1386 - Die Gefangenen des Schwarzen Tods
Andere wären durchgedreht. Sie hätten sich auf den Boden geworfen und geschrieen. Sie aber lachte.
So plötzlich; wie es aufgeklungen war, hörte es auch wieder auf.
Noch ein letztes Nachhusten, dann war sie wieder still.
Glenda hatte eine gebückte Haltung eingenommen, schüttelte den Kopf, richtete sich wieder auf – und erschrak!
Wie aus dem Nichts war er gekommen und stand jetzt vor ihr.
Saladin, der menschliche Teufel!
***
Suko war bei Clint Harper geblieben. Harper hatte sich mit dem Rücken gegen die Wand gedrückt, die Arme vor seine Brust verschränkt, und jedes Atemholen war mit rasselnden und keuchenden Geräuschen verbunden. Durch die offene Klappe fiel Licht in die Kammer, aber es schwächte sich immer mehr ab, denn die Dämmerung draußen ließ sich nicht aufhalten. Ab und zu warf Suko einen Blick in den grau gewordenen Himmel, ansonsten betrachtete er die verbrannte Gestalt.
War sie tatsächlich als Lockvogel geschickt worden? So sehr Suko auch hin und her überlegte, er kam zu keinem anderen Ergebnis.
Der Schwarze Tod wollte einfach, dass sie einen bestimmten Weg beschritten, der dann dort endete, wo er sein Netz gespannt hatte, in dem sich die Menschen verfingen.
»Was hast du noch alles von der anderen Welt mitbekommen?«, fragte Suko.
Clint schüttelte nur den Kopf. Er wollte nicht mehr reden. Er fühlte sich unwohl. Er schaute auch zu Boden, als gäbe es dort etwas Interessantes zu entdecken, aber seinen Mund machte er nicht auf.
Suko versuchte es erneut. »Was ist mit den anderen Männern? Können auch sie sprechen wie du?«
»Weiß ich nicht.«
»Okay. Und wie, denkst du, geht es weiter für dich? Denkst du überhaupt daran, eine Zukunft zu haben?«
»Mir ist heiß.«
Normalerweise hätte Suko darüber gelächelt, nicht aber bei einem Menschen wie ihm, der durch eine Hölle gegangen war und dessen Körper verbrannt war.
Heiß – Feuer – Hölle… Diese Begriffe passten zusammen und ergaben einen schrecklichen Zusammenhang.
»Wie heiß?«
»Sehr.«
»Steckt das Feuer noch in dir?«
»Ich weiß es nicht. Ich weiß gar nichts mehr. Es ist alles so anders geworden.«
Suko schwieg. Er kam mit seinen Fragen nicht weiter. Dafür lauschte er, denn er hatte aus der unteren Etage Stimmen gehört.
John und Elsa Harper sprachen miteinander, aber was sie sagten, war nicht zu verstehen. Die Stimmen drangen nur als Flüstern zu ihnen hoch.
Suko fiel auch die plötzliche Unruhe des Mannes auf, der sich dabei ungewöhnlich verhielt. Zwar behielt er weiterhin die Arme vor der Brust verschränkte, aber seinen Kopf hielt er nicht mehr still.
Er bewegte ihn von einer Seite zur anderen. Zuerst langsam, dann stärker und zum Schluss heftig.
»Was haben Sie?«
Harper duckte sich zusammen. Er stöhnte, er zitterte plötzlich, als wäre ihm kalt geworden.
Zugleich vernahm Suko ein anderes Geräusch, das er zunächst nicht einordnen konnte. Aber er wusste, woher es kam, denn es war über seinem Kopf aufgeklungen.
Jemand oder etwas bewegte sich über das Dach hinweg. Er war kein Mensch, denn dessen regelmäßige Tritte hätte Suko erkannt. Es schlug in einigen Abständen auf, als wäre dort jemand dabei, mit einem Hammer die Dachpfannen zu bearbeiten.
Ihn störte das Geräusch, Clint Harper aber machte es Angst. Er duckte sich noch mehr zusammen, legte den Kopf schief und schaute nach oben.
»Wer ist da?«, wollte Suko wissen.
»Er kommt!«
Suko hatte eine bestimmte Ahnung, die sich sehr bald bestätigte, denn vom Rand der Luke her fiel ein länglicher Schatten nach unten, vorn recht spitz, was gut zu erkennen war.
Der kleine Flugdrache war zurückgekehrt, um seinen Reiter zu holen!
Sofort holte Suko die Beretta hervor. Er hielt sie soeben in der Hand, als sich der Schatten senkte. Der Schnabel stach von oben herab wie ein Mordinstrument auf Suko nieder. Er sah die beiden Augen, die ihm böse anstarrten, dann ließ der Drache seinen schmalen Kopf nach hinten zucken. Dabei rutschte er noch weiter vor und legte seine Schwingen flach an den Körper, um sich durch die Öffnung drücken zu können.
Suko ließ ihn rutschen.
In seiner Nähe sackte Clint Harper zusammen. Aber um ihn konnte er sich nicht kümmern, denn das verdammte Biest riss bereits seinen Schnabel auf, weil es zubeißen wollte.
Aus der unteren Etage erreichte Suko die keifende Stimme der Frau, während der Drache wieder ein Stück vorsackte.
Für Suko war es genau die richtige Entfernung. Er verzichtete auf seine
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