1385 - Lockruf aus Atlantis
schwarzen Skelett wünschte ich keinem.
Über uns lag die Decke nicht besonders hoch. Alte Balken liefen an ihr entlang. Auf den inneren Fensterbänken hatten Flaschenschiffe der verschiedensten Größe ihre Plätze gefunden, und an den Wänden hingen verstaubte und verräucherte Bilder mit Seefahrermotiven.
Hinter der kleinen, recht klobigen Theke hatte der Wirt auf Gäste gewartet. Als wir saßen, drückte er seine Zigarette aus und näherte sich unserem Tisch. An seinem typischen Gang erkannten wir, dass er mal zur See gefahren war. Er hatte sich das breitbeinige Gehen noch nicht abgewöhnt. Seine Glatze glänzte wie ein Spiegel. Aber auf der Oberlippe wuchs ein mächtiger brauner Pelz, der an den beiden Seiten zu Spitzen gedreht war, die etwas angefeuchtet waren, damit sie auch hielten.
Über dem Bart wuchs eine klobige Nase, und unter den blassen Augen hingen Tränensäcke. Über der Lederschürze wölbte sich ein Bauch.
»Was kann ich euch bringen?«
Suko bestellte: »Zweimal Tee, bitte.«
»Hm… ja.«
Mehr sagte er nicht. Er drehte sich um und ließ uns allein.
»Tee scheinen hier nur die Frauen zu trinken«, sagte Suko.
»Wir sind eben keine Seemänner.«
»Auf einem Schiff würde ich mich auch nicht wohlfühlen«, sagte Suko. »Und jetzt mal zu etwas anderem.«
»Du meinst die Skelette?«
»Genau, John.«
»Und jetzt willst du mich fragen, wo sie hingeflogen sein könnten.«
»Kannst du Gedanken lesen?«
»Leider nicht. Dann müsste ich möglicherweise auch, wo sie hingeflogen sind.«
»Wir haben keine Spur.«
»Du sagst es.«
Suko schaute aus dem in der Nähe liegenden Fenster. Er gab seine Gedanken nur mit leiser Stimme bekannt.
»Ich kann mir vorstellen, dass sie nicht zu weit von hier verschwunden sind.«
»Du meinst, sie halten sich in der Nähe auf?«
»Ja.«
»Land oder Wasser?«
»Land, ist doch klar.« Er schüttelte über meine Frage den Kopf.
»Nein, nein, so klar ist das nicht. Es gibt schließlich noch andere Schiffe.«
»Die sie überfallen könnten, meinst du?«
»So ähnlich.«
Suko hob die Schultern. »Und was sollte der Schwarze Tod damit bezwecken? Kannst du mir das verraten?«
»Nein. Aber der Schwarze Tod bleibt nicht mehr im Hintergrund. Er geht auch das Risiko ein, dass seine Helfer gesehen werden. Er hat sich weit vorgewagt, und das bestimmt nicht grundlos.«
»Dann ist das neue Atlantis fertig?«
»So gut wie«, sagte ich.
Mein Freund nickte vor sich hin. »Und wie sind aus normalen Menschen diese verdammten Skelette geworden? Wie hat er das geschafft? So wie damals in den alten Zeiten?«
»Ja, Suko, es ist alles irgendwo gleich geblieben. An der Magie hat sich nichts geändert.«
»Und Bill hat einen Weg zu ihm im Internet entdeckt. Das packe ich einfach nicht.«
»Irgendwo gibt es da eine Schnittstelle. Ich bin sicher, dass wir sie auch finden.«
Der Wirt erschien mit den bestellten Getränken.
Er nahm die beiden hohen Tassen mit dem bläulichen Adermuster vom Tablett und stellte sie vor uns hin.
»Das ist eine Hausmischung«, erklärte er uns. »Etwas ganz Besonderes. Das sag nicht nur ich, sondern auch alle anderen Gäste.«
»O, danke.«
Ich dachte, dass er verschwinden würde, aber er blieb neben unserem Tisch stehen und wartete ab. Wahrscheinlich wollte er wissen, wie uns der Tee schmeckte, und den Gefallen tat ich ihm auch, indem ich ihm zunickte.
»Sehr gut. Ein kräftiger Geschmack. Da haben Sie sich was Tolles einfallen lassen.«
»Jeder lobt ihn.« Der Mann drehte sich zu Suko hin. »Und was ist mit Ihnen?«
Suko war ja nun ein Teekenner. Ich war auf seine Kritik gespannt, denn ich wusste, dass der Tee nicht ganz sein Geschmack war.
»Nun ja, man muss sich dran gewöhnen.«
»Aha.« Der Mann mit dem tollen Bart zog sich noch immer nicht zurück. Er setzte sich zu uns an den Tisch; Um unsere leicht verwunderten Blicke kümmerte er sich nicht, sondern nickte zuerst mir und dann Suko zu.
»Also«, sagte er, »Sie sind ja schon etwas länger hier. Ich habe Sie beobachten können. Dabei ist mir aufgefallen, dass Sie mit dem Boot zum Kutter rausgefahren sind.«
»Woher wollen Sie wissen, dass wir zum Kutter gefahren sind?«, fragte ich.
»Wohin sonst?« Er verengte die Augen. »Hier bleibt nichts geheim. Außerdem war Gregor Ills bei Ihnen. Wenn er mit von der Partie ist, fährt man nicht zum Spaß raus.«
»Es könnte sein.«
»Gut.« Ich wurde scharf angeschaut. »Was war auf dem Kutter? Oder wer ist dort gewesen?«
»Ja, wir
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