du denn vor?«
Er zuckte mit den Schultern. »Ich will nur mal etwas nachschauen.« Er rührte weiter.
»Und wonach willst du schauen?«
Eine konkrete Antwort erhielt ich auch nicht. »Ich habe da einen bestimmten Verdacht.«
»Aha.«
Ich schaute weiterhin zu, wie Suko stocherte und dabei immer mehr Wachs von der Kerze abschmolz.
Plötzlich blinkte etwas an zwei verschiedenen Stellen im dunklen Grau der Asche.
»Da ist es, John!«
Ich bückte mich etwas und schaute genauer hin.
Ja, das waren sie. Sie hatten tatsächlich überlebt und waren nicht geschmolzen.
Die beiden Augen der Figur!
***
Auch bei größtem Optimismus hatte Saladin nicht damit gerechnet, einen schnellen Erfolg zu erreichen, aber was bisher passiert war, das konnte ihm nicht gefallen.
Ein leeres Haus. Keine Baphomet-Diener, auch keine Vampire. Dafür eine Statue, die man einfach nur als lächerlich ansehen konnte und die nichts brachte. Zumindest nicht für den, der kein Verhältnis zu dieser Figur hatte.
Auch mit Sinclair und Suko war er nicht zufrieden. Dabei hatte er ihnen nur helfen wollen und war dabei über seinen eigenen Schatten gesprungen. Aber die Schatten der Vergangenheit waren länger und überdeckten die Lösung, den Teufel mit dem Beelzebub auszutreiben. So etwas klappte eben nicht immer.
Ärgerlich und frustriert schritt Saladin die Stufen hoch. Er wusste nicht, ob auf der oberen Etage jemand lauerte. Er ging aber davon aus und verhielt sich dementsprechend. So leise wie möglich trat er auf und ließ seine Handflächen über den Lauf eines alten Eisengeländers gleiten, an dem Rost nagte.
Ihn erwartete nichts. Zumindest kein Geräusch, das ihn gewarnt hätte. So blieb er stehen, als er die letzte Stufe hinter sich gelassen hatte und ärgerte sich zugleich darüber, dass er keine Lampe besaß.
Er musste sich im Dunkeln weitertasten, bis er einen schmalen Flur erreichte, der einigermaßen hell war, weil durch die zahlreichen Fenster das beste Tageslicht auf den Boden fiel.
Sollte sich in dieser Ebene tatsächlich jemand aufhalten, dann war die Person ganz in der Nähe.
Nichts störte die Ruhe. Kein Atmen, kein Flüstern, es blieb diese bedrückende Stille.
Allerdings wurde sie unterbrochen. Nur spielte sich diese Unterbrechung nicht in seiner Nähe ab, sondern weiter von ihm entfernt, eine Etage tiefer.
Er drehte sich um und lauschte. Stimmen waren es nicht. Er hörte ein Rauschen, und wenig später bewegten sich zuckend seine Nasenflügel, als er den Gestank wahrnahm, der ihm über die Treppe hinweg entgegen wehte.
Rauch!
Es brannte also!
Er ging wieder ein paar Stufen tiefer und drehte den Kopf nach links. So konnte er aus einer besseren Perspektive erkennen, was sich da unten tat.
Der Widerschein des Feuers drang aus dem Nebenraum und reichte als Flackerteppich bis hin zur Eingangstür. Selbst aus dieser Distanz bemerkte er den fetten Qualm, der in trägen Bahnen durch den hallenartigen Eingang zog und von der offenen Tür wie magisch angezogen wurde.
Um den breiten, dünnen Mund des Hypnotiseurs huschte ein Lächeln. Er wusste jetzt, wo es brannte. Es musste die heilige Figur sein. Sinclair und der Chinese hatten sie angezündet. Es war klar, dass sie das Ding nicht einfach stehen lassen würden.
Irgendwie beruhigte ihn das. Saladin zog sich wieder zurück und knetete dabei seine dünne Gesichtshaut. Er dachte auch nach, ob er nicht doch wieder nach unten gehen sollte, aber sein Gefühl riet ihm davon ab. Er wollte hier oben bleiben und nachschauen, ob nicht doch noch jemand auf ihn lauerte.
Diesmal nahm er sich den Flur vor. Immer wenn er die helleren Stellen durchschritt, wurde aus dem schattenhaften Gebilde
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