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1363 - Hexen, Witwen und Assunga

1363 - Hexen, Witwen und Assunga

Titel: 1363 - Hexen, Witwen und Assunga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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bei ihm für eine gewisse Nachdenklichkeit. Deshalb ließ ich ihn auch in Ruhe. Meine Menschenkenntnis sagte mir, dass er über etwas nachdachte, das ihm schon aufgefallen war.
    »Ja«, murmelte er dann. »Ich denke schon, dass es da eine Frau gegeben hat.«
    »Gehörte sie zu den Trauergästen?«
    Milton schüttelte den Kopf. »Das glaube ich nicht. Ich spreche ja nicht von einer Frau, die ich am Grab sah. Sie ist mir in der Nähe der Leichenhalle aufgefallen.«
    »Sehr gut. Und warum?«
    »Kann ich nicht so genau sagen. Sie war allein.« Er winkte ab.
    »Das sind viele Menschen, die hier den Friedhof besuchen, aber bei ihr war es trotzdem etwas anderes. Sie war allein, und sie blieb allein. Außerdem war sie so seltsam angezogen.«
    »Wie denn?«
    »Irgendwie grau.«
    »Ach…«
    »Ja, ja. Ich hatte das Gefühl, dass ihre Kleidung sich den Haaren angeglichen hat.«
    »Dann waren die auch grau?«
    »Klar.«
    »Können Sie ungefähr schätzen, wie alt die Frau war? Wer graue Haare hat, zählt nicht unbedingt zu den jüngeren Menschen.«
    »Das stimmt schon«, sagte Milton. »Aber bei ihr war es nicht einfach, da bin ich ehrlich. Außerdem habe ich sie nicht aus unmittelbarer Nähe gesehen. Da lagen schon ein paar Meter dazwischen. Sie kam mir nicht alt und nicht jung vor.«
    »Gut. Und wohin ist sie gegangen?«
    Er schaute mich an und schüttelte den Kopf. »Bitte, das weiß ich nicht. Das müssen Sie mir glauben. Ich bin wieder meiner Arbeit nachgegangen. Ich musste in der Leichenhalle noch etwas säubern. Da habe ich sie natürlich aus den Augen verloren. Sie kann in alle möglichen Richtungen gelaufen sein. Das konnte ich wirklich nicht erkennen.«
    »Okay, danke, das war schon eine Auskunft.«
    Milton hob die Schultern. »Ansonsten kann ich nichts für Sie tun, Sir.« Der Ausdruck in seinen dunklen Augen zeigte echtes Bedauern.
    Ich klopfte ihm auf die Schulter. »Machen Sie sich trotzdem keine Sorgen, Mr. Milton. Sie haben mir geholfen.«
    »Oh, danke. Ich wünsche Ihnen, dass Sie den Mörder fangen.«
    »Das wünsche ich mir auch.«
    Er war noch nicht fertig und sagte: »Wissen Sie, wenn man hier seinen Arbeitsplatz hat, dann ist man nicht erpicht darauf, sich die Beerdigungen noch anzuschauen.«
    »Das ist verständlich.«
    Ich glaubte Milton, dass er die Wahrheit gesagt hatte. Er war nicht mehr wichtig. Dafür hörte ich Stimmen im Hintergrund. Ich war sicher, dass Tanner und seine Mannschaft erschienen waren.
    Es stimmte, denn der Chief Inspector war nicht zu übersehen. Im Laufe der Jahre hatten wir Freundschaft geschlossen. Mich störte auch seine bärbeißige Art nicht. Sie gehörte einfach zu ihm. Unter der rauen Schale steckte ein guter Kern.
    Wir gingen aufeinander zu. Wie immer war Tanner ganz in Grau gekleidet. Auch der Hut war grau. Der alte Filz war etwas in den Nacken geschoben worden. Heute steckte allerdings kein kalter Zigarrenstummel zwischen Tanners Lippen.
    »Aha«, sagte er nur, blieb stehen, schaute dann an mir vorbei auf den Toten und schüttelte den Kopf. »Egal, wo du erscheinst, John, es gibt immer irgendwie Ärger.«
    »Nicht meine Schuld. Ich habe nur das Grab einer alten Freundin besuchen wollen.«
    Der Klang seiner Stimme wurde weich. »Du sprichst von Sarah Goldwyn?«
    »Genau.«
    »Ja, tragisch.« Für einige Sekunden verfiel er in Nachdenklichkeit.
    Und dann kam er wieder zur Sache. »Wie ich dich kenne, John, hast du dich schon etwas umgeschaut.«
    »Das kann ich nicht leugnen.«
    »Gut. Gab es Zeugen?«
    Ich blickte zu den Leuten der Spurensicherung hinüber und sah eine junge Ärztin bei ihnen. Sie hatte sich über den Toten gebeugt.
    In ihren Schutzanzügen sahen die Männer aus wie von einem anderen Stern. Im Hintergrund standen Neugierige und schauten ebenfalls zu. Ich musste mich wieder darüber wundern, wie schnell sich so eine Tat herumsprach. Wahrscheinlich war die Ankunft der Spezialisten bemerkt worden.
    »He, ich habe dich was gefragt, Geisterjäger.«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Nur eigentlich?«
    Tanner hatte ein Ohr für Zwischentöne, und ich erklärte ihm, dass ich mit einem Friedhofsarbeiter gesprochen hatte. Tanner erfuhr von mir, was er gesehen hatte, und fragte dann: »Traust du diesem Mann?«
    »Ja.«
    »Dann müssen wir nach einer Frau in Trauerkleidung suchen, die zudem graue Haare hat.«
    »So ist es. Aber nicht du, Tanner. Ich denke, dass es mein Fall ist.«
    Der Chief Inspektor war nicht so leicht zu beeindrucken. Jetzt aber schaute er mich

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