1388 - Kurier nach Tarkan
schließlich, was sie zu tun hatte - vermutlich aufgrund der Visionen, von denen sie eben sprach. Ihr Ruf war erfolgreich. Si kitu erschien. Mir ist unbekannt, wie sie dem Schiff dazu verhalf, die Grenze zwischen den Universen zu überwinden. Sie muß die CIMARRON in eine Art hyperorientierten Schirmfelds gehüllt haben - ähnlich dem Feld, das die Virenmaterie um die Fahrzeuge des Galaktischen Expeditionskorps bildete. Das Schirmfeld bewirkte, daß an Bord vorübergehend alles ausfiel: die Geräte ebenso wie die Mitglieder der Besatzung, die sich plötzlich nicht mehr rühren konnten. Das Feld absorbierte den Strangeness-Schock, und infolgedessen befinden wir uns nun alle gesund und munter in Tarkan und können uns daranmachen, unseren eigentlichen Auftrag auszuführen."
Es fiel Reginald Bull auf, daß Benneker Vling, nachdem er seinen Bericht beendet hatte, Eirene einen fragenden Blick zuwarf. Das Mädchen schüttelte den Kopf und lächelte dazu. Bull hätte gerne gewußt, worum es dabei ging, aber er stellte keine Fragen.
Statt dessen wandte er sich an den Robotwartungsspezialisten. „Du wirst weiter bei uns bleiben?" erkundigte er sich. „Vorläufig", antwortete Benneker Vling. „Wie lange?"
„Das weiß ich nicht." Benneker Vling grinste. „Ihr kennt doch die Launen meines Herrn und Meisters."
Zum erstenmal seit langer Zeit aß Eirene mit gesundem Appetit. Nach der Art zu urteilen, wie sie zulangte, hätte man vielleicht sogar von Heißhunger sprechen können. Das Gefühl der inneren Unsicherheit war gewichen. Die dumpfe Ahnung, daß irgendwo voraus eine tödliche Gefahr lauere, hatte sich aufgelöst. Eirene war so guter Laune wie schon lange nicht mehr.
Am späten Abend des 10. Januar 448 hatte Reginald Bull gleich zwei Gäste zu einem seiner Gourmet-Dinners eingeladen: Eirene und Gucky. Speisen und Getränke waren vorzüglich. Der Ilt war einem guten Tropf en ganz und gar nicht abgeneigt, und der Alkohol hatte auf seinen Metabolismus dieselbe Wirkung wie auf den des Menschen.
Das Gespräch drehte sich um Si kitu. Welche Rolle spielte sie im kosmischen Geschehen? War sie wirklich eine Kosmische Macht, den Kosmokraten und den Chaotarchen an Rang ebenbürtig? „Manchmal frage ich mich", bemerkte Reginald Bull philosophisch, „ob es sich überhaupt lohnt, sich über solche Dinge den Kopf zu zerbrechen. Wesen dieser Art sind so fremdartig, so unbegreiflich, daß wir sie ohnehin nie verstehen werden. Warum also darüber nachdenken? Es bringt doch nichts ein."
Eirene dachte an die rauhe Stimme, die aus dem Dunkel zu ihr gesprochen und sie eine kleine Kosmokratin genannt hatte. Reggie mochte recht haben - von seiner eigenen Warte aus. Aber für sie galten solche Überlegungen nicht. Benneker Vling hatte von den Vorgängen in ihrem Bewußtsein gesprochen, als seien sie etwas, das ihm Ehrfurcht einflößte - etwas, an das er unter keinen Umständen rühren durfte.
Doch - sie mußte über solche Dinge nachdenken. Es wohnte ein Geheimnis in ihr. Sie wollte es aufdecken.
Es ging auf Mitternacht zu, als Reginald Bull in den Kontrollraum zurückkehrte. Lalande Mishkom war an ihrem Arbeitsplatz beschäftigt und rief ihm einen launigen Gruß zu. Gesättigt vom guten Mahl und zufrieden mit den Ereignissen des vergangenen Tages, stieg Bull zur Kommandokonsole hinauf und rief den Syntron. „Ich kenne deine Frage", sagte die Computerstimme, „und kann dir eine positive Antwort geben."
Das Bild über der Konsole geriet in Bewegung, als schösse ein Zoom auf die Sterne zu. Eine Ausschnittsvergrößerung entstand. Sie zeigte eine Gruppe von drei eng beieinanderstehenden Sternen, von denen einer, ein blauweißer Riese, von beeindruckender Leuchtkraft war. „Spektraltyp Bfünf römisch zwo", erläuterte der Syntron. „Aus der unmittelbaren Nähe dieses Sterns dringt gepulste Hyperstrahlung. Die Charakteristiken der Strahlung sind mit jenen identisch, die in der Umgebung der Anlage im Synguiso-System gemessen wurden. Es besteht kein Zweifel, daß wir hier die Steuer- und Kontrollstation der vierten Phase des Projekts Meekorah vor uns haben."
„Ausgezeichnet", lobte Bull. „Entfernung?"
„Dreihundertfünfzehn Lichtjahre."
Lalande Mishkom hatte sich umgedreht und der kurzen Unterhaltung aufmerksam gelauscht. Als Reginald Bull sie ansah, sagte sie: „Besser einen Stern am Himmel als den Nachtwind im Ohr."
„Die Weisheit deines Urahns?" fragte Bull grinsend. „Nein. Diese ist ausnahmsweise von mir
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