1367 - Brennpunkt Pinwheel
recht", meinte Atlan. „Andererseits kann das auch nur eine vorläufige Befreiung gewesen sein. Wichtig ist für mich nur, daß Perry und ich von den Kosmokraten von unseren Ritterpflichten suspendiert wurden und die Möglichkeit bekommen haben, so zu handeln, wie es unser Gewissen uns vorschreibt - und daß unsere Rechte als Ritter der Tiefe uns auf Lebenszeit und darüber hinaus erhalten bleiben."
„Darüber hinaus?" warf Eirene ein. „Ihr seid doch unsterblich!"
„Was ist schon unsterblich!" gab der Arkonide mit heiterem Ernst zurück. „Nicht einmal das Universum ist unsterblich. Für Organismen, die als Nebenprodukt der Evolution der Materie abgefallen sind, kann Unsterblichkeit in besonderem Maße nur relativ sein. Siehst du, Eirene, Perry und ich und die übrigen Zellaktivatorträger können jederzeit durch einen Strahlschuß, einen Pfeil, einen Schwerthieb, einen Steinschlag und auch durch einen Blitzschlag getötet werden. Davor bewahren uns unsere Aktivatoren nicht. Wir haben also nicht das ewige Leben, sondern lediglich die Chance, sehr lange zu leben.
Irgendwann aber wird jeder von uns sterben. Wenn Tengri Lethos-Terakdschan sagte, daß Perrys und meine Rechte als Ritter der Tiefe über die Lebenszeit erhalten blieben, dann meinte er damit, daß unsere Bewußtseine nach unserem Tod in die stählerne Hülle des Domes Kesdschan eingehen werden - genau wie die Bewußtseine aller früheren Ritter der Tiefe und ihrer Orbiter."
„Ich verstehe", sagte Eirene tonlos. „Und was wird aus Jen?" warf Julian ein. „Gucky sagte mir, daß Jen nach Khrat gegangen sei, um den Dom Kesdschan als Vermittler zwischen sich und den Kosmokraten einzuschalten und die Aufhebung des Kosmokratenbanns zu erreichen."
„Jen ist in den Dom eingegangen", antwortete Atlan leise. „Er hat einen hohen Preis für die Aufhebung des Kosmokratenbanns bezahlt. Ganz sicher ist ihm sein Opfergang nicht leichtgefallen, denn er mußte ja Abschied nehmen von der Welt, wie er sie zuvor gekannt und erlebt hatte. Aber ich glaube, daß er die Sache überwiegend positiv sah. Ich spürte sein Frohlocken, seine frohe Erwartung vor dem Eingang in eine neue Welt und eine neue Existenz gemeinsam mit den Bewußtseinen der anderen Ritter und Orbiter in der Hülle des Domes."
„Aber warum?" fragte Eirene. „Warum mußte Jen sich opfern?"
„Ich denke, das war unabdingbar", erwiderte der Arkonide. „Die Kosmokraten sind nicht allmächtig, wie wir wissen. Als sie Perry und mich freigaben, waren sie wahrscheinlich gezwungen, das Bewußtsein eines auch körperlich noch lebenden Ritters der Tiefe in den Dom eingehen zu lassen, um das Universum dagegen zu wappnen, daß alle Sterne erlöschen, wenn es irgendwann keine Ritter der Tiefe mehr gibt."
„Ich denke immer noch, daß dieser Spruch, wonach alle Sterne erlöschen, wenn es keine Ritter der Tiefe mehr geben sollte, eine rein mythologische Aussage ist", sagte Tifflor. „Es ist die Tiefe, die unser Universum zusammenhält - und ohne die Bewahrer der Tiefe würde diese imaginäre Hülle zerbrechen, und das Universum müßte einem Endzustand ohne Energie und Temperaturdifferenz zustreben, der das Ende allen materiellen Geschehens bedeuten würde, den Wärmetod", erklärte Eirene.
Atlan warf der Tochter seines Freundes einen erstaunten und respektvollen Blick zu und revidierte seine Meinung, daß sie wegen ihrer Jugend und relativen Unerfahrenheit noch ein Grünschnabel war, der sich erst einmal zahllose kosmische Stürme um die Nase wehen lassen sollte, bevor er es mit erwachsenen Unsterblichen aufnahm. Es war nicht das erstemal, daß er diese in seinem Unterbewußtsein anscheinend unauslöschlich eingebrannte Meinung revidierte. Während ihrer gemeinsamen Erlebnisse in DORIFER vor reichlich einem Jahr hatte der Arkonide bereits eingesehen, daß in Eirenes Unterbewußtsein und Bewußtsein umfangreiches Wissen und Können schlummerten, die in bestimmten Situationen durchbrachen - und daß das so war, weil Eirenes Mutter die Inkarnation einer Kosmokratin war.
Eirene bemerkte seinen Blick und erriet offenbar seine Gedanken, denn sie lächelte vielsagend und zugleich rätselhaft, wurde dann abrupt wieder ernst und sagte: „Am zehnten August, also in einer Woche, bringen Irmina und Bully die Flotte der Virenschiffe in die Milchstraße zurück. Zwar fliegen die Virenschiffe uns nicht direkt an, aber die KARMINA könnte sofort hierherkommen. Ich schlage vor, daß wir mit ihr schon einmal in den
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