1387 - Signale der Vollendung
ist ihr Anführer. Häuptling, Medizinmann und Stratege in einem. Er heißt Mik-Mik." Auf der Lichtung saßen etwa dreißig Echsen im Kreis, alle in Kriegsbemalung und bis an die Zähne mit Steinbeilen, Keulen und Steinschleudern und Speeren bewaffnet. In ihrer Mitte tanzte der von Gucky Mik-Mik genannte Anführer um ein Feuer. Es war eine meiner Meinung nach beschämende ‘Darbietung, aber die Echsen dachten wohl anders, denn sie schlugen mit den dreifingrigen Krallenhänden in monotonem Rhythmus auf den Boden und stießen krächzen de Laute aus. Aus ihren Mundwinkeln, unter grellrot geschminkten Lefzen, hingen ellenlange Stäbe, Bambusrohr nicht unähnlich, die am Ende glühten und für beachtliche Rauchentwicklung sorgten. Die Echsen sogen daran, schmauchten und pafften und stießen Rauchwolken aus, um die je der Jungdrache sie beneidet hätte. „Rauchen sie sich ein, um sich Mut zu machen?" erkundigte ich, mich bei Gucky. „So ähnlich, sie vertreiben damit die Angst vor den Waldteufeln", sagte Gucky. „So interpretiere ich zumindest ihre Gedanken. Sie denken in primitiven Begriffen. Etwa Baum-Baum.
Viel-Baum und Mehr-Baum. Das sind ihre Synonyme für Wald. Baum-Baum-Schatten heißt soviel wie Waldgeist. Diese Waldgeister wollen sie jagen - und nicht Krieg gegen sie führen. Waldgeister sind schmackhafte Tiere, Baumbewohner - und keineswegs Waldechsen."
„Wer hat auch schon jemals von Echsen gehört, die in Wäldern leben", stimmte ich zu. „Also haben wir es mit einer simplen Jagdgesellschaft zu tun."
„Gleich ist es soweit", sagte Gucky. „Der Medizinmann-Häuptling will noch ein bißchen Hokuspokus machen, bevor er das Zeichen zum Aufbruch gibt." Ich war enttäuscht, aber da wir schon einmal hier waren, konnten wir die Echsen auch bei der Jagd beobachten. Mik-Mik sprang mit einem gutturalen Laut ins Lagerfeuer und blieb für die Dauer einer ganzen Minute auf den brennenden Scheiten stehen. Die Umsitzenden dankten es ihm durch Laute der Begeisterung und indem sie dichte Rauchwolken aus ihren Nüstern bliesen. Mik-Mik sprang aus dem Feuer und plärrte seine Leute an. Sie erhoben sich, formierten sich zu einer Reihe und traten mit trippelnden Schritten auf dem Platz. Es dröhnte wie Trommelschläge. Der Häuptling griff ins Feuer, holte ein brennendes Scheit heraus und übergab es dem ersten in der Reihe. Mit der Fackel in der Hand verschwand er auf einen Trampelpfad, der in Richtung Wald führte. Mik-Mik überreichte dem nächsten ein brennendes Scheit, und dieser setzte sich in eine andere Richtung ab. So ging es weiter. Wir warteten nicht erst das Ende der Prozedur ab, sondern flogen in Richtung des Waldes. Die Bäume hatten dicke Stämme, die sich vier Meter über dem Boden zu einem dichten Netzwerk von Asten verflochten und weit ausladende Kronen mit dichtem Blätterwerk bildeten. Ich hörte schräg hinter mir ein Rascheln. Als ich in die Richtung blickte, sah ich gerade noch den Teil eines behaarten Tieres hinter den Blättern verschwinden. „Das muß eines der Beutetiere gewesen sein", sagte Gucky. „Es hat erbärmliche Angst vor dem Feuer und zieht los, um seine Artgenossen zu warnen."
„Die Echsen sind schön dumm, wenn sie ihre Beute durch den Feuerschein warnen", sagte ich. „Die Sache dürfte etwas anders liegen", erwiderte Gucky. „So wie ich es sehe, haben diese Baumbewohner eine solche Angst vor Feuer, daß allein der Anblick von Flammen sie förmlich bewegungsunfähig macht." Die Fackelträger waren ausgeschwärmt und näherten sich nun in geschlossener Linie dem Wald, Die an den Flanken bewegten sich schneller und verschwanden als erste zwischen den Bäumen. „Nicht dumm", stellte ich fest. „Sie wollen ihre Beute in die Zange nehmen und einkreisen. Danach gibt es kaum ein Entkommen. Dringen wir tiefer in den Wald ein."
„Willst du das Gemetzel wirklich mit ansehen?" fragte Gucky unbehaglich. „Dich läßt die Not der Tiere vermutlich kalt. Aber ich spüre ihre Todesangst."
„Vielleicht hast du recht, Kleiner..."
„Nein, warte", sagte Gucky plötzlich. „Vielleicht lohnt es sich doch, die Beutetiere näher kennenzulernen.
Ich habe gerade ein Bündel konzentrierter Gedanken empfangen, die in ihrer Gesamtheit geordneter waren als die Gedanken des Einzelwesens." Er schwebte mittels des Antigravs tiefer in den dunklen Wald hinein, und ich folgte ihm. „Wie hast du das mit den geordneten Gedanken gemeint, Gucky?" wollte ich wissen. „Es kann durchaus sein, daß es sich
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