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1360 - Abschied der Vironauten

Titel: 1360 - Abschied der Vironauten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Nambaq siwa erstmals als Chorgesang zum Einsatz gekommen. Er musterte niedergeschlagen die leeren Ränge. Eine Sekunde lang schien das alte Leben zurückzukehren; Wettkampfatmosphäre sprang von den hundertfünfzigtausend Ophalern ringsum auf ihn über. Doch der Augenblick ging rasch vorbei.
    Salaam Siin ließ die Greifbüschel seiner sechs Armpaare zu Boden sinken und verharrte ein paar Minuten so. Was gab es zu tun bis zum Abend? Nichts ... Er setzte sich mitten ins Rund, seine Gedanken wanderten zwanglos ab. So verstrichen fast sechs Stunden, und Salaam Siin erhob sich, weil es Zeit war.
     
    *
     
    Im Halbschatten der hereinbrechenden Nacht wirkten die Gebäude der Nambicu ara wada wie jahrtausendealte Ruinen. Salaam Siin konnte nicht verhindern, daß die düstere Stimmung der Örtlichkeit auf ihn übersprang.
    Von einem der intakten Nebengebäude aus warf eine Handlampe trübes Licht. Die signalrote Borkenhaut eines Ophalers schälte sich aus dem Dunkel, doch gleich darauf glitt der Lichtkegel weiter und erfaßte Salaam Siin. „Hier herüber!" sang eine Baßstimme, deren Klang höchstens fünfzig Meter trug und die mit einem suggestiven Befehlsimpuls versetzt war.
    Der Meistersinger hätte dem natürlich nicht folgen müssen. Doch er wollte den Kontakt, und unter Umständen mochte es sich als günstig erweisen, sollten die anderen ihn unterschätzen. Bei aller Vertrautheit der Umgebung vergaß er nie die Gefahren seiner selbstgewählten Mission. Immerhin legte er sich, wenn man es recht bedachte, mit einem Singuva an. „Ich komme schon", gab er mit dumpfer Stimme zurück.
    Er stieg vorsichtig über lose Trümmer und mardakaanisches Unkraut, das in der künstlich angereicherten Atmosphäre der Südpolstadt üppig wucherte - jedenfalls dort, wo niemand seinen Wuchs bekämpfte. Von nahem machte er den Umriß einer Tür aus. Salaam Siin tastete sich vorwärts und gelangte schließlich in einen Gang, dessen Ende erleuchtet war. Hier standen zwei Ophaler; den ersten kannte er nicht, und der zweite hatte seinen Visiphonanruf entgegengenommen. „Jetzt bist du richtig. Erwarte allerdings nicht, Hagen Geen persönlich anzutreffen." Beide stießen durch den Membrankranz am Hals kichernde Laute aus, als beinhalte die Äußerung eine Pointe, die Salaam Siin zwangsläufig noch unbekannt war.
    Wartet nur, dachte er bei sich, ich. komme schon dahinter.
    Am Ende des Ganges tat sich eine kahle Halle auf. Es handelte sich um einen der ehemaligen Übungsdome, die vor allem fortgeschrittene Schüler der Nambicu ara wada genutzt hatten. Im grellen Licht einer Leuchtstoffröhre standen dort etwa zwei Dutzend Ophaler. Salaam Siin kannte keinen von ihnen, und er hatte es auch nicht anders erwartet. „Dies ist ein Teil der Hagen Geen", erklärte ein großer Ophaler. Salaam Siin hörte seiner Stimme an, daß der Schritt zum Meistersinger ihm kurz bevorstand. „Ich bin der Führer dieser Untergruppe, mein Name ist Gorzen Dei. Wie du meinen Worten entnehmen kannst, Fremder, ist Hagen Geen keine Person, sondern der Tarnname einer Widerstandsorganisation. Unser Ziel ist die Machtergreifung auf Mardakaan, unser einzig ernstzunehmender Gegner der Singuva. - Du hast doch von dem Singuva gehört?"
    „Deshalb bin ich hier. Berichte mehr von der Hagen Geen."
    Salaam Siin erkannte, daß sich in den Reihen der Ophaler Belustigung breitmachte. Inzwischen hatten sie ihn in die Mitte genommen und würden notfalls zum Kampf bereit sein. Das war logisch, dachte er.
    Jeglicher Widerstandskampf fußte auf Mißtrauen Fremden gegenüber. „O nein, Singer. Jetzt ist es an dir, zu berichten. Wie ist dein Name? Und welche Vorteile bringt deine Mitarbeit der Hagen Geen?"
    Salaam Siin sah ein, daß Schweigen ihn nicht weiterführte. Er hatte nur wenig Zeit, und so beschloß er, sich mit einem „Paukenschlag" der Spitze der Organisation zu nähern. Ein paar Atemübungen pumpten seinen Membrankranz am Halsansatz auf. Die ersten Töne erfüllten den Raum, jenen provisorischen Akustikdom, worin er selbst als Singlehrer so oft Unterricht gegeben hatte. Suggestive Impulse fügten der Melodie das tragende Element hinzu - und wenige Sekunden später erwuchs aus den Grundakkorden der Gesang der Heraldischen Tore von Siom Som.
    Ein paar seiner Zuhörer fielen summend, sacht unterstützend ein. Der psionische Kanon trug sie alle davon, sie alle priesen das gestürzte Wunder der großen Kalmenzone, ohne zu bedenken, wie sehr dies ihrem revolutionären Anspruch zuwider

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