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1370 - Amoklauf der Wissenden

Titel: 1370 - Amoklauf der Wissenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Befehle erhalten hatten. Auch Dao-Lin wußte für einen Augenblick nicht, was sie tun sollte. Sie dachte an Psiphrenie, den Wahnsinn, der durch die Aufnahme von zuviel Paratau ausgelöst wurde. Die meisten Wissenden bewahrten stets einen kleinen Vorrat an Tränen in ihren Kabinen auf. Niemand konnte wissen, wieviel Paratau Meihao-Vil bereits konsumiert hatte.
    Schließlich gab sie sich einen Ruck. Dao-Lin war wesentlich jünger und kräftiger als die anderen Wissenden. Meihao-Vil war alt und sehr dürr. Obwohl sie sich zur Wehr setzte, gelang es Dao-Lin, die alte Voica vom Boden hochzuziehen und auf ein Sitzpolster zu drücken. Einer der Roboter rollte heran und verabreichte Meihao-Vil ein beruhigendes Medikament.
    Dao-Lin gab die Wissende erst frei, als das Mittel zu wirken begann. Meihao-Vil war jetzt sehr still. Sie starrte ausdruckslos auf die Tränen der N'jala.
    Dao-Lin bückte sich und sammelte die verstreuten Tropfen ein. Sie war dabei sehr vorsichtig und achtete darauf, daß sie keinen Tropfen länger als unbedingt notwendig in der Hand behielt. Plötzlich hörte sie Meihao-Vil etwas murmeln.
    Sie hielt in ihrer Beschäftigung inne, beugte sich über die Wissende und wartete. „Wolltest du mir etwas sagen?" fragte sie schließlich. „Sie wirken nicht mehr", wisperte Meihao-Vil so leise, daß Dao-Lin sie kaum verstand. „Wer wirkt nicht mehr?" fragte Dao-Lin verständnislos. „Die Tränen der N'jala!" krächzte Meihao-Vil in plötzlich wieder aufflammender Wut. „Sie sind wirkungslos geworden!"
    Dao-Lin-H'ay sah die alte Voica mitleidig an. „Ja", sagte sie sanft. „Ich glaube dir. Du mußt dich ausruhen. Du hast den Schock noch kaum überstanden. Wenn es dir besser geht, wirst du feststellen, daß alles wieder in Ordnung ist."
    „Ich bin nicht krank!" protestierte Meihao-Vil wütend. „Und ich bin auch nicht verrückt. Ich weiß, was ich gespürt habe. Diese Tropfen haben keine Kraft mehr. Versuch's doch einfach selbst!"
    Dao-Lin-H'ay erinnerte sich noch sehr gut daran, wie unbefangen sie früher mit dem Psichogon umgegangen war. Diese Zeiten waren jedoch vorbei. Sie hatte Dinge über die Tränen N'jalas erfahren, die ihr Alpträume bereiteten. Schon seit langem vermied sie jeden unnötigen Kontakt mit Paratau.
    Außerdem gab es eine sehr einfache Erklärung für Meihao-Vils seltsames Verhalten.
    Die alte Voica hatte Raubbau mit ihren Kräften getrieben und allzu häufig Paratau genommen. Bei den meisten Kartanin führte das zu Wahnvorstellungen, die mitunter jahrelang andauerten. Andere - und Meihao-Vil mochte zu dieser Gruppe gehören - reagierten plötzlich überhaupt nicht mehr auf die Tränen der N'jala. Sie verloren die Fähigkeit, das Psichogon zu nutzen, und damit verloren sie auch ihre Esper-Fähigkeiten.
    Eine Voica ohne ihre Esper-Fähigkeiten...
    Aber darüber mochten die anderen sich die Köpfe zerbrechen. Außerdem war noch nichts bewiesen, und Meihao-Vils Zustand konnte sich immer noch bessern.
    Dao-Lin gab den beiden Robotern einen Wink, und die beiden trugen die alte Wissende davon. Das gefiel Meihao-Vil gar nicht. Sie schrie und zeterte, und vor allem verwünschte sie Dao-Lin-H'ay.
    Dao-Lin konzentrierte sich darauf, die Tränen in das Kästchen zurückzubefördern. Die Szene war ihr peinlich, und sie schämte sich für Meihao-Vil vor allem deshalb, weil Oogh at Tarkan all dies beobachtet hatte. Er stand schon seit geraumer Zeit an der Tür, sagte aber kein Wort.
    Das Kästchen war gefüllt. Dao-Lin stellte es an seinen Platz, ging an Oogh at Tarkan vorbei nach draußen und schloß die Tür zu Meihao-Vils Kabine.
    Erstaunt registrierte die ehemalige Protektorin von Lao-Sinh, daß keine andere Wissende es für nötig gehalten hatte, sich um die Ursache des Alarms und um Meihao-Vil zu kümmern. Sie schienen alle in ihren Kabinen zu hocken, denn sie befanden sich auch nicht in jenem Kommandoraum, in dem sie sich in dieser Zeit meistens zu treffen pflegten.
    Als Dao-Lin diesen Raum betrat, war Oogh at Tarkan dicht hinter ihr. Er folgte ihr, und sie wußte nicht, warum. Sie wagte es auch nicht, ihn zu fragen, denn sie empfand tiefe Ehrfurcht vor ihm. Er war es gewesen, der das alte, ursprüngliche Tarkanium gegründet hatte, vor so langer Zeit, daß kein anderer Kartanin sich auch nur verschwommen daran erinnerte. Er war nicht einmal in diesem Universum geboren, sondern er stammte aus Tarkan, der Schrumpfenden.
    Dao-Lin, die sonst so pragmatische Kartanin, hegte Oogh at Tarkan

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