138 - Tödliche Fracht
den anderen darf keiner mitbekommen, dass ich gequatscht habe.«
Lieutenant Shaw nickte. »Mein Wort darauf.« Hauptsache, er bekam endlich eine Antwort!
»Bitte tun Sie so, als erklärten Sie mir etwas an meiner Waffe, Sir«, bat Brazil und drehte sich wieder Richtung Land.
»Es darf nicht auffallen.«
Shaw zuckte die Achseln und folgte ihrem Wunsch. Mit leiser Stimme, gerade laut genug, dass sie durch die beiden Helmgläser drang, sagte sie: »Wir haben uns nicht freiwillig gemeldet, Sir, sondern wurden rekrutiert. Martinez wollte uns unbedingt dabei haben. Aber glauben Sie mir, genau das wollten wir vermeiden! Es ist schon schlimm genug, dass Ortez uns an Sie verkauft hat. Nach all diesen Jahren den Reaktor einfach aufzugeben, nur weil er Angst um seine Haut hat!«
»Er denkt auch an die Sicherheit der Community…«, wandte Shaw ein, doch diesmal unterbrach ihn die Spanierin. »Einen Scheiß tut er! Er ist ein bösartiger Tyrann. Nichts geschieht, ohne dass er es weiß und erlaubt! Der Rat ist nur sein Handlanger, mehr nicht, und wer es einmal bis dorthin geschafft hat, darf sich vieler Privilegien erfreuen, solange er Ortez’ Willen erfüllt!«
Die Spanierin blickte sich verstohlen um und fuhr dann fort:
»Doch nachdem der Großalarm ausgelöst wurde, haben endlich einmal ein paar Leute den Mund aufgemacht. Wir standen kurz vor einer Krise, als Ortez nach dem rettenden Strohhalm griff und Kontakt mit der Queen von Britana aufnahm. Nach und nach zerbröckelte der Widerstand, weil viele jetzt hofften, dass Ortez endlich zur Vernunft kommen und den Bunker ordentlich absichern würde. Das hat er wortreich versprochen… wie solche Leute eben vorgehen. Die meisten gaben daraufhin auf, weil sie ohnehin nicht wissen, wohin sie sonst gehen sollten. Uns allerdings, die wir uns als Sprecher des Volkes offenbart hatten, wollte Ortez unter allen Umständen loswerden, und deshalb wurden wir als Begleitpersonal eingeteilt.«
»Um euch den Reaktor in die zu spielen? Das ist doch Idiotie!«, sagte Shaw fassungslos.
»Nicht ganz, Sir«, erwiderte Brazil. »Beseitigen wollte Ortez uns nicht, um das Vertrauen des Volkes nicht wieder auf die Probe zu stellen, also hat er uns einen Handel angeboten. Wir stehen unter ständiger Beobachtung. Die beiden Fahrer und zwei weitere in unserer Gruppe sind ihm absolut loyal. Und dazu kommen natürlich noch Sie als erfahrene Kämpfer.«
»Ich… ich kann es trotzdem nicht fassen…«
»Wir haben keine Kontakte, keine technischen Hilfsmittel, nichts, Sir. Was sollten wir mit dem Reaktor anfangen? Wir kennen uns ja nicht einmal im eigenen Land aus, weil wir noch nie außerhalb des Bunkers waren. Außerdem sind wir keine Räuber und Mörder. Wir haben um mehr Freiheit gekämpft, allerdings nur mit Worten, nicht mit Waffen. Ortez hat uns keine Wahl gelassen. Also haben wir eingewilligt, den Reaktor zu begleiten, den ganzen Weg nach England, und nie mehr in die Heimat zurückzukehren. Man gab uns einen militärischen Schnellkurs, bis Sie eingetroffen sind. Natürlich werden wir den Reaktor mit allem verteidigen, was wir haben, schließlich ist er der Preis für unser Ticket nach London.«
»Und Martinez?«
»Die ist die Schlimmste von allen«, zischte Brazil und fummelte mit einer wütenden Bewegung an ihrem Anzug.
Dann hob sie die rechte Hand. »Ich kann es Ihnen nicht zeigen, aber jeder von uns trägt eine Manschette an Händen und Füßen. Eine Sprengladung, die per Fernzündung hochgeht, wenn wir nicht spuren. Den Auslöser hat Martinez. Und glauben Sie mir, die fackelt nicht lange. Und wir haben die ganze Zeit eine Scheißangst, dass sie aus Versehen an den Knopf kommt.«
»Deswegen also diese extreme Nervosität und Zurückhaltung…«, murmelte Shaw, mehr für sich.
Brazil spuckte die nächsten Worte aus. »Es war ihre Idee, denn sie will sich unbedingt profilieren und bei ihrem Vater endlich zu dem Ansehen kommen, das sie ihrer Ansicht nach verdient hat, und in den Rat aufsteigen.«
»Etwas Ähnliches hat sie mir erzählt, und ich dachte mir schon, dass er im Rat ist«, erinnerte sich Lieutenant Shaw.
»Verstehe.«
Brazil lachte. »Sie verstehen gar nichts. Juan Ortez selbst ist Martinez’ Vater!«
***
Als Peter Shaw nachdenklich zum Wassertank zurück wanderte, hatte er schon wieder Durst. Es tat gut, wenigstens für ein paar Sekunden den Helm absetzen zu können und den frischen Fahrtwind im Gesicht zu spüren. Der Reaktor war auch ohne den dicken Bleimantel noch
Weitere Kostenlose Bücher