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1370 - Amoklauf der Wissenden

Titel: 1370 - Amoklauf der Wissenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannt
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Dao-Lin leidenschaftlich und voller Zorn. „Es muß nicht wahr sein!"
    Sie stutzte und hob die Hand. Die Träne N'jalas war verschwunden. Sie hatte sich aufgelöst, wie es sich für eine Träne gehörte. Dao-Lin spürte die Kraft, die der Tropfen ihr verliehen hatte. „Und es ist nicht wahr!" sagte sie triumphierend. „Der Tropfen hat gewirkt, und ich habe deine Gedanken gelesen."
    „Es geschieht nicht überall zur gleichen Zeit", behauptete Oogh at Tarkan. „Es breitet sich langsam aus, und es tut auch das nicht geradlinig. Es ..."
    Sie hörte ihm nicht länger zu. Sie rannte hinaus und kehrte zur Schaltzentrale zurück.
    Die Wissenden saßen noch immer um den Tisch herum, und sie hatten inzwischen so viel Paratau verbraucht, daß sie eigentlich am Rand der Psiphrenie stehen mußten. Aber es ging nichts von ihnen aus, keine geistige Kraft, kein zwingender Einfluß, der über viele Lichtjahre hinweg zu wirken vermochte.
    Dao-Lin ging langsam näher an sie heran. Sie lauschte, und sie spürte die Gedanken der Voica. „Kämpft!" befahlen sie. „Kämpft gegen den Feind, der uns unsere Macht rauben will. Vernichtet ihn.
    Vernichtet alle Fremden. Tötet sie. Kämpft!"
    Aber ihre Gedanken waren ohne Kraft. Sie reichten kaum über die Grenzen dieses Saales hinaus, und sie fanden nirgendwo ein Echo. Kein einziger Kartanin hörte die Botschaft der Voica. Auch die Hohen Frauen, die selbst sehr gute Esper waren, konnten diese kraftlosen Impulse nicht empfangen.
    Die Wissenden waren so in ihre Botschaft vertieft, daß sie Dao-Lin nicht bemerkten. Sie hielten die Augen geschlossen. Nur ihre Hände bewegten sich, ergriffen eine Träne nach der anderen, und die Tränen lösten sich auf und verpufften ohne jede Wirkung. Die Voica schienen es noch gar nicht bemerkt zu haben. Offenbar glaubten sie, daß sie noch immer imstande waren, das Volk der Kartanin zu lenken.
    Was würden sie tun, wenn sie feststellten, daß sie ihre Macht verloren hatten?
    Dao-Lin-H'ay wußte, daß sie die Pflicht hatte, es ihnen zu sagen. Die Wissenden hatten die Geschicke der Kartanin seit so langer Zeit gelenkt, daß die Hohen Frauen sich an den Rat der Stimme von Ardustaar gewöhnt hatten. Die Stimme von Ardustaar war eine Instanz, der man zu gehorchen hatte. Sie forderte, sie befahl, und die Hohen Frauen taten, was die Stimme ihnen befahl. Sie hatten es verlernt, ihre eigenen Entscheidungen zu treffen - sie waren zu bloßen Befehlsempfängern geworden.
    Man mußte ihnen sagen, daß dies alles sich nun ändern würde. Nur so hatten sie eine Chance, umzudenken - falls es nicht schon zu spät war.
    Sie mußten die Wahrheit erfahren, die ganze Wahrheit. Sie mußten erkennen, wer und was die Stimme von Ardustaar in Wirklichkeit war. Und man mußte ihnen begreiflich machen, daß es keinen Feind gab, der die Psi-Kräfte der Kartanin lahmlegte, sondern daß es an den Tränen der N'jala lag. Daß der Paratau seine Wirkung verlor. Daß es nie wieder eine solche Macht der Esper geben würde, wie man es aus der Vergangenheit gewohnt war.
    Oder stimmte das gar nicht?
    Dao-Lin-H'ay beugte sich behutsam vor, nahm einen Tropfen Paratau vom Tisch, ohne eine der Wissenden dabei zu berühren, und hielt ihn in der Hand. Die Träne N'jalas tat ihre Wirkung. Dao-Lin wußte nicht, was sie tun oder denken sollte. Lange Zeit stand sie regungslos da und beobachtete die Voica. Ihre Augen und ihre Sinne lieferten ihr den Beweis - die Tränen hatten aufgehört, den Wissenden Kraft und Macht zu verleihen.
    Aber warum wirkte es bei ihr noch immer so wie vorher?
    Sie rang sich mühsam zu der Erkenntnis durch, daß das keine Rolle spielte. Sie allein konnte die Stimme von Ardustaar nicht ersetzen, Sie konnte den Hohen Frauen keine Weisungen erteilen. Ob es nun am Paratau oder an den Voica selbst lag - die Zeit der Wissenden war abgelaufen. Und das war alles, was jetzt zählte. Lautlos zog sie sich zurück. Draußen traf sie auf Oogh at Tarkan, der offenbar auf sie gewartet hatte. Sie ging schweigend an ihm vorbei, und er folgte ihr.
    Sie suchte jenen Kommandoraum auf, in dem die Voica sich sonst immer versammelt hatten. „Was willst du tun?" fragte Oogh at Tarkan. „Ich werde die NARGA SANT nach Kartan bringen", sagte Dao-Lin-H'ay der Gedanke war ihr eben erst gekommen, aber sie wußte, daß dies die beste Lösung war. „Die Hohen Frauen sollen selbst sehen können, wer ihnen die ganze Zeit hindurch Ratschläge erteilt hat. Ich werde ihnen die Wahrheit sagen - über die Stimme

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