136 - Chopper ruft die Leichen-Ladies
hatte. Aber der Schreck, ausgelöst durch die Geisterstimme und den
Beinahe-Unfall saß ihm noch derart in den Gliedern dass er zu einer klaren
Entscheidung nicht fähig war. Außerdem kam es ihm darauf an, den anderen so
schnell wie möglich loszuwerden. Und das erreichte er damit. Der Mann hockte
sich auf sein Rad und fuhr davon.
Mit gemischten Gefühlen kehrte Hans Botumba
zu seinem Taxi zurück. Die Tür zur Fahrerseite stand noch weit offen. Alles war
so, wie er es verlassen hatte. Botumba schlich um sein Fahrzeug herum und
blickte durch jedes einzelne Fenster. Vorsichtig öffnete er dann die linke
Hintertür und tastete die Rücksitze ab.
„Du solltest lieber wieder einsteigen!“, meldete
sich da die unangenehm klingende Stimme aus dem Nichts erneut. Botumba prallte
zurück. „Sonst könnte einer noch glauben, du willst das Auto stehlen. Wenn sich
dann noch herausstellt, dass du es selbst fährst, wird man glauben, du seist
nicht mehr ganz recht im Kopf.“
„Vielleicht bin ich das wirklich nicht“,
wisperte Botumba tonlos. „Vielleicht ist das der Anfang ... vom Wahnsinn ...“
„Quatsch! Das ist der Anfang eines
Geschäftes, das dich ... reich machen kann.“
Auf diesem Ohr war Botumba nicht taub. Reichtum
war etwas, wovon ein Taxifahrer nur träumen konnte. Es sei denn, er machte
einen Riesengewinn in der Lotterie. Aber gewinnen ... taten immer nur die
anderen.
„Wieso willst du mich... reich machen? Bist
du ein guter Geist?“ Botumba fragte lauernd, und seine Augen befanden sich in
stetiger Bewegung. Er suchte noch immer das Wageninnere ab. Aber da war nichts
zu entdecken.
„Ja“, kicherte Chopper, „ich meine es gut mit
dir. Und um dir den Beweis zu erbringen, solltest du ganz schnell zu Malena
fahren.“
„Warum soll ich zu Malena fahren?“, fragte er
verwirrt.
„Du liebst sie, nicht wahr?“, fragte die
knarrende Geisterstimme.
„Ja, sehr.“
„Hast du dich jemals gefragt, ob sie dieser
Liebe auch würdig ist?“
„Das brauche ich mich nicht zu fragen, das
weiß ich.“
„So, das weißt du.“ Das unangenehme Lachen
drang jetzt aus dem Innenspiegel über dem Armaturenbrett. „Dann bist du dir
deiner Sache wohl sehr sicher, wie?“
„Ja.“ Hans Botumba beugte sich vorsichtig vor
und starrte in den Spiegel. Sein angespanntes Gesicht und die vor Schreck
geweiteten Augen blickten ihn an.
„Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser,
Botumba ... Willst du dich nicht davon überzeugen, ob sie dir... wirklich treu
ist?“ Die Frage klang lauernd, und jenes knarrende gespenstische Kichern
mischte sich darunter.
„Was willst du damit sagen?“
„Dass du dich mit eigenen Augen von ihrer
Treue und Liebe überzeugen sollst, das ist alles.“ Die Stimme kam aus dem
Rückenpolster des rechten Rücksitzes. „Ich weiß es, denn ich habe sie
beobachtet. Du aber glaubst es nur. Das macht den Unterschied.“
Botumba hatte das Gefühl, als würgte ihn ein
Kloß im Hals. Er schluckte trocken. Am liebsten wäre er davongelaufen und hätte
den Wagen an Ort und Stelle stehen gelassen. Das brachte er aber nicht fertig.
Unruhe, Angst und Neugier erfüllten ihn.
Die Neugier und plötzlich aufkeimendes
Misstrauen verdrängten alle anderen Gefühle.
„Fahr doch hin!“, stachelte Choppers
knarrende Stimme ihn auf. „Hast du Angst vor der Gewissheit?“
„Es gibt niemanden in ihrem Leben außer mir
entgegnete der junge Mann rau. „Warum quälst du mich so?“
„Oh, ich quäle dich? Das tut mir leid. Ich
denke, ich helfe dir. Nun, wenn du meine Dienste nicht willst, dann such ich
mir eben jemand anderen ... einen, der an meinem Angebot, reich zu werden,
interessiert ist. Ich weiß, wo ein Schatz vergraben liegt. Und ich hätte dir
die Lage mitgeteilt. Aber wenn du mir die Untreue deiner Braut nicht glaubst,
wirst du mir auch den Schatz nicht glauben.“ Choppers Geisterstimme kam jetzt
aus dem Außenspiegel.
Es war eine Stunde vor Mitternacht. Auf der
Straße herrschte noch reger Verkehr, auch Passanten waren unterwegs. All diese
Dinge registrierte Botumba aus den Augenwinkeln. Das normale Leben nahm seinen
Gang. Niemand kümmerte sich um ihn, niemand merkte, was hier vorging. Außer ihm
schien seltsamerweise niemand sonst die Stimme zu hören. Aber die anderen Leute
waren auch zu weit weg.
„Nein, warte!“, stieß er hastig hervor.
„Ja, was ist noch?“, fragte Chopper knarrend.
Ihm war die Verärgerung anzuhören.
„Ich habe es mir überlegt. Ich fahre zu
Malena. Und du
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