1388 - Kurier nach Tarkan
bei der Aufhebung des Bannes eine Rolle gespielt hatten. Perry Rhodan hatte ohnehin nichts davon. Er war in ein anderes Universum verschlagen worden - nach Tarkan, wie allgemein vermutet wurde. War das eine weitere Strafe der Kosmokraten? Hatten sie sich überdies Perry Rhodans Tochter ausgesucht, um an ihr ihren Unwillen zu demonstrieren?
Manchmal, wenn Eirene ganz tief im tückischen Kreis ihrer verzweifelten Gedanken gefangen war, glaubte sie eine Vision zu erleben. Es wurde plötzlich hell um sie herum, und inmitten der Helligkeit erschien die Gestalt einer Frau, die zu ihr sprach: „Sorge dich nicht. Ich bin in deiner Nähe und wache über dich."
Eirene hatte vergebens versucht, der Vision auf die Spur zu kommen. Handelte es sich um ein Hirngespinst, das ihr der von Sorgen belastete Verstand vorspiegelte, oder empfing sie wirklich eine Botschaft? Sie war mehrmals drauf und dran gewesen, sich in psychophysische Behandlung zu begeben, im letzten Augenblick jedoch immer wieder zurückgeschreckt. Was da zu ihr gesprochen wurde, war ganz allein für sie bestimmt. Niemand anders sollte davon erfahren.
Die Worte der Frau sollten beruhigend wirken, fühlte Eirene, aber irgendwie erfüllten sie ihren Zweck nicht. Die Frau war auf recht oberflächliche Art attraktiv. Dabei wirkte sie ein wenig vulgär. Sie erinnerte an die Animierdamen, die sich in den Kneipen im Umfeld größerer Raumhäfen aufhielten. Eirene kannte solche Kneipen nicht aus eigener Anschauung, aber sie hatte schon soviel darüber gehört, daß sie glaubte, sich ein Bild machen zu können. Was hatte eine solche Frau in ihrer Vision zu suchen? Wenn ihr schon jemand Mut machen wollte, konnte er - oder sie - dann nicht wenigstens in einer Aufmachung erscheinen, die Zutrauen einflößte?
Aber die Worte gingen Eirene nicht aus dem Sinn. „Sorge dich nicht. Ich bin in deiner Nähe und wache über dich."
Sie sah überrascht auf, als der Interkom ansprach. Sie führte an Bord der BASIS ein eher zurückgezogenes Dasein.
Es kam selten vor, daß sich jemand bei ihr meldete, und es war ihr gerade recht so. Sie wollte mit ihren Gedanken allein sein.
Eine Bildfläche entstand, und Waylon Javiers Gesicht war darauf zu sehen. „Ich möchte mit dir über etwas sprechen, Eirene", sagte er. „Wirst du mich empfangen?"
„Selbstverständlich", antwortete sie erfreut.
Wenige Minuten später öffnete sich die Tür und ließ den Kommandanten der BASIS ein. Waylon Javier hatte in den vergangenen Jahren seine modischen Gewohnheiten nicht geändert. Er bevorzugte noch immer Rollkragenpullover und leicht angeschmutzte Arbeitskittel. Die Hände, von denen ein geheimnisvolles Strahlen ausging, hielt er gewöhnlich tief in den Taschen des Kittels verborgen.
Er setzte sich, ohne daß Eirene ihn dazu hätte auffordern müssen. „Vor einer halben Stunde sind die letzten Meldungen aus Hangay hereingekommen", begann er ohne Umschweife. „Es ist jetzt einen Monat her, seit das dritte Hangay-Viertel im Standarduniversum materialisierte."
Eirene wußte, worauf er hinauswollte. „Immer noch keine Nachricht von Perry?" fragte sie. Waylon Javier schüttelte den Kopf. „Immer noch keine", bestätigte er. „Damit wird es höchst unwahrscheinlich, daß dein Vater oder das Galaktische Expeditionskorps mit dem dritten Viertel aus Tarkan zurückgekehrt sein könnten. Sie hätten Mittel und Wege gefunden, uns zu benachrichtigen. Davon gehen wir aus."
„Aber, willst du jetzt sagen, das ist noch lange kein Grund, sich Sorgen zu machen?"
„Spotte nicht, Mädchen", reagierte er unsicher. „Das ist in der Tat genau das, was ich sagen will."
Sie sah ihn an, ohne ein Wort zu sagen, und der Blick der großen, dunklen Augen schien ihm bis auf den Grund der Seele dringen zu wollen. „Wir wissen nicht, was drüben vorgeht", sagte er eindringlich. „Dein Vater und das Expeditionskorps befinden sich offenbar im vierten Hangay-Viertel. Es besteht kein Grund anzunehmen, daß sie sich in Gefahr befinden."
„Die ursprüngliche Idee war", widersprach Eirene, „alles Menschenmögliche zu unternehmen, damit Atlan, Perry und die anderen mit dem nächsten Materieschub aus Tarkan zurückkehrten."
„Kann sich nicht etwas ergeben haben, so daß sie ihre Meinung änderten?"
„Gewiß", antwortete das Mädchen, scheinbar emotionslos. „Aber was bedeutet das für uns? Daß wir weiter warten? Und wenn der letzte Schub aus Tarkan ankommt und wir hören immer noch nichts von ihnen, was
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