1376 - Saladins Phantome
auch nicht. Aber der Ausdruck in ihren Gesichtern ähnelte dem meinen. Glenda hatte sogar noch eine leichte Gänsehaut bekommen.
»Deshalb war Saladin so sicher, dass du ihn auf dieser Insel besuchen würdest.«
»Genau.«
»Wer kann ihn denn entführt haben?«, fragte Suko.
Ich erzählte ihm von meinem Verdacht.
»Ja, das würde ich auch so sehen. Er konnte es nicht mehr aushalten und hat sich das Zeug gespritzt. Okay, dann wissen wir ja, was wir zu tun haben.«
Ich wollte fragen, doch Glenda kam mir zuvor.
»Mit der River Police habe ich bereits telefoniert. Man stellt uns ein Schnellboot zur Verfügung.«
»Das ist gut.«
»Es wird dich bis in die Nähe bringen, den Rest musst du wohl rudern.«
»Und ihr bleibt hier?«
»Das auf keinen Fall. Wir werden zwar vorsichtig sein, aber Saladin wird damit rechnen, dass du nicht ohne Rückendeckung erscheinst.« Glendas Augen blitzten auf. »Außerdem habe ich mit ihm auch noch ein Hühnchen zu rupfen. Bei mir wird es schon ein ganzer Hahn sein.«
»Die Insel könnte wirklich ein guter Ort für verschiedene Phantome sein. Ein starkes Versteck. Wer sucht schon in einem alten Themsearm nach? Ich nicht.«
»Gut. Wann steht uns das Boot zur Verfügung?«, fragte ich Glenda.
»Ab sofort. Es ist nur ein Kollege dabei, der es lenkt. Ansonsten können wir…«
Und da meldete sich wieder der moderne Quälgeist. Ich war davon überzeugt, dass der Anruf mir galt, und ich ahnte auch, wer mir da etwas sagen wollte.
Kaum hatte ich abgehoben, da hörte ich das Lachen. »Du bist ja noch im Büro, Sinclair.«
»Ja, es gefällt mir so gut.«
»Hast du die kleine Nachricht gelesen?«
»Ich habe sie gefunden.«
»Und was sagst du?« Es folgte noch ein hämisches Lachen, dann wartete er auf meiner Antwort.
Was sollte ich für einen Kommentar abgeben? Ich sprach ganz offiziell. »Sie reiten sich immer tiefer in Ihr Verderben, Saladin. Es wäre besser, wenn Sie Ihren Plan ändern und Sir James freilassen. Dann können wir beide es allein durchziehen.«
Wieder erwischte sein Lachen mein Ohr. »Nein, nein, Sinclair, es ist schon gut so. Außerdem ziehen wir beide es doch durch. Oder nicht? Du wirst kommen, denke ich. Und wenn ich dich nicht bei mir auf der Insel finde, wirst du seine Stimme nicht mehr hören.«
Ich spannte mich innerlich. Dann vernahm ich ein undefinierbares Geräusch im Hintergrund und kurz danach die keuchende Stimme und die gequält gesprochenen Worte.
»Keine Rücksicht auf mich, John. Ich bin egal. Tun Sie, was Sie nicht…« Es folgte ein Schrei, mit dem Sir James’ Worte abrupt unterbrochen wurden.
Auch ich war still. Aber mir war das Blut in den Kopf gestiegen und hatte mein Gesicht gerötet. Zugleich erlebte ich einen kalten Schauer, und wenn ich nach rechts schaute, sah ich dort Glenda und Suko, die ebenso entsetzt waren wie ich.
Saladin war noch dran. »Alles klar, Geisterjäger?«, höhnte er.
»Ich habe verstanden.«
»Ausgezeichnet. Wirst du kommen?«
»Ja!«
»Fein, sehr fein.« Es folgte ein Kichern. »Ich warte auf dich, und wir werden eine wunderbare Zeit haben, das verspreche ich dir…«
***
Wie so oft bei einem Telefonat blieb an feuchter Schweißfilm auf dem Hörer zurück, als ich wieder auflegte. Mein Gesicht zeigte einen jetzt harten Ausdruck. Glenda und Suko sagten beide nichts.
Die Lippen hielten sie zusammengepresst.
In ihren Augen lag ein harter Glanz, als ich ihnen zunickte. »Ihr habt ja alles gehört«, sagte ich leise. »Wir müssen uns jetzt überlegen, was wir tun sollen.«
»Wir sind natürlich dabei«, sagte Suko. »Und rede nicht dagegen. Saladin hat mit keinem Wort erwähnt, dass du allein kommen sollst. Es kann sein, dass er sich zu sicher fühlt und es gar nicht nötig hat, so etwas zu erwähnen.«
»Das könnte hinkommen«, murmelte ich. »Aber die Insel werde ich allein betreten.«
»Das versteht sich.«
Ich schaute nach unten und schüttelte den Kopf. »Sir James kenne ich schon verdammt lange, aber ich habe ihn noch nie so reden gehört. Das war mehr ein Keuchen oder schon Jammern. Saladin muss ihn verdammt hart attackiert haben.«
»Er hat auf seine Art und Weise Prioritäten gesetzt!«, erklärte Suko. »Und das werden wir auch.«
»Okay«, sagte ich, »dann lasst uns gehen.«
Wir verließen das Büro, gingen durch das Vorzimmer und fuhren nach unten in die kleine Tiefgarage, wo der Rover auf uns wartete.
Wir würden nicht weit fahren, nur bis zum Hauptquartier der River Police, wo ein
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