1370 - Amoklauf der Wissenden
hätte sie all das überwunden, aber Gucky wußte es besser, denn er kannte die Gedanken der jungen Kartanin - und ihre Träume, in denen sie all das Elend immer wieder durchlebte.
Er hätte sie gerne bei sich behalten, aber er wußte nur allzu gut, daß das nicht möglich war. Es würde Einsätze geben, bei denen sie ihn nicht begleiten konnte. Dann mußte er sie allein in einer ihr fremden Welt zurücklassen. Und außerdem ... sie würde älter werden, und irgendwann würde sie sich nach den Angehörigen ihres Volkes sehnen. Das war der ganz natürliche Lauf der Dinge. Und darum durfte sie nicht bei einem fremden Volk aufwachsen. Sie war noch jung, und sie war formbar. Schon jetzt begann sie, Verhaltensweisen und Anschauungen zu übernehmen, die nicht zu einer Kartanin paßten. Er durfte es nicht zulassen, daß sie sich ihrem Volk so sehr entfremdete, daß ihr der Rückweg für immer versperrt war.
Sie mußte zu den Kartanin zurückkehren.
Aber natürlich mußte er es vorsichtig anfangen. Sie hatte schon genug durchgemacht. Er konnte sie nicht einfach fortschicken, denn das hätte sie niemals verstanden. Und er wollte es auch gar nicht.
Irgendwie hoffte er, daß sich alles ganz von selbst regeln würde.
Sue-El war schon wieder völlig in den Film vertieft. „Ich werde mal sehen, ob es etwas Neues gibt", sagte Gucky, aber die junge Kartanin hörte gar nicht hin.
Er teleportierte in die Kommandozentrale der SORONG, wo er auf eine ziemlich aufgeregte Nikki Frickel traf. „Sie sind weg", sagte Nikki, ehe der Mausbiber noch eine Frage stellen konnte. „Wer ist weg?" wollte Gucky wissen. „Die Voica", erwiderte Nikki Frickel. „Sie sind samt der NARGA SANT verschwunden."
„Bist du sicher?"
Nikki Frickel, die aufgeregt hin und her gegangen war, blieb abrupt stehen und betrachtete den Mausbiber von oben bis unten. „Natürlich bin ich sicher", sagte sie schließlich. „Die NARGA SANT ist ziemlich groß - es fällt schwer, sie zu übersehen, noch dazu in diesem sternenlosen Randsektor von Ardustaar."
„Vielleicht wollen sie wieder Versteck mit uns spielen", meinte Gucky. „Ich habe den Berichten entnommen, daß ihr schon einmal auf ihre Spielchen hereingefallen seid. Damals wart ihr auch hier, in diesem Sektor, und trotzdem ist es den Wissenden gelungen, euch ein anderes Schiff unterzuschieben und es als ihre fliegende Residenz auszugeben."
„Das war etwas anderes!" behauptete die Kommandantin der SORONG. „Damals hatten sie gute Gründe, sich vor uns zu verbergen - oder wenigstens glaubten sie das. Aber jetzt..."
„Sie könnten ihre Meinung geändert haben", meinte Gucky.
Nikki Frickel sah hilfesuchend zu Poerl Alcoun hinüber. Die Tefroderin schüttelte den Kopf. „Ich spüre nichts", sagte sie. „War das beim erstenmal anders?" fragte der Mausbiber. „Ja", sagte Poerl zögernd. „Da war etwas. Nichts Greifbares, aber ich habe gefühlt, daß etwas auf uns wartete."
„Und diesmal wartet nichts", stellte Gucky fest. „Ich merke jedenfalls auch nichts davon. Andererseits - die Wissenden haben offenbar ein paar besondere Tricks auf Lager, und für die NARGA SANT gilt das doppelt und dreifach. Was wissen wir denn schon über dieses Schiff? Aber vielleicht haben sie auch einfach nur die Position gewechselt."
„Ohne uns eine Nachricht zukommen zu lassen?" fragte Poerl, die große Sympathien für die Kartanin hegte. „Wir sind ihre Verbündeten!"
„So sehen wir das", sagte der Mausbiber sarkastisch. „Aber wer weiß, wie die Voica darüber denken."
„Sie haben aufgehört, uns zu mißtrauen", behauptete Poerl. „Nein, ich bin sicher, daß irgend etwas passiert ist. Vielleicht sind die Wissenden in Schwierigkeiten. Es kann an der NARGA SANT liegen. Die Voica beherrschen das Schiff nicht besonders gut. Vielleicht hat es sich selbständig gemacht."
„Um nach Hangay zu fliegen?" fragte Nikki Frickel nachdenklich. „Es wäre theoretisch denkbar, aber ich vermute eher, daß die Voica wieder einmal ihre Meinung geändert haben. Schon gut, Poerl, ich weiß, wie du darüber denkst, aber diese wandelnden Mumien sind nicht sehr zuverlässig - ob du das nun wahrhaben möchtest oder nicht."
Gucky stimmte der Kommandantin der SORONG im stillen zu. Er hatte die Wissenden ebenfalls kennengelernt - damals, als er die NARGA SANT aufgesucht hatte, um von Oogh at Tarkan die Wahrheit über die Herkunft und die Geschichte der Kartanin zu erfahren. Die Wissenden hatten sich damals nicht gerade vor
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