1361 - Das Anklam-Projekt
noch irgendwo? Ins Standarduniversum war sie nicht zurückgekehrt. Wenn sie aber noch existierte, dann befand sie sich hier in Tarkan.
Aber wo?
Zunächst allerdings kam Perry Rhodan nicht dazu, sich mit solchen Überlegungen intensiv zu befassen.
Die Welt steckte noch immer voller Überraschungen. Als er die Antigravplattform betrat, nachdem er Liutalf verlassen hatte, und den Pikosyn gerade beauftragen wollte, ein paar Pfeifsignale zu produzieren, mit denen sich der Aufzug an das gewünschte Ziel dirigieren lassen würde, da hörte er eine freundliche Stimme, die auf kartanisch zu ihm sprach: „Ich bin dein Transportmittel. Du brauchst mir nur zu sagen, wohin du möchtest, und ich bringe dich dorthin. Natürlich sind meine Möglichkeiten beschränkt. Ich kann mich nur in diesem Schacht bewegen."
Verblüfft sah Rhodan sich um. Es war ohne Zweifel der Aufzug, der zu ihm gesprochen hatte. „Ich möchte zurück in mein Quartier", sagte er.
Prompt setzte die Platte sich aufwärts in Bewegung, und wenige Sekunden später trat er auf den Korridor, der zur Tür seiner Unterkunft führte. Drinnen interessierte er sich dafür, ob die Servierautomatik inzwischen gesäubert und mit neuen Vorräten bestückt worden war. Kaum hatte er den Nutzraum betreten, in dem der Automat stand, da drang ihm eine fröhliche Stimme entgegen: „Es freut mich, dir sagen zu können, daß aller Proviant, der in meinen Vorratseinheiten enthalten ist, wieder unbedenklich genossen werden kann. Alle alten Vorräte sind entfernt und durch neue ersetzt worden. Ich bin garantiert giftfrei."
Perry Rhodan machte die Probe aufs Exempel. Der Cybermed analysierte die Speise, während er sie noch im Mund hatte. Die Analyse fiel negativ aus. Rhodan stärkte sich ausgiebig. Schließlich hatte er seit gestern mittag nichts Brauchbares mehr zu sich genommen.
Die Hälfte des Tages war bereits vorüber, als er seine Mahlzeit beendete. Es drängte ihn, seine neugewonnene Freiheit zu nützen. Er wollte sich vergewissern, daß man ihm tatsächlich ein Fahrzeug zur Verfügung gestellt hatte, mit dem er nach Lust und Laune Ausflüge unternehmen konnte. Er war auf dem Weg zur Tür, als neben ihm plötzlich ein rechteckiges Stück Wand aufleuchtete und das Bild eines Venno materialisierte. An den weit oben sitzenden Nasenlöchern und dem rosafarbenen Hautlappen vor dem Mund erkannte er Kertuul. Verwundert blieb er stehen. „Perry Rhodan, ich möchte mit dir sprechen", sagte der Venno. „Kannst du mich hören? Du mußt mir antworten, sonst kommt die Verbindung nicht zustande."
„Willst du sagen, daß du mich nicht sehen kannst, solange ich mich nicht melde?" fragte Rhodan. „So ist es. Ich sehe dich jetzt, weil du geantwortet hast. Deine Frage verwirrt mich. Ist es unter den Angehörigen deiner Art üblich, daß man einfach in den privaten Bereich anderer eindringen kann, indem man sie anruft?"
„Keineswegs", antwortete Rhodan. „Aber ich betrachte mich noch immer als Gefangenen. Und Gefangene überwacht man. Das wird wohl auch bei den Vennok so sein."
„Du bist kein Gefangener", erklärte Kertuul. „Betrachte dich als Gast."
„Gut", lächelte Rhodan. „Ich werde mich mit dem Gedanken vertraut machen. Du möchtest mit mir sprechen, sagtest du. Worüber?"
„Ich habe von Liutalf erfahren, daß man versucht hat, dich zu vergiften", begann Kertuul. „Ich glaube, ich kenne deine Denkweise ein wenig. Ich war allein in deiner Wohnung. Du wirst wohl auf den Gedanken gekommen sein, daß ich derjenige war, der das Gift in deinen Servierautomaten gesteckt hat."
„Du hast recht", antwortete Perry Rhodan. „Der Gedanke ist mir gekommen."
„Ich mache dir daraus keinen Vorwurf", sagte Kertuul. „Gleichzeitig aber möchte ich dir versichern, daß ich mit dem Giftanschlag nichts zu tun habe. Glaubst du mir das?"
Rhodan musterte den Venno mit ernstem Blick. „Gib mir Zeit, darüber nachzudenken", bat er. „Du bist aufrichtig, Perry Rhodan", sagte Kertuul. „Ich könnte mich in meiner Ehre angegriffen fühlen.
Aber ich verstehe, wie du denkst. Ich wiederhole: Ich war es nicht, der deinen Servierautomaten manipulierte. Mit der Zeit wirst du dich wohl bewegen lassen, mir zu glauben."
Das Bild erlosch. Nachdenklich trat Perry Rhodan durch die offene Tür auf den Gang, der zum Aufzug führte. Er war mit sich selbst im Widerstreit. Kertuul war ein Wesen, mit dem er, wenn ihre Begegnung unter anderen Umständen stattgefunden hätte, auf Anhieb Freund geworden
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