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1363 - Hexen, Witwen und Assunga

1363 - Hexen, Witwen und Assunga

Titel: 1363 - Hexen, Witwen und Assunga Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wusste allerdings nicht, ob sie zuvor geschlossen gewesen waren.
    Nun aber war das nicht mehr der Fall. In dem Blick entdeckte ich sogar so etwas wie einen Ausdruck.
    Der Schrei nach Hilfe?
    Mir war klar, dass der Mann so schnell wie möglich in die Hände eines Arztes musste, allerdings griff ich noch nicht zu meinem Handy, denn ich konzentrierte mich auf den Blick. Und der sagte mir, dass der Mann um Hilfe flehte.
    Ich veränderte meine Haltung und kniete mich auf den Boden.
    Dann beugte ich den Kopf weit vor und brachte mein Ohr bis dicht an die Lippen heran.
    Der Atem war zu spüren. Bei der Bewegung allerdings hatte ich noch etwas anderes gesehen. In beiden Mundwinkeln hatte sich Blut als Tropfen gesammelt, die jetzt auseinander liefen und an der Haut entlang nach unten rannen.
    »Sie… sie … ist weg …«
    »Wen meinen Sie?«
    »Lilian.«
    »Gut. Wer ist das?«
    Der schwer Verletzte strengte sich an. Ein Schatten legte sich über seine Augen. Ich kannte mich da aus und war der Meinung, dass er nicht mehr lange zu leben hatte. Die letzten Sekunden auf Erden standen ihm bevor.
    »Frau«, brachte er mühsam hervor. »Lilian ist meine Frau. Weg…«
    »Hat sie es getan?« Das musste ich ihn einfach fragen. Wie oft war es vorgekommen, dass Frauen ihre Männer töteten, weil ihr Hass einfach zu stark war.
    »Nein, nein, nicht sie… anderer.«
    »Wer?«
    »Nicht gesehen, nicht…« Er quälte sich, aber er musste sich nicht mehr länger quälen, denn der Tod war schneller.
    Ein letzter Atemzug, der mich an das Luftschnappen eines Fisches auf dem Trockenen erinnerte. Der Mund blieb offen, und das herausrinnende Blut hatte freie Bahn.
    Der Blick erlosch. Die Augen blieben als glasiges Etwas zurück.
    Der Mann, dessen Namen ich nicht kannte, war tot.
    Ich schloss ihm die Augen und stand auf. Ein Frostschauer rann über meinen Körper, und ich kam mir vor wie jemand, der sich in einer anderen Welt befand.
    Wieder war ich der letzte Begleiter eines Menschen in den Tod gewesen, doch dieser Mensch war nicht auf eine normale Art und Weise gestorben. Man hatte ihn umgebracht. Brutal getötet, durch einen Messerstich in den Rücken.
    Auch ich musste einige Male tief Luft holen, um mich wieder an die Realität zu gewöhnen. Den Friedhof gab es noch, das offene Grab in der Nähe gehörte dazu.
    Ich trat dicht an es heran und warf einen Blick in die Tiefe. Es bot einen normalen Anblick. Auf dem Boden stand ein Sarg, dessen Oberfläche teilweise mit Lehm und auch mit Blumen bedeckt war.
    Für mich war es ein trauriges Stillleben.
    Ich ging um das Grab und auch um den Erdhügel herum auf der Suche nach Spuren, die der Täter hinterlassen hatte. Mit bloßem Auge waren sie nicht zu sehen, bis ich das Handy sah, das in den Schlagschatten des Erdhügels gerutscht war.
    Bevor ich das Gerät aufhob, umwickelte ich es mit einem Taschentuch, da ich keine Fingerabdrücke zerstören wollte. Zugleich hatte ich das Gefühl, ein wichtiges Beweisstück in der Hand zu halten.
    Noch immer war ich allein. Kein Friedhofsarbeiter ließ sich blicken. Und es kamen auch keine Besucher in meine Nähe.
    Ich warf wieder einen Blick auf den Toten, der einen hellen Burberry trug. Am Rücken zeigte er nur einen kleinen blutigen Fleck.
    Die Wunde war durch die Klinge fast geschlossen worden.
    Zwar hatte ich den Toten gefunden, aber was nun mit ihm passieren würde, war nicht mehr meine Sache. Ich musste die Kollegen von der Mordkommission alarmieren und die der Spurensicherung.
    Das hier war eigentlich ein Gebiet, das zum Arbeitsbereich meines Freundes Tanner gehörte. Wenn er nicht eben Nachtschicht schob, musste er anwesend sein.
    Ich wusste die Nummer.
    Es meldete sich ein Fremder. Er kannte mich und erklärte mir, dass Tanner unterwegs war.
    »Wo steckt er denn?«
    »Da hat sich jemand erhängt.«
    »Und ich stehe vor der Leiche eines Ermordeten. Ich denke, dass er kommen sollte.«
    »Wo soll er hin?«
    Ich gab eine Beschreibung durch und überraschte den Beamten mit dem Fundort.
    »Wirklich auf einem Friedhof?«
    »Wenn ich es Ihnen sage. Ich treibe damit keinen Scherz.«
    »Schon gut, Mr. Sinclair. Ich sage ihm Bescheid.«
    »Ja, tun sie das.«
    Für mich war das Gespräch gelaufen. Ich hätte den Chief Inspector auch selbst anrufen können, aber ich wollte keine Zeit verlieren und mich um das sichergestellte Beweismaterial kümmern.
    Mir erschien das Handy sehr wichtig, und ich wunderte mich darüber, dass es vom Mörder zurückgelassen worden war.

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