1376 - Die Werber des Hexameron
auf und langten eine Stunde später in der Herberge an. Vakk wartete wie gewöhnlich am Eingang. Er ließ sie ein und sagte: „Euer Termin steht fest. Haltet euch übermorgen früh bereit." Dabei schaute er mißtrauisch, als erwarte er, Rhodan und Beodu vor seinen Augen verschwinden zu sehen.
Aber der Terraner beschloß, sofort einzuhaken. Er stellte Fragen zu Prüfungsablauf und -inhalt, äußerte Bedenken, ob er dem Prüfungsdruck gewachsen sein und dergleichen mehr. Gleichzeitig gab sein Pikosyn selbständig den vereinbarten Kodeimpuls ab. Es dauerte kaum fünfzehn Minuten, bis das Verhörkommando eintraf. Gemeinsam mit Beodu wurde er in einen offenen Gleiter verfrachtet und zum Raumhafen gebracht.
Dort leitete ein Hauri in khakibeiger Uniform mit gelbem Sonnensymbol die Befragung. „Euer Raumschiff ist gestartet", stellte er fest.
Rhodan tat schockiert. „Unsere Aufzeichnungen ergeben, daß im fraglichen Zeitraum keiner von euch den Raumhafen betreten hat. Deshalb die Frage: Was habt ihr damit zu tun?"
Der Hauri schien völlig gefühlskalt, doch ein Blick in seine tiefen schwarzen Augenhöhlen ließ kalte Schauer über Rhodans Rücken laufen. „Überhaupt nichts!" rief er mit gespielter Aufrichtigkeit. „Das ist eine Katastrophe für uns. Nun müssen wir den Test bestehen, sonst sitzen wir in Eperst fest."
„Niemand sitzt in Eperst fest. Wer nicht von allein fortkommt, verläßt uns auf dem Umweg über die Bergwerke. Aber zurück zur Sache: Wie ist es möglich, daß euer Fahrzeug ohne Anweisung handelt? Ist es überhaupt möglich? frage ich mich."
„Die LEDA war ein Geschenk", erklärte Rhodan. „Sie hat sich immer als zuverlässig erwiesen. Ihr Innenleben allerdings kennt niemand genau, und sie hat manchmal ihren eigenen Willen ..."
„Sollte das Fahrzeug jemals wieder im Ushallu-System auftauchen, schießen wir es ab. Das ist alles. Ihr könnt gehen und euch der Prüfung stellen."
Ein zweiter Hauri geleitete sie aus dem Raumhafenbau hinaus ins Freie. Den Rückweg brachten sie zu Fuß hinter sich, und Rhodan wurde erstmals klar, wie sehr sie nun auf den Erfolg der Prüfung angewiesen waren. Die LEDA stand ja als Transportmittel nicht mehr zur Verfügung - im Fall eines Mißerfolgs mußten sie zumindest bis zur Ankunft der Benguel und Juatafu Aufschub herausschinden.
Gegen Abend traf Nai-Leng ein. „Wie ist es gelaufen?" fragte der alte Kartanin, der einmal mehr zerrupft und halb betrunken wirkte. „Alles nach Plan!" zwitscherte Beodu fröhlich. Gleichzeitig wandelte ein Übersetzergerät seine Worte ins Kartanische um, so daß keine Verständnisprobleme aufkamen. „Sie haben unsere Geschichte akzeptiert.
Jetzt fehlt nur noch die Prüfung."
„Wie sieht es mit deinem Termin aus?" wollte Rhodan gespannt wissen. „Er liegt zur gleichen Zeit wie euer Test."
„Perfekt. Dann kann es losgehen mit der ersten Schulungseinheit."
Rhodan und Nai-Leng setzten sich in eine Ecke des kleinen Zimmers zusammen, und der Terraner bastelte aus etwas Klarsichtfolie und Kreide eine provisorische Tafel. „Ich bin hier wohl überflüssig", sagte Beodu gelangweilt. „Am besten, ich schaue mich etwas in der Stadt um."
„Mehr technische Bildung könnte dir auch nicht schaden."
Der Attavenno winkte ab und öffnete wortlos die Tür. Rhodan hoffte, daß er sich zumindest nicht mehr in Streit würde verwickeln lassen. Einmal hatten sie Glück gehabt, doch ein zweites Mal war dies kaum wahrscheinlich.
Nai-Leng war ein gelehriger Schüler. Er wußte viel über Technik und physikalische Vorgänge, war jedoch zwangsläufig beschränkt auf das Spektrum kartanischer Kultur. Dort verließ man sich auf die Zentrale Wissensautorität, deren Sitz und Natur niemand kannte - und so klafften mehr Lücken in seiner Bildung, als Rhodan lieb sein konnte. In vielen Fällen beschränkte er sich darauf, Nai-Leng statt profundem Wissen nur Stichworte zu vermitteln. Damit würde er die haurische Prüfungskommission beeindrucken, aber mehr sicher nicht.
Gegen Mittag des Prüfungsvortags gab sich Rhodan zufrieden. Beodu war inzwischen wohlbehalten wieder aufgetaucht. Er konnte nur vermuten, wo der kleine Freund die Zeit verbracht hatte: in der attavennischen Kolonie nämlich, die irgendwo in Eperst gelegen war. „Wenden wir uns nun der Prüfung zu", sagte der Terraner. „Nai-Leng, wir wollen alles hören, was du erzählen kannst. Ich bin sicher, daß davon unser Erfolg abhängt."
Am nächsten Morgen hatten sie kaum geschlafen,
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